Frauen und Karriere Warum weibliche Führungskräfte den Firmenwert steigern

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Heike Maria von Joest Quelle: Max Lautenschläger für WirtschaftsWoche

Ein rückwärtsgewandtes Rollenbild: Manager zweifelten oft grundsätzlich an Frauen in Führungspositionen, sagt die Organisations-Expertin Margit Osterloh von der Universität Zürich. „Viele Manager kennen in ihrem Leben Frauen vor allem als Hausfrauen: Ihre Gattinnen halten ihnen den Rücken frei.“ Und daher könnten sie sich kaum vorstellen, dass eine Frau in der Lage ist, ein Unternehmen zu lenken.

Fast alle Frauen, die es irgendwie doch in die Chefetagen schaffen, berichten Ähnliches. Wie sie gebeten wurden, der männlichen Runde den Kaffee einzuschenken. Wie die Gespräche sofort erstarben, als sie in den Raum traten. Wie sie auf Reisen im Hotelzimmer vor dem Fernseher hockten, während ihre Kollegen sich unten an der Bar zuprosteten. Oder wie sich ohnehin alles änderte, als sie ein Kind erwarteten.

Eine Chefin in einem echten Männerladen? Höchst selten. Vor drei Jahren wurde Heike Maria Kunstmann Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, einer Branche, die maskuliner kaum sein könnte. Die neue Chefin war so klug wie fotogen, und die Medien stürzten sich auf die damals 39-Jährige. „Ich hatte mit so viel Aufmerksamkeit überhaupt nicht gerechnet. Das hat den Hype des Anders-Seins noch verstärkt“, sagt sie heute.

Anfangs gab es alte Verbandsrecken, die nur „die Blonde“ sagten, wenn sie über ihre Hauptgeschäftsführerin sprachen. Man wisse ja gar nicht, ob die junge Dame Skat spielen könne, witzelte damals einer. Und Skat, gleichsam plakativ-männlicher Ursport, sei in den Pausen von Tarifverhandlungen ja so schrecklich wichtig.

Das Präsidium von Gesamtmetall entschied sich wieder für einen Mann2

Doch die neue Chefin machte sich daran, ihren Männerladen umzukrempeln. Sie engagierte einen Unternehmensberater, führte Leistungsbeurteilungen ein und eine neue Prozessorganisation. Gemeinsam mit den Mitarbeitern, darauf war sie stolz. Aber an jenem Punkt, an dem alles rund lief, da stieg Heike Maria Kunstmann aus. „Ich habe etwas hinterlassen. Das ist so, als ob ich ein Kunstmann was here in die Wand geritzt hätte“, sagt sie heute.

Im November gab Gesamtmetall bekannt, dass seine Hauptgeschäftsführerin ein Kind erwarte und den Verband verlassen werde. Für immer. In der Tarifrunde brauche man nun einen erfahrenen Nachfolger, einen, der rund um die Uhr einsetzbar wäre, hieß es. Das Präsidium entschied sich für einen Mann.

Heike Maria Kunstmann hat ihre Haare dunkel getönt und heißt jetzt von Joest. Sie hat geheiratet, ihr Sohn ist nun fast ein halbes Jahr alt. Ihr arbeitsfreies Leben empfinde sie als „ausgesprochenen Luxus“. Sie werde wieder einsteigen in die Arbeitswelt, irgendwann. Vielleicht als Unternehmerin.

Eine weibliche Übernahme

In Familienunternehmen haben es Frauen leichter, an die Spitze zu kommen. Dort haben sie ein eigenes Netzwerk, ihre Familie, und müssen nicht gegen Vorurteile ankämpfen. „Frauen, die selbst an einem Unternehmen beteiligt sind, haben die größten Chancen auf einen Job im Top-Management“, sagt Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Maria Elisabeth Schaeffler ist die derzeit wohl bekannteste Patriarchin, seit ihr Familienunternehmen sich anschickt, den Dax-Konzern Continental zu übernehmen. Eine weibliche Übernahme. Ebenso ungewöhnlich wirkt der Aufstieg von Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin der schwäbischen Trumpf-Gruppe, dem größten Hersteller von Werkzeugmaschinen in Europa. Als sie mit ihrem dritten Kind schwanger war, zischte eine Kindergärtnerin: „Aber jetzt hören Sie wirklich auf zu arbeiten!“ Inzwischen sind es vier Kinder. Und zweistellige Wachstumsraten beim Umsatz.

Die Unternehmen können und wollen es sich heute nicht mehr leisten, qualifizierte Frauen zu verlieren, weil die sich komplett in Richtung Familie verabschieden. Aber noch immer entscheidet sich der Karriereweg einer Frau, wenn sie ein Kind bekommt. Je länger sie sich aus dem Job zurückzieht, desto mehr sinken ihre Chancen, später in die Chefetage aufzusteigen.

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