Gesundheit im Management Wenn Chefsein tödlich ist

R.I.P. C.E.O. Quelle: Getty Images

Die CEOs von großen Unternehmen werden fürstlich entlohnt. Doch sie zahlen unter Umständen einen hohen gesundheitlichen Preis für ihre Verantwortung, wie eine neue Studie zeigt.

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Von James Donald existieren zwei Fotos, die nahelegen, dass dem ehemaligen Starbucks-Chef die Zeit an der Spitze der Kaffeekette nicht gut getan hat. Das eine wurde nur wenige Monate, bevor er im April 2005 den CEO-Job antrat, aufgenommen. Das andere stammt aus dem Mai 2009. Vier Jahre liegen zwischen den Fotos, doch ein darauf trainierter Algorithmus schätzte: der Mann sei um sieben Jahre gealtert. Wer nach den Ursachen für die beschleunigte Alterung sucht, der landet schnell bei einem Ereignis, das Donald mitten in seiner Amtszeit traf: 2007 erwischte die Finanzkrise Starbucks mit voller Wucht und ließ den Aktienkurs zwischenzeitlich um mehr als 40 Prozent einbrechen. Offensichtlich ein entscheidender Grund für die vorschnelle Alterung, wie eine aktuelle Studie einer Forschergruppe um den Ökonom Mark Borgschulte von der Universität von Illinois nahelegt.

Borgschulte hat zusammen mit Canyao Liu (Yale School of Management), Marius Guenzel (Wharton School of Management) und Ulrike Malmendier (Universität von Berkeley) für ein neues Arbeitspapier untersucht, wie die immensen Anforderungen in den obersten Vorstandsrängen von Unternehmen den hochbezahlten Firmenlenkern an die Substanz gehen. Die Forscher diagnostizieren „signifikante Gesundheitskosten“.

Zuallererst machen sie aber eine Einschränkung: Nicht nur die höchsten Positionen litten unter starkem Stress bei der Arbeit. Die Forschung zeigt, dass gerade Menschen in schlecht bezahlten oder prekären Jobs mit teils größeren, weil existenziellen Sorgen und Nöten umgehen müssen, die ihrer körperlichen und mentalen Gesundheit schaden. Die Position der Mächtigsten im Konzern bietet aufgrund ihrer weitreichenden Verantwortung für den Unternehmenserfolg aber besonders gute Anschauungsbeispiele.

Angst vor Übernahmen

Als Grundlage ihrer Untersuchung haben die Forscher eine Datenbasis von mehr als 1600 Vorstandsvorsitzenden von großen US-amerikanischen Unternehmen zusammengetragen, inklusive ihrer genauen Geburts- und falls nötig Sterbedaten und mehrerer Fotos. In drei Studien versuchten sie daraus die Effekte von besonders belastenden Arbeitssituationen auf das Altern und die Sterberate zu berechnen.

Acht Tipps zum Stressabbau

Für den ersten Teil ihrer Arbeit untersuchten Mark Borgschulte und seine Kollegen zunächst die Einführung bestimmter Gesetze zwischen 1985 und 1997, die es erschweren sollten, dass strauchelnde Unternehmen von Konkurrenten aufgekauft werden. Die Angst vor drohenden Übernahmen habe Manager stets stark unter Druck gesetzt, so die Forscher. Dass sie gesetzlich erschwert wurden, habe dagegen zu größerer Entspannung und damit längerem Leben beigetragen, so die Vermutung. Die Zahlen bestätigen das: Insgesamt zwei Jahre länger lebten die CEOs aus dem Datensatz der Forscher, wenn sie in einem Bundesstaat arbeiteten, in dem ein solches Gesetze verabschiedet wurde.

In einer zweiten Studie betrachteten die Forscher den umgekehrten Fall: Was passiert, wenn ein Vorstandsvorsitzender unter größeren Druck gerät? Dazu untersuchten sie Situationen, in denen die von ihnen beobachteten CEOs damit umgehen mussten, dass der durchschnittliche Aktienkurs aller Unternehmen um mehr als 30 Prozent einbrach. Anders gesagt: Sie erlebten einen klassischen Börsencrash. 40 Prozent der beobachteten Firmenlenker mussten einen solchen gesamtwirtschaftlichen Abschwung überstehen – und deshalb damit rechnen, früher zu sterben. Eine ordentliche Krise machte die Vorstandsvorsitzenden im Datensatz um durchschnittlich 1,5 Jahre älter.

Sichtbar gealterte Bosse

Aus dem dritten Teil der Untersuchung stammt auch das Beispiel von James Donald. Hier suchten Borgschulte und seine Kolleginnen und Kollegen nach sichtbaren Zeichen des Alters im Gesicht der Bosse. Dazu nutzten sie eine Software, die zuvor mit mehr als 250.000 Fotos von Menschen darauf trainiert wurde, das Alter eines Menschen an seinem Äußeren zu erkennen.

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Sie fütterten den Algorithmus mit mehr als 3000 Fotos der Konzernlenker der größten 500 US-Unternehmen im Jahr 2006 zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Amtszeit. Vor allem interessierte sie der Vergleich der Chefs, die in besonders stark von der Finanzkrise 2007/2008 getroffenen Branchen arbeiteten, mit denen, die weniger hart getroffen wurden. Das Ergebnis: Nach zehn Jahren sahen sahen die krisengebeutelten CEOs im Schnitt ein Jahr älter aus.

Im Ergebnis konstatieren die Forscher: „Striktere Corporate Governance Richtlinien und finanzielle Notlagen erlegen den CEOs erhebliche gesundheitliche Kosten auf.“ Dem hohen Gehalt der Chefs steht also auch ein erhebliches Berufsrisiko gegenüber.

Mehr zum Thema: Wer viel sitzt, bekommt nicht nur Rückenschmerzen – sondern stirbt auch früher.

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