In der Buchinger-Wilhelmi-Klinik in Überlingen oberhalb des Bodensees wie auch im Partnerbetrieb in Marbella gehört die einstündige Eingangsuntersuchung ebenso zum Ritual des Aufenthalts wie der Besuch von Vorträgen und abendlichen Konzerten.
Chefarzt Stefan Drinda weiß, dass seine Klientel oft mehr Beratungsbedarf hat, als das Gesundheitssystem in Deutschland parat hält. Von Ländern wie Aserbaidschan oder arabischen Nationen ganz zu schweigen; das Stimmengewirr im Speisesaal belegt, dass viele Gäste lange Wege in Kauf nehmen, um sich auf Herz und Nieren prüfen zu lassen und Tipps für ein gesünderes Leben bei Küchenchef Hubert Hohler als Souvenir mitzunehmen. Drinda arbeitet mit der örtlichen Klinik zusammen, unter anderem, wenn eine Kernspintomografie sinnvoll erscheint. Alles das kann der Gast auf der Swimmingpool-Terrasse mit Seeblick oder vom Laufband im Fitnessstudio mit der gleichen Aussicht auf sich wirken lassen.
Fastenkuren gegen Alltagsbeschwerden
Die europäische Hotellerie begibt sich mit ihren medizinischen Angeboten in eine komplizierte Situation, findet Bernhard Bohnenberger, Präsident der Luxushotelgruppe Six Senses, die sich der ganzen Bandbreite von Wellness verschrieben hat. „Es hängt viel davon ab, wie sehr der Gast an die Wellnesspraktiken und Heilungserfolge des jeweiligen Hotels glaubt“, sagt Bohnenberger, der mit seiner Gruppe sieben Hotels und 18 Spas, unter anderem in den Flughäfen Heathrow und Abu Dhabi betreibt. „Wir möchten auf nicht invasive medizinische Wellness setzen, bei der Lebensstil, Ernährung, Fitness und Achtsamkeit Bestandteile der Behandlung sind“, sagt Bohnenberger.
Raimund Wilhelmi, Chef der mit Suiten um Gästen werbenden Buchinger-Wilhelmi-Klinik, hat Bohnenbergers Worte bei der vergangenen Internationalen Tourismusbörse genau vernommen. „Wir müssen unser Profil schärfen und deutlich machen, was unser Angebot ist.“
Medical Wellness, Medical Spa, Medical Care – die Begrifflichkeiten sind ähnlich, meinen aber oft sehr unterschiedliche Dinge. Schüle’s Gesundheitsresort in Oberstdorf trägt den Anspruch im Namen und trägt ihm mit zwei Ärzten Rechnung.
Luxushotels wie das Allgäu-Sonne in Oberstaufen hingegen nutzen Altbewährtes wie die Schrothkur, die laut Prospekt hilfreich ist bei Beschwerden von Migräne, Burn-out, Gicht bis zu Erkrankungen von Magen, Darm, Leber, Galle, Nieren und Bauchspeicheldrüse. Im Vitalpina Wanderhotel Europa auf der Seiseralm sollen Resonanzmassagen mit Klangschalen den Rücken stärken.
Frank Marrenbach definiert für Villa Stéphanie und Haus Julius den Anspruch: „Wir sprechen von Medical Care, da es um ärztliche Betreuung geht, das ist mehr als Wohlbefinden, Beauty und Detox.“ Die Grenzen sind ebenfalls klar: Angebote, die eher in eine Rehaklinik gehören. Denn am Ende ist das Brenners ein Luxushotel, kein Krankenhaus.