Familie und Beruf Väter machen mit Kindern Karriere

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Mehr Arbeit

Christian Cobbers Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Eine längere Auszeit steht noch auf seiner To-do-Liste. „Alle Väter kommen mit einem Glanz in den Augen aus der Elternzeit zurück“, erzählt er. „Das möchte ich auch.“ Doch bisher bremst ihn das schlechte Gewissen. In seiner Abteilung sind die Aufgaben auf vier Köpfe verteilt. Fällt einer aus, haben die Kollegen gleich deutlich mehr Arbeit auf dem Schreibtisch. Von seinem Chef und der Personalabteilung hat Keuchel dagegen schon grünes Licht bekommen („Mach das! Nutze die Zeit!“). Doch wie lässt sich das organisieren?

Volker Baisch kennt Väter wie Keuchel. Als Geschäftsführer der Gemeinnützigen Väter gGmbH in Hamburg berät er Unternehmen wie Airbus, Datev oder Hamburg Wasser in Sachen Väterfreundlichkeit. „Im Gegensatz zu den Müttern trauen sich viele Väter nicht, ihre Bedürfnisse nach Aus- und Teilzeiten beim Arbeitgeber anzumelden“, sagt er. „Sie warten darauf, dass ihr Vorgesetzter die Ampel auf Grün stellt.“

Sprung ins kalte Wasser

Doch genau dieser Schritt fällt vielen Unternehmen noch immer schwer. Wie Keuchel wissen sie nicht, wie sie die Abwesenheit der Elternzeit-Väter überbrücken können. Baisch rät zu einem Fondsmodell. Das Geld, das als Gehalt der pausierenden Kollegen frei wird, fließt in einen Fonds, aus dem dann Springer oder Zeitarbeiter bezahlt werden.

Solche ausgeklügelten Lösungen kannte Allianz-Führungskraft Andreas Steinert noch nicht, als er nach der Geburt seines zweiten Kindes 2003 ein halbes Jahr Erziehungsurlaub nahm. Trotzdem setzte er seinen Wunsch durch. „Befürchtungen, dass ich als Weichei angesehen werden könnte, hatte ich nie“, sagt der promovierte Jurist. „Ich war schon immer davon überzeugt, dass mich die Auszeit nicht zu Fall bringen würde.“ Parallel zur Kinder-Auszeit machte er einen MBA, die Kosten übernahm sein Arbeitgeber.

Französisches Modell

Heute, mit drei Kindern (13, zehn und sechs Jahre) zu Hause und fünf Mitarbeitern bei der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG in München, lebt der Produktmanager mit seiner Frau „das französische Modell“, wie er es nennt. Die Eltern arbeiten beide Vollzeit, die Kinder gehen in die französische Ganztagsschule, und nach Schulschluss kümmert sich ein Au-pair bis abends um halb sieben um sie. Danach übernehmen Vater oder Mutter.

Steinert selbst arbeitet lange. Nachdem er morgens die Kinder zur Schule gebracht hat, geht sein Arbeitstag von acht bis 20 Uhr, manchmal auch bis 22 Uhr. Zweimal die Woche aber nicht. Da hat er Kinderdienst. Mittwochs verlässt er das Büro kurz vor 18 Uhr, um die Kinder vom Musikunterricht abzuholen. Freitags geht er bereits um 17 Uhr, um mit ihnen zusammen Tennis zu spielen. „Damit einzelne Leute in der Abteilung diese Freiheiten haben, müssen alle anderen schneller laufen“, sagt der 41-Jährige. Das gilt auch, wenn eines seiner Kinder während der Arbeitszeit krank wird. Dafür lässt er auch mal ein wichtiges Meeting sausen. Und was tagsüber liegen bleibt, arbeitet er abends nach, wenn die Kinder schlafen.

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