Gamification Firmen setzen auf den Spieltrieb der Kunden

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Generation Gaming

Vorstellungsspielchen
Dienstag - Heute ist Ihr erster Ausbildungstag. Die Arbeit beginnt um 5.30 Uhr. 1. Duschen Sie. 2. Machen Sie sich fertig. 3. Frühstücken Sie. 4. Nehmen Sie Ihr Buch zur Hand, auf dem die heutige Route eingetragen ist. Quelle: Screenshot
5 Uhr morgens: Frühstücken Sie. Quelle: Screenshot
Ordnen Sie die Post dem richtigen Empfängern zu. Quelle: Screenshot
Seien Sie freundlich und gut gelaunt bei der Arbeit. Quelle: Screenshot
Wir werden heute Ihr Ausbildungsprogramm durchgehen. Quelle: Screenshot
Die Bilanz zum Schluss: Gratulation, Sie sind am Ende Ihrer ersten Ausbildungswoche angelangt! Wäre das Spiel real gewesen, hätten wir Sie als guten Auszubildenden eingestuft, menschlich wie fachlich kompetent. Wir laden Sie ein, sich bei uns zu bewerben. Quelle: Screenshot

Der Grund für den Erfolg: Der Konzern trifft mit dieser Strategie den Nerv einer ganzen Generation – der Generation Gaming. Gemeint sind damit alle nach 1970 Geborenen, die wie selbstverständlich mit Computerspielen aufgewachsen sind. Und für die deswegen das Sammeln von Punkten, das Eintauchen in digitale Spielwelten, das Messen mit Freunden und der Austausch mit Gleichgesinnten fester und selbstverständlicher Bestandteil ihres Lebens ist. Allein in Deutschland sitzen laut einer Erhebung des Marktforschungsunternehmens TNS Emnid inzwischen regelmäßig mehr als 35 Millionen Menschen ab acht Jahren mehr als viereinhalb Stunden pro Woche zum Daddeln vor dem Rechner und befeuern damit eine Branche mit zwei Milliarden Euro Umsatz. In den USA verbringen gar 83 Prozent der Bevölkerung mehr als zehn Stunden pro Woche mit Computerspielen.

Doch Videospiele haben sich nicht nur zu einer Multi-Milliarden-Dollar-Branche entwickelt. Sie beeinflussen auch die Denkmuster und Problemlösungsstrategien ihrer Nutzer.

Arbeit auslagern und Werte vermitteln

"Wer spielt, tut das nicht nur, um sich die Zeit zu vertreiben", sagt Zukunftsforscherin Nora Stampfl. "Spieler wollen sich in einen Wettbewerb begeben und unter den Ersten sein, die ihre Strategien und Entdeckungen anderen im Internet mitteilen möchten.".

Werte und Verhaltensweisen, auf die sich immer mehr Unternehmen und Institutionen einstellen müssen, um ganz spielerisch Loyalität und Engagement gewonnener und potenzieller Kunden zu erhöhen, Mitarbeiter zu binden und zu höheren Leistungen anzuspornen. Oder gar Arbeit an Massen von Freiwilligen auszulagern, die diese Aufträge gegen geringes Entgelt oder sogar kostenlos erledigen – weil die Tätigkeit nicht als Mühsal, sondern als großer Spaß empfunden wird – weil sie den Wettbewerb anstacheln. Bis 2014, so eine Prognose der Marktforscher von Gartner, werden 70 Prozent der weltweit 2000 größten Unternehmen Spiele in ihre Managementprozesse eingebaut haben.

Softwarekonzern Microsoft setzt schon jetzt darauf – beim Update seines Betriebssystems Windows: Bevor die Software offiziell verkauft wurde, muss sie interne Tests durchlaufen – eine eher monotone Arbeit, die von Mitarbeitern zusätzlich zu den eigentlichen Aufgaben zu erledigen ist. Um die Kollegen zum Mitmachen zu animieren, kleidete das Unternehmen den Test in ein Spiel, das Punkte vergab und Preise versprach. Die Beteiligung stieg rasant, die Lust auf Punkterekorde führte zu aussagekräftigeren Beurteilungen in kürzerer Zeit.

Arbeiten in einer Phantasiewelt

Auch der einstige Technologiekonzern Sun setzte schon auf spielende Mitarbeiter: Statt frisch angeheuerte Kollegen über nüchterne Organigramme und langweilige PowerPoint-Präsentationen mit ihrem neuen Arbeitgeber vertraut zu machen, schickte das Unternehmen sie zum Daddeln in die Fantasiewelt Solaris – eine Gesellschaft, die auf den gleichen Zielen und Werten begründet war wie das eigene Unternehmen. Diese Werte verinnerlichten die Mitarbeiter nun ganz spielerisch – beim Kampf in fünf verschiedenen Welten, die die Unternehmenseinheiten repräsentieren – gegen furchterregende Monster, die die Gesellschaft Solaris und damit das eigene Unternehmens bedrohten.

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