Glücksforschung „Geld macht immer glücklich“

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Referenzgruppe entscheidend für Glücksempfinden

Studien kommen zu dem Schluss, dass Geldausgeben, also der Konsum, nicht unbedingt glückstreibend wirkt. Macht der Lamborghini vor der Tür nicht glücklicher?

Wir haben noch nicht wirklich untersucht, ob der Porsche-Fahrer zufriedener ist als der Mini-Cabrio-Fahrer. Konsumtive Sachwerte sind häufig Statussymbole. So ist im statistischen Durchschnitt der Hanseat häufiger mit der untertriebenen Variante von Sachwerten unterwegs, während der Münchner auch mal einen drauflegt. Zufriedenheit aus Statussymbolen zu beziehen, gelingt auf Dauer nur den Wenigsten.

Bin ich auch glücklicher, wenn ich weiß, dass ich mehr verdiene als mein Nachbar?

Ja, die relative Einkommensposition ist wichtig. Ausschlaggebend für das persönliche Glücksempfinden ist immer auch die Referenzgruppe. Es ist in den Datensätzen immer wieder der Neideffekt zu erkennen. Wenn ich nicht mehr kriege und der Andere auch nicht – dann empfinden das viele das besser, als wenn der Andere deutlich mehr bekommt und man selbst nur ein bisschen.

Die größten Mythen vom Glück
1. Du bist deines eigenen Glückes Schmied......sagt jede Mutter gerne zu ihren Kindern. Dabei stimmt diese Predigt des individualistischen Glücks so nicht.  Der Mensch als soziales Wesen ist eingebunden in die Gesellschaft, deren Regeln, soziale Normen und Werte er beachten muss. Unbegrenzte Selbstverwirklichung und radikaler Individualismus sind schon deshalb nicht möglich. Zwar ist jeder selbst dafür verantwortlich, seine Träume zu verwirklichen, doch schafft dies niemand ohne die Hilfe oder die Unterstützung seiner Mitmenschen. Quelle: dpa
2. Kinder sind glücklicherSie sind unbeschwert, denken weniger nach und sind demnach glücklicher. Pustekuchen. Forscher des US-National Opinion Research Center in Ann Arbor haben herausgefunden, dass die glücklichsten Menschen die sogenannten „jungen Alten“ sind. Sie stellten die Frage: "Im Großen und Ganzen, was würden Sie sagen: Wie fühlen Sie sich zurzeit? Würden Sie sagen, Sie sind zurzeit: a) sehr glücklich, b) ziemlich glücklich oder c) nicht allzu glücklich?" Das Ergebnis: „Sehr glücklich“ sind vor allem Menschen zwischen 65 und 70 Jahren. Quelle: dpa
3. Ziele machen glücklichVorsicht, auch hier versteckt sich ein Mythos. Zielen können glücklich machen, aber nur, wenn man sie auf die richtige Weise angeht. Wenn Sie sich einreden, etwas tun zu müssen, um glücklich zu sein, laufen Sie mit dem Kopf gegen die Wand. Wer sagt „Ich muss....tun“, macht sich zum Opfer und setzt sich selber unter Druck. Keine gute Voraussetzung für Glück. Besser ist es, sich zu sagen „Ich möchte gerne...tun“. Damit zeigen Sie, dass Sie sich das Ziel freiwillig gesetzt haben. Quelle: dpa
4. Elternglück ist das schönste GlückSchlaflose Nächte, stinkende Windeln und die unvorhersehbaren Launen pubertierender Teenager: Kinder zu haben ist kein Zuckerschlecken. Vielleicht gerade deshalb reden sich viele Eltern ein, dass die lieben Kleinen ihr Leben bereichern und „sooooo glücklich“ machen. Psychologen haben jetzt herausgefunden, dass auch das Elternglück ein Mythos ist. Denn die frischgebackenen Eltern, so die Psychologen, reden sich ihr Leben mit Kind und Kegel schön, so wie Menschen, die einen Haus- oder Autokauf rationalisieren. Quelle: dpa
5. Geld macht glücklichViele Menschen machen große Augen, wenn Sie einen schicken Sportwagen sehen, das I-Phone 6 oder den neusten Schrei von Gucci.  Sie denken „Wenn ich DAS hätte, wäre ich der glücklichste Mensch auf Erden.“ Falsch! Eine Studie der University of British Columbia hat bewiesen, dass viel Geld oder materieller Reichtum zwar weniger traurig macht, auf Dauer aber nicht glücklich. „Viel Geld und tägliches Glücksgefühl, da gab es keinerlei messbaren Zusammenhang“, so die Forscher. Quelle: dpa

Ökonomisch rational ist das nicht.            
Deswegen sind wir bei unseren wohlfahrtstheoretischen Untersuchungen nur empirisch unterwegs und sagen klar, dass wir kein wirkliches Modell haben, so etwas zu erklären.

Sind junge Menschen, die noch kein Vermögen aufbauen konnte, unglücklich?

Es gibt einen U-förmigen Verlauf von Zufriedenheit im Alter. Der junge Mensch hat ein unheimlich hohes Zufriedenheitsniveau. Am Anfang des Lebens ist man noch etwas blauäugig unterwegs. Mit 30 sackt es dann ab, wenn Karriere und Familie kommen. Eine Familie bedeutet auch Stress, Kinder zu erziehen ist nicht einfach nur ein Glückszustand. Mit 50 oder 55 Jahren steigt die Zufriedenheit dann wieder an. Und der 60- bis 70-Jährige ist ähnlich zufrieden wie der 20- bis 30-Jährige.

Nach Ihrem Glücksatlas 2014 ist das wirtschaftsschwächere Schleswig-Holstein glücklicher als das wohlhabende Bayern. Auf individueller Ebene sind vermögende Menschen aber zufriedener als ärmere. Wie passt das zusammen?          
Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen-Nord sind im Glücksatlas immer oben. Nehmen wir das Beispiel Geld. Der Hanseat hat Geld bis zum Abwinken, Hamburg hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Bundesrepublik. Dazu wertvolle Immobilienbestände, ein größeres kulturelles Angebot und eine bessere medizinische Versorgung, wie in Großstädten üblich. Hamburg muss also ganz oben mitschwimmen und tut es auch. Die Schleswig-Holsteiner haben eigentlich wenig. Aber offensichtlich haben sie eine genetische Disposition, dass sie aus dem Wenigen eine sehr hohe Zufriedenheit ziehen können. Erstaunlich ist, dass die zufriedensten Menschen Europa auch im Norden leben, ganz in der Nähe von  Schleswig-Holstein: Es sind die Dänen.   

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