Innovationsmanagement Warum Unternehmen oft Angst vor ihren Kunden haben

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Die Angst vor dem Kundenfeedback

An Bord des Zuglabors - Mehr als 60 Kunden haben den Komfort eines neuen Nahverkehrszug für die Deutsche Bahn getestet. Den Änderungen an den Sitzgelegenheiten erteilten die Testpersonen eine Abfuhr Quelle: Presse

Anders als die Deutsche Bahn reagieren manche Konzerne geradezu allergisch, wenn sich Kunden in ihre internen Belange einmischen. Die Kultmarke Apple zum Beispiel macht deutlich, dass sie sich von Außenstehenden nur ungern Ratschläge erteilen lässt. Weder das Unternehmen noch seine Mitarbeiter, heißt es, würden unaufgefordert eingesandte Ideen akzeptieren oder berücksichtigen, die unter anderem neue Produkte oder Technologien betreffen.

Die Erfinder von iPhone und iPad stehen mit ihrer Politik der verschlossenen Türen nicht alleine da. Auch das soziale Netzwerk Foursquare oder der amerikanische Kleiderfabrikant Williamson-Dickie sperren sich gegenüber allzu eifrigen Ideengebern. In inhaltlich fast identischen Erklärungen begründen sie ihre Abneigung. Tenor: Alle drei haben Angst vor Rechtsstreitigkeiten, sollten Einsender auf ihr Urheberrecht pochen, wenn zwischen dem eingeführten Produkt und den eingesandten Vorschlägen Ähnlichkeiten bestehen. Weiter heißt es bei Williamson-Dickie: „Bitte schicken Sie daher unter keinen Umständen unaufgefordert Ideen, Vorschläge oder Anregungen weder an die Firma Williamson-Dickie noch an Mitarbeiter dieser Firma.“ Foursquare-Ratgeber werden zudem darüber informiert, dass unaufgeforderte Zusendungen und deren Inhalte automatisch in den Besitz des Unternehmens übergehen. Ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich besteht nach Angaben der Internet-Plattform nicht.

Die Geschichte von Microsoft
Microsoftgründer Bill Gates und Paul Allen im Jahr 1975
IBM-Coup 1981
Windows 1985
Office-Start 1989
Windows 95
Ära Steve Ballmer 2000
X-Box 2001

Der Softwaregigant Microsoft geht wesentlich legerer mit dem externen Input um. „Anwenderorientiert“ darf sich das Endprodukt auch nennen, „obwohl 95 Prozent der Vorschläge bereits von den Entwicklern selbst umgesetzt wurden“, sagt Christian Illek, Deutschland-Chef von Microsoft. Die Kunden tragen dennoch ihren Teil dazu bei und kommunizieren als Ideengeber zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter mit dem Konzern. Hierzulande kümmert sich eine Handvoll Leute um die elektronische Post, die, wenn für gut befunden, direkt in die US-amerikanische Zentrale nach Redmond geschickt wird.

Ein Einfallstor für fremde Ideengeber sind die sogenannten Beta-Windows-Versionen. Diese noch ungeschliffenen Testprogramme können aus dem Internet heruntergeladen und auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. „Bei Macken bitte melden!“, lautet die jüngste Aufforderung der US-Softwarestylisten bei ihrer Testversion von Windows 8.

Vom Kirchenchor in die Welt

Doch so manche Innovation findet erst über Umwege in die Verkaufsregale. Wäre Arthur Fry, ein 3M-Mitarbeiter, nicht gewesen, hätten die haftenden Notizzettel wohl nie ihren globalen Siegeszug angetreten. Fry sang an Wochenenden in einem Kirchenchor und benutze Papierstücke als Lesezeichen. Leider verrutschten sie beim Öffnen des Gesangbuches immer wieder. Eines Sonntags fiel ihm eine Erfindung seines Kollegen Spencer Silver ein. Der hatte bereits 1968 einen Haftstoff angerührt, für den 3M bislang aber keine praktikable Anwendung fand. Fry hatte die Erleuchtung: Nach unzähligen Tests und Kundenbefragungen kamen 1980 in Amerika die ersten sogenannten Post-it-Zettel auf den Markt. Zwar mit zwölfjähriger Verspätung, aber dafür bleibt diese Innovation wohl ewig haften.

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