
Viele Eltern und deutsche Finanzminister glauben, dass man nicht nur Kinder, sondern ganze Volkswirtschaften zur Sparsamkeit erziehen kann. Wie wenig erfolgreich diese Versuche innerhalb der Europäischen Union sind, erleben wir seit Jahren. Dennoch will der Glaube daran, dass sich Griechen dereinst in schwäbische Hausfrauen verwandeln lassen, nicht aussterben.
So wie sich immer wieder Ökonomen finden, die die Politik von der grenzenlosen Erziehbarkeit der Völker zu überzeugen vermögen, mangelt es auch nicht an Ratgebern für Eltern. Diese wollen ihnen beibringen, wie man seine Kinder erfolgreich zu sparsamen Menschen erzieht. Der Standardratschlag: Das Taschengeld solle man stets so aufteilen, dass mindestens ein Drittel unbedingt im Sparschwein zu landen hat.
Das Problem dabei ist nur: Möglicherweise haben gerade diejenigen Eltern, deren Kinder es am nötigsten hätten, selbst nicht den rechten Antrieb zum Sparen. Welcher Vater, der das Geld nicht beisammen halten kann, wird seinem Sohn schon das Sparschwein füttern helfen?
Erziehung hat kaum Einfluss
Andererseits müssen vielleicht die Kinder der sparsamen Eltern die Sparsamkeit gar nicht lernen, weil sie ohnehin aus innerem Antrieb das Wachsen der Geldberge zu beobachten lieben. Die Sparsamkeit in den Genen? Diese Möglichkeit bestätigt jetzt eine Studie der beiden Ökonomen Henrik Cronqvist und Stephan Siegel.





Die Forscher bedienten sich der Daten aus dem schwedischen Zwillingsregister, indem auch Angaben über das Sparverhalten von rund 15.000 ein- und zweieiigen Zwillingspaaren zu finden sind. Beim Vergleich des Sparverhaltens der eineiigen Zwillinge (mit hundertprozentig übereinstimmender Gen-Ausstattung) und der zweieiigen (die im Schnitt nur die Hälfte ihrer Gene gemeinsam haben), zeigte sich: Eineiige Zwillinge waren sich auch im Sparverhalten sehr viel ähnlicher als zweieiige. Die Ähnlichkeiten waren etwa doppelt so stark.
Gene beeinflussen Altersvorsorge
Insgesamt etwa 39 Prozent der Unterschiede, was das zur Altersvorsorge angesparte Geld betrifft, lassen sich nach Ansicht der Forscher nicht durch verschiedene soziale und gesellschaftliche Einflüsse wie die Erziehung erklären - sondern nur durch die Erbanlagen. Wobei sie auch einen möglichen Zusammenhang des Geldausgabe-Verhaltens mit den Ess- und Trinkgewohnheiten herstellen.





39 Prozent! Vorausgesetzt, bei der Studie ist es mit einigermaßen rechten Dingen zugegangen, bedeutet dies also nicht, dass die Sparsamkeit oder Verschwendungssucht eines jeden Menschen schon mit der Zeugung feststeht. Aber es bedeutet, dass Menschen auch in ökonomischen Dingen keine vollständig formbaren Wesen sind, sondern ihre Erbanlagen der Erziehbarkeit Grenzen setzen.
„Das familiäre Umfeld beim Heranwachsen und der gegenwärtige sozioökonomische Status beeinflussen den genetischen Effekt“, schreiben die Forscher. Doch der Einfluss der Erziehung nehme mit zunehmendem Lebensalter ab.
Hätte es zu dieser Erkenntnis wirklich einer neuen Studie bedurft? Eigentlich nicht. Der Volksmund weiß seit Jahrhunderten auch ohne Ökonomen und Genforschung, dass Blut dicker als Wasser ist und der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Ungerecht? Klar, aber so ist die Natur. Andererseits: Dass wir als Menschen nicht ausschließlich von unseren Genen bestimmt werden, ist ebenso offensichtlich. Sonst wären wir nur große Ameisen.
Kultur oder Natur? Was können Menschen lernen, was ist ihnen unveränderlich angeboren? Die Frage scheint immer aktuell zu bleiben. Und seltsamerweise finden sich immer wieder eifrige Gelehrte, die radikal den Genen die absolute Hoheit über die Menschen zuschreiben.
Meist sind das, wen wundert es, Biologen. Und andere - meist Kulturwissenschaftler -, predigen genauso fanatisch, wir seien gänzlich Konstruktionen der gesellschaftlichen Einflüsse. Als ob die Antwort auf die alte Frage nicht stets dieselbe wäre - was auch die Studie von Cronqvist und Siegel zeigt: sowohl als auch.