Die Dänen gelten als das glücklichste Völkchen Europas: Jahr für Jahr stehen sie im Glücksatlas ganz oben. Morten Tromholt, Marie Lundby, Kjartan Andsbjerg und Meik Wiking erforschen, woran das liegt. Sie arbeiten am Kopenhagener Happiness Research Institute, einem Thinktank für Glücksforscher. Die Forscher wollten wissen, inwiefern die Nutzung sozialer Medien die Lebensqualität beeinflusst.
Die Frage an sich ist nicht neu, je nach Herangehensweise kommen unterschiedliche Ergebnisse ans Tageslicht. So belegte beispielsweise eine Studie der Utah Valley Universität aus dem Jahr 2012, dass Facebook unzufrieden macht, wenn sich Nutzer ständig mit den Photoshop-Leben ihrer Kontakte vergleichen. Gegen das omnipräsente "Mein Haus, mein Auto, mein Boot" kann das eigene Kinderzimmer nebst klapprigem Fahrrad eben nur verlieren.
Die Forscher stellten damals fest: Je länger ihre Probanden Facebook nutzten und je mehr Zeit sie dort verbrachten, desto stärker gingen sie davon aus, dass andere Menschen glücklicher waren und ein besseres Leben führten als sie. "Social Media ist ein Nachrichtenkanal, auf dem es ununterbrochen gute Nachrichten gibt: Ein konstanter Strom aus editierten Leben verzerrt unsere Wahrnehmung der Realität", so das Fazit der dänischen Glücksforscher. Schließlich neigt die Mehrheit der Nutzer sozialer Medien zu weichgezeichneten Beschönigungen.
So sieht die gewöhnliche Facebook-Nutzung aus
Bei 94 Prozent der Nutzer gehört der Besuch bei Facebook genauso zur Alltagsroutine, wie Zähne putzen.
Quelle: The Facebook Experiment: Does Social Media Affect the Quality of our Lives?
86 Prozent lesen ihren Facebook-Newsfeed oft oder sehr oft.
Mehr als drei Viertel der Nutzer verbringen 30 oder mehr Minuten pro Tag auf Facebook.
Bilder sagen mehr als Worte: Mehr als zwei Drittel posten Fotos von großartigen Dingen, die sie erlebt haben.
Mein Haus, mein Auto, mein Boot: 61 Prozent posten auf Facebook, was ihnen Gutes wiederfahren ist.
Für ihr eigenes Facebook-Experiment haben die Dänen 1095 User gebeten, ihre allgemeine Zufriedenheit und ihr Stresslevel auf der Skala von ein bis zehn einzuschätzen. Dann teilten sie die Probanden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen auf. Eine Gruppe verzichtete eine Woche lang auf das soziale Netzwerk, die andere nutzte es wie gewohnt. Nach sieben Tagen mussten sich beide Gruppen erneut einschätzen.
Das Ergebnis: Die Facebook-Gruppe freute sich deutlich weniger über das, was sie selbst hatte. Fünf von zehn Facebook-Nutzern gaben zu, neidisch auf tolle Erlebnisse zu sein, die andere posten. Und einer von dreien gab an, allgemein auf das glückliche Leben anderer Facebook-User neidisch zu sein.





Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kamen Forscher der Technischen Universität Darmstadt und der Humboldt-Universität zu Berlin im Jahr 2013. Über ein Drittel der von ihnen befragten Facebook-User fühle sich während und nach der Nutzung schlecht. Facebook-Nutzer seien einsam, müd, traurig oder frustriert, konstatierten die Wissenschaftler. Als wesentlichen Grund sehen sie den Neid auf positive Nachrichten der Facebook-Freunde.
"Normalerweise beneidet man Leute, die einem ähnlich sind", erklärt Projektleiterin Hanna Krasnova. Auf Facebook erfahren Nutzer mehr über andere, ihnen ähnliche Menschen, mit denen sie sich vergleichen können. "Die Bedingungen für einen sozialen Vergleich sind besser. Man kann besser sehen, wie man abschneidet." Um diese negativen Gefühle zu kompensieren, komme es zu einer ausgeprägteren Selbstpräsentation auf Facebook - die wiederum Neidgefühle bei anderen hervorrufe. Die Forscher sprechen von einer "Neidspirale". Laut Krasnova führe dies auch dazu, dass die Nutzer ihr Leben positiver darstellten, als es tatsächlich sei.
Prinzipiell kann Neid ein Ansporn sein, selbst mehr zu leisten. Wer im sozialen Vergleich aber dauerhaft unterliegt, gerät unter Druck. In Zahlen: Die dänischen Probanden aus der Facebook-Gruppe waren mit einer Wahrscheinlichkeit von 55 Prozent eher gestresst als diejenigen, die von all dem Photoshop-Glamour gar nichts mitbekamen. Außerdem hielten sie sie für deutlich weniger glücklich als die Kontrollgruppe. Diese wiederum musste quasi notgedrungen ihre sozialen Aktivitäten erhöhen - vulgo: echte Menschen treffen - und war deutlich zufriedener.
Außerdem gaben die Teilnehmer an, konzentrierter zu sein, wenn ihnen nicht andauernd jemand am digitalen Ärmel zupft und "guck mal hier" schreit. Die Probanden hatten außerdem das Gefühl, weniger Zeit zu vergeuden.
Wie bei allen Studien aus der Glücksforschung trifft das sicher nicht für Jeden zu. Aber es kann sicher nicht schaden, ab und zu etwas mit echten Freunden im realen Leben zu unternehmen, anstatt virtuelle Kontakte zu beneiden. Das meiste, was man dort sieht, ist ohnehin nicht echt.