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Korrektur der Irrwege

Die „schlimmsten Fehler“ werden vermieden, so der Architekt Roland Gruber, Partner des Wiener Büros nonconform, wenn Bürgermeister und Bauverantwortliche eine „Gesprächskultur“ zum Bauen im Dorf etablieren, wenn es „mindestens sieben Personen im Dorf gibt“, die Projekte vorantreiben. Wie in Duchroth an der Nahe, wo seit den Neunzigerjahren „Dorferneuerung“ betrieben wird, durch die Belebung von Traditionen, durch die Verzahnung von Alt und Neu.

Seither sind die Irrwege der Dorfsanierung korrigiert worden, in „vielen kleinen Schritten, weil wir das Geld nicht hatten“, wie Bürgermeister Manfred Porr erzählt: Kunststoffverkleidungen, die in den Siebzigerjahren als Hightech galten, wurden von den Sandstein- und Fachwerkfassaden entfernt, leer stehende Gehöfte aus Mitteln der Dorferneuerung und durch private Investitionen zu Wohnungen und Gästezimmern umgebaut.

Das Dorfleben sei in den Ortskern zurückgekehrt, sagt Porr, Duchroths „Identität als Wein- und Wohnort“ gestärkt worden: Eines der letzten „Plastikhäuser“ habe jüngst den Besitzer gewechselt, jetzt sieht man die ockerfarbene Mauer wieder.

Hier steigen die Mieten am stärksten
Platz 8: Frankfurt Quelle: DPA
Platz 7: StuttgartIn der baden-württembergischen Landeshauptstadt lagen die Angebotsmieten im ersten Halbjahr 2016 bei durchschnittlich 12,55 Euro pro Quadratmeter im Monat – ein Anstieg von 5,2 Prozent zum Vorjahr. Der Zwölfjahresvergleich zeigt: Gegenüber 2004 müssen Mieter heute 44 Prozent mehr zahlen – des bringt Stuttgart die Bronzemedaille unter den acht untersuchten Städten ein. Quelle: DPA
Platz 6: Berlin Quelle: REUTERS
Platz 5: München Quelle: DPA
Platz 4: Leipzig Quelle: DPA
Platz 3: Hamburg Quelle: DPA
Platz 2: Köln Quelle: DPA

„Ab in die Mitte“ – das gilt nicht nur für die Innenstadtentwicklung der Metropolen, sondern auch für Dörfer, Klein- und Mittelstädte: So soll dem „Donut-Effekt“ entgegengearbeitet werden, der schmelzenden Ortsmitte bei gleichzeitigem Wachstum der Peripherien. „34 Prozent der Gemeinden haben ein ernsthaftes Leerstandsproblem“, sagt Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, „sie haben aber auch ein Riesenpotenzial, wenn sie sich intensiv um den Ortskern kümmern, statt neue Baugebiete auszuweisen.“

Vorbilder? Zum Beispiel das unterfränkische Iphofen, wo im historischen Ortskern „ortsunübliche Gestaltungsmittel“ – Flachdächer, Fassadenbleche, Rauh- und Zierputze, Rollläden, gewölbte Gläser und Butzenscheibenimitate – verboten sind. Oder das siegerländische Burbach, wo Bürgermeister Ewers und der Gemeinderat nicht nur die Ausweisung neuer Wohngebiete, sondern auch die Ansiedlung von Einkaufsmärkten am Ortsrand verhindert haben. Handel und Wohnen sollen „drinnen“ bleiben. Kauf und Neubau von Häusern im Ortskern werden finanziell gefördert, nach dem Erstgespräch mit einem Architekten, das den Blick schärfen soll für den Wert des Vorhandenen, für das Material- und Farbenvokabular der Gebäude, für das Weiterbauen als Weitererzählen der Baukultur.

In Blaibach machen sie vor, wie es geht

Oder das oberpfälzische Blaibach, wo der Münchner Architekt Peter Haimerl ein halb verfallenes Waldlerhaus am Eingang des Dorfplatzes lieb gewann und ein Baukonzept zur Rettung der Ortsmitte entwarf, das Blaibach im Landeswettbewerb „Ort schafft Mitte“ den ersten Platz einbrachte. Das leer stehende Bauernhaus gegenüber der Kirche wurde zum Bürgerhaus umgebaut, in einen Mantel aus Dämmbeton gesteckt, mit einem aufgestockten Satteldach darüber und einem zeitgenössischen Anbau. Ein raffiniertes Gebäude der fließenden Übergänge, das der historischen Spur folgt und die Zeitschichten überblendet, das die Vertrautheit traditioneller Baumaterialien wie Tannenholz und Kalkputz sucht, aber auch mit Sichtbeton und Zementschindeln arbeitet.

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