Luxus, Verwöhnung und Verzicht – ein Spagat. Einer, dessen Spannungen im Lanserhof mit seiner berückend beruhigenden Atmosphäre offen zu Tage tritt. Die Gäste, die in den Suiten des Baus des renommierten Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven wohnen, essen, was ihnen serviert wird. Nicht mehr. Extrawünsche, die schon mal am zweiten oder dritten Tag des Fastens auftreten und als Kurkrise die Geduld der solventen Klientel strapazieren, bedürfen der Genehmigung der ärztlichen Leitung. Diskussionen des Service mit hungrigen Gästen setzen besonderes Feingefühl voraus.
Christian Hollweck, zuvor Direktor des Fünf-Sterne-Hotels St. Regis Mardavall auf Mallorca, suchte deshalb Mitarbeiter aus, die Erfahrung aus Kurbetrieben mitbringen. Und wer’s gar nicht aushält, geht die gut 200 Meter rüber zum Golfclub, wo das Wiener Schnitzel mit Meerrettich in der Panade zu einer lokalen Variante verfeinert wird. „Da kommen abends öfter mal welche rüber“, verrät ein Mitarbeiter des Restaurants.
Trockene Brötchen und ayurvedische Massagen
Gute ärztliche Behandlung ist das eine, hervorragender Service das andere; hier punkten die Luxushotels, die seit Jahrzehnten das Know-how für den Umgang mit verwöhnten Gästen haben. Frank Marrenbach lässt alle Mitarbeiter der medizinischen Abteilungen im Grandhotel schulen. „Es darf keinen Unterschied in der Servicequalität der gastronomischen wie der medizinischen Abteilung geben.“
Wenn alles zusammentrifft, dann ist Verzicht fast Verwöhnurlaub und wie im Oceano auf Teneriffa schon lange bekannt.
In dritter Generation betreibt Familie Rolle, deren Männer alle Karl heißen, das Haus. Es hat sich zum Gesundheitshotel entwickelt, spätestens seit der Enkel des Gründers Medizin studierte. Sacht hat er die rigiden Regeln von F.X. Mayr an moderne Erkenntnisse angepasst. Wem trockene Brötchen zu wenig chic erscheinen, kann sich zeitgeistig den Sesamölmassagen der Heilkunst Ayurveda hingeben: ein Cross-over der Kuren, bei dem die Umgebung verstärkend wirkt.
In den Sechzigern galt die Nordecke der zerklüfteten Insel als eine Art Winter-Ersatz für Sylt. Tatsächlich wirken die mit Meeresgischt angereicherte Ozeanluft und das prickelnde Meeresbecken beruhigend auf die Körperetage oberhalb des Mayr-gepflegten Bauches: Lunge, Bronchien lernen wieder leichter atmen. Der Rummel und die Betonburgen des Massentourismus sind weit weg, die Wanderpfade locken ins hinter dem Hotel ansteigende Anagagebirge mit seinen feuchten Lorbeerwäldern und Klippen.
Und zum Ende der selbst auferlegten Fastenzeiten die Confrederia de Pescadores, die Kneipe der Fischereigenossen mit wirklich frischem Fisch und dem unveränderten herben Charme der Sechziger.
So verlässt der Reisende seinen temporären Ort der Enthaltsamkeit mit einem Ausblick, der länger hält als die Erinnerung – den auf ein gesünderes Leben.