Studien kommen zu dem Schluss, dass Geldausgeben, also der Konsum, nicht unbedingt glückstreibend wirkt. Macht der Lamborghini vor der Tür nicht glücklicher?
Wir haben noch nicht wirklich untersucht, ob der Porsche-Fahrer zufriedener ist als der Mini-Cabrio-Fahrer. Konsumtive Sachwerte sind häufig Statussymbole. So ist im statistischen Durchschnitt der Hanseat häufiger mit der untertriebenen Variante von Sachwerten unterwegs, während der Münchner auch mal einen drauflegt. Zufriedenheit aus Statussymbolen zu beziehen, gelingt auf Dauer nur den Wenigsten.
Bin ich auch glücklicher, wenn ich weiß, dass ich mehr verdiene als mein Nachbar?
Ja, die relative Einkommensposition ist wichtig. Ausschlaggebend für das persönliche Glücksempfinden ist immer auch die Referenzgruppe. Es ist in den Datensätzen immer wieder der Neideffekt zu erkennen. Wenn ich nicht mehr kriege und der Andere auch nicht – dann empfinden das viele das besser, als wenn der Andere deutlich mehr bekommt und man selbst nur ein bisschen.
Ökonomisch rational ist das nicht.
Deswegen sind wir bei unseren wohlfahrtstheoretischen Untersuchungen nur empirisch unterwegs und sagen klar, dass wir kein wirkliches Modell haben, so etwas zu erklären.
Sind junge Menschen, die noch kein Vermögen aufbauen konnte, unglücklich?
Es gibt einen U-förmigen Verlauf von Zufriedenheit im Alter. Der junge Mensch hat ein unheimlich hohes Zufriedenheitsniveau. Am Anfang des Lebens ist man noch etwas blauäugig unterwegs. Mit 30 sackt es dann ab, wenn Karriere und Familie kommen. Eine Familie bedeutet auch Stress, Kinder zu erziehen ist nicht einfach nur ein Glückszustand. Mit 50 oder 55 Jahren steigt die Zufriedenheit dann wieder an. Und der 60- bis 70-Jährige ist ähnlich zufrieden wie der 20- bis 30-Jährige.
Nach Ihrem Glücksatlas 2014 ist das wirtschaftsschwächere Schleswig-Holstein glücklicher als das wohlhabende Bayern. Auf individueller Ebene sind vermögende Menschen aber zufriedener als ärmere. Wie passt das zusammen?
Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen-Nord sind im Glücksatlas immer oben. Nehmen wir das Beispiel Geld. Der Hanseat hat Geld bis zum Abwinken, Hamburg hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Bundesrepublik. Dazu wertvolle Immobilienbestände, ein größeres kulturelles Angebot und eine bessere medizinische Versorgung, wie in Großstädten üblich. Hamburg muss also ganz oben mitschwimmen und tut es auch. Die Schleswig-Holsteiner haben eigentlich wenig. Aber offensichtlich haben sie eine genetische Disposition, dass sie aus dem Wenigen eine sehr hohe Zufriedenheit ziehen können. Erstaunlich ist, dass die zufriedensten Menschen Europa auch im Norden leben, ganz in der Nähe von Schleswig-Holstein: Es sind die Dänen.