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Generation Z Junge Apokalyptiker im Börsenrausch

Ein Teil der Generation Z nimmt sich die Methoden des früheren Betrügers und Spekulanten Jordan Belfort (hier dargestellt von Leonardo DiCaprio im Kinofilm 

Eine Studie zeichnet ein ungewohntes Bild der Generation Z: Sie erwarten den Untergang des Finanzsystems – und wollen als „Welpen der Wall Street“ vorher noch spielend daran verdienen.

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Oliver Spitzer hat die Konsumgewohnheiten vieler Altersgruppen unter die Lupe genommen, aber die derzeit 18- bis 25-Jährigen haben ihn nachhaltig geschockt. Für eine aktuelle Studie befragte der Marktforscher mehr als 800 Vertreter der so genannten Generation Z. Eine Unterhaltung hat sich ihm dabei besonders eingebrannt: „Ich habe 90 Minuten mit einem Anfang-20-Jährigen gesprochen und hatte danach das Gefühl: Ich habe mein Leben nicht im Griff“, erinnert sich der Geschäftsführer des Kölner Marktforschungsunternehmens September in der aktuellen Folge des Podcasts Money Mates der WirtschaftsWoche. In Finanzfragen erlebte der Millennial Spitzer die Gen Z seiner eigenen Generation meilenweit voraus. 

Er hörte in seinen Gesprächen junge Menschen, die gerade eigentlich ihren Schulabschluss machen, ein Studium beginnen oder eine Karriere starten sollten. Die das vergangene Jahr aber vor allem zu Hause gesessen haben und von einer Krise in die nächste schlittern.

„Die fragen sich nicht, ob die Welt demnächst untergeht, sondern nur noch wann das passieren wird“, sagt Spitzer. In ihrer Jugend brach das Finanzsystem zusammen, auf der Schwelle zum Erwachsenwerden brachte die Coronapandemie ihre Welt zum Erliegen. Und über allem schwebt die größte Katastrophe von allen: die Klimakrise, an deren Wurzel sie maßgeblich die Konsumentscheidungen ihrer Elterngeneration sehen. 

Strategie für den Weltuntergang

Wie die Generation Z insbesondere finanziell damit umgeht, haben Spitzer und seine Kollegen in ihrer Studie in Umfragen und tiefenpsychologischen Interviews untersucht. „Puppies of Wall Street“, Welpen der Wall Street, nennen die Marktforscher die jungen Krisengeplagten. Ihr großes Vorbild sind Zockerprofis wie Jordan Belfort, dessen Leben als „Wolf of Wall Street“ verfilmt wurde. Etwa ein Viertel der Befragten fiel laut Spitzer in diese Kategorie derjenigen, die täglich an der Börse handelten, von denen mehr als zwei Drittel Aktien und mehr als die Hälfte Kryptowährungen besitzt. 

Wie begründet der Psychologe diesen ausgeprägten, fast gierigen, Hang zum Risiko? „Wenn ich fest davon ausgehe, dass in zehn Jahren die Welt untergeht, habe ich drei Möglichkeiten: Flucht, Kampf oder Starre“, sagt Spitzer. Wer vor der Krise erstarre, blende sie vollkommen aus und rette sich in ein Gap Year in die Karibik oder mache ein Sabbatjahr auf einem norwegischen Bauernhof. Wer kämpft, sucht sein Heil im Aktivismus, schließt sich Greta Thunberg und Fridays For Future an. Und wer flüchtet, der kümmert sich vor allem um sich selbst, „um meinen eigenen Bizeps“, wie Oliver Spitzer sagt.

„Sonst schläfst du mit 50 unter der Brücke“

Und so verfallen die Apokalyptiker in einen Börsenrausch, handeln was das Zeug hält und hoffen, mit 30 Millionär zu sein – „sonst schläfst du mit 50 unter der Brücke“, wie eine 20-jährige Studienteilnehmer Spitzers Kollegen sagte. In diesen Zeitplan passen normale Anlageformen kaum noch. Wer hat schon Zeit, einem Aktiendepot über Jahrzehnte beim zähen Wachstum zuzuschauen, wenn ein glückliches Bitcoin-Händchen innerhalb weniger Tage Renditen von mehr als 1000 Prozent verspricht?

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Spitzer sieht die Gen Z zwar so gut informiert wie kaum eine andere Generation zuvor. Ihr fehle allerdings die Muße, zwischendurch Luft zu holen und ihre Strategie anzupassen. In ihrem „Hetzspiel“ auf der Suche nach schnellem Reichtum und finanzieller Unabhängigkeit mache sie das aber auch taub für die Ratschläge konservativer Akteure. „Diese Arroganz ist gefährlich, da verpasst man Chancen“, meint Spitzer, „und das ist ja eigentlich das Gegenteil von dem, was sie tun wollen.“

Mehr zum Thema: Die finanzielle Bildung der Generation Z weist große Lücken auf. Das wollen einige Gründer jetzt ändern – und nebenbei Kunden für ihre Anlageprodukte einsammeln.

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