Karriere Der falsche Kult um das Scheitern

Wer Erfolg haben will, muss zuvor gescheitert sein. Die Glorifizierung des Scheiterns im Silicon Valley hat auch deutsche Personaler angesteckt. Ein gefährliches Missverständnis macht sich breit.

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Die Glorifizierung des Scheiterns - ein gefährliches Missverständnis? Quelle: Getty Images

Sie lesen sich wie die kleinen Zettel am großen Zeh von Mordopfern im Fernsehen: „Homejoy – Putzdienstleistung – zu hohe Kosten für die Kundengewinnung“. „Circa News – mobile Nachrichtenapp – fehlende Finanzierung, keine Käufer“. „EverythingMe – Android-App – kein Geschäftsmodell“. Die knappen Nachrufe stehen auf der Internetseite Autopsy.io, wo sich die Leichenhalle der amerikanischen Start-up-Szene besichtigen lässt. Gescheiterte Gründer skizzieren dort mit wenigen Worten den Namen, die Idee und die Todesursache ihrer vielversprechend gestarteten Unternehmen. Manche verweisen auf längere Texte, in denen sie die Gründe für ihr Scheitern reflektieren und mit Lektionen für potenzielle Nachahmer garnieren.

Das skurrile Portal dient als Gedächtnis für jene Fehlschläge, denen Start-ups früher oder später erliegen können. Es soll denen, die da noch kommen, eine tröstliche Botschaft vermitteln: Schaut her – und lernt, wie es nicht geht.

Die virtuelle Autopsie passt in den Zeitgeist. Wer all die Interviews liest und Reden hört, in denen Topmanager und Gründer über ihre Laufbahn philosophieren und daraus allgemeingültige Tipps für Leser und Zuhörer destillieren, der wird den Eindruck nicht los: Der Weg zum Erfolg führt über den Misserfolg. Er ist gepflastert von Niederlagen, Rückschlägen und Flops. Dieses Mantra verfestigt sich bei einem Blick in die Unternehmenskultur des Silicon Valley. Wo ein Sonnenuntergang über der kalifornischen Bay Area auch die zerstörerischste, peinlichste Pleite noch in pastellweiches Licht hüllt, wird das Scheitern gerade zum Fetisch erhoben. Bei den innovationsgetriebenen Techunternehmern gilt vor allem ein Glaubenssatz als Grundlage für langfristigen Erfolg: „Fail fast, fail often.“ Scheitere schnell, scheitere oft.

Was Headhunter raten: So gehen Sie mit Misserfolgen um

Der britische Unternehmer Richard Branson hat auf der offiziellen Website seines Virgin-Imperiums Lieblingszitate zum Thema gesammelt: „Jeder Mensch, vor allem jeder Unternehmer, muss Scheitern mit offenen Armen empfangen“, säuselt der Milliardär dort, „denn wir lernen nur durch Fehler.“ Die Bill-Gates-Stiftung schreibt, „dass die Lektionen, die aus Fehlern stammen, oft die wichtigsten sind“. Und Sun-Microsystems-Gründer Vinod Khosla sagt: „Ich habe wahrscheinlich häufiger versagt als jeder andere im Silicon Valley. Das ist egal. Ich erinnere mich nicht an die Fehler. Man erinnert sich an die großen Erfolge.“

Auch die Politik lässt sich von so viel Mut zum Flop inspirieren. Man dürfe Scheitern nicht als Untergang betrachten, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel meint: „Wir müssen Menschen eine zweite und dritte Chance geben.“ Und FDP-Chef Christian Lindner, dessen Start-up Anfang des neuen Jahrtausends in der Insolvenz endete, resümiert: „Scheitern war für meine Persönlichkeitsentwicklung extrem wichtig.“

Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler die wahren Quellen beruflichen Erfolgs zu identifizieren, bislang jedoch können sie allenfalls spekulieren. Die einen setzen auf scheinbar altmodische Werte wie Fleiß, Ehrgeiz und Disziplin; die anderen vertrauen auf vermeintlich gottgegebene Eigenschaften wie Talent und Charisma; wieder andere bauen auf den Wert von Netzwerken, Glück oder Zufall. Und nun kommen die Praktiker und sagen: Vergesst das alles, Scheitern ist der wahre Weg zum Erfolg?

Was für ein Missverständnis!

Das Kalkül hinter dem Kult um die Karriere-Katastrophe hat durchaus noch Charme. Eine gefloppte Geschäftsidee im Lebenslauf ist kein Malus, sondern ein Bonus. Sie haftet dem Betroffenen nicht ein Leben lang als Makel an, sondern ziert ihn vielmehr wie ein Verdienstorden.

Einige CEOs, so berichten amerikanische Medien, stehen Bewerbern, die ohne Misserfolge durch Studium und Karriere geschwebt sind, inzwischen sogar skeptisch gegenüber. Deshalb gehört die Aufforderung „Erzähl mir von deinem größten Fehlschlag!“ mittlerweile zum Standardrepertoire im Vorstellungsgespräch. Wer einmal eine Niederlage erlitten hat, wird die gleichen Fehler bestimmt nicht noch mal machen – und ist deshalb umso wertvoller für das Unternehmen.

Das Leben und die Karriere, sie sind unter dieser Prämisse wie ein Computerspiel. Wer scheitert, der startet einfach wieder von Neuem. Im schlimmsten Fall als unbeschriebenes Blatt, im besten als wandelnde Enzyklopädie der Fehltritte, die beim nächsten Versuch vermieden werden.

Scheitern hat sich in den vergangenen Jahren zu einem echten Kult entwickelt. Ein Kult, der sich wunderbar in Büchern und Vorträgen vermarkten lässt – wobei sich dort, welch hübsche Pointe, meist jene Menschen äußern, die nach allgemeinen Maßstäben bereits erfolgreich sind.

Sie alle vermitteln den Eindruck, dass Scheitern nicht zwangsläufig etwas Schlechtes ist, im Gegenteil; dass es in vielen Fällen überaus wertvolle Lektionen bereithält, selbst wenn der Betroffene die erst auf den zweiten Blick erkennt. Weine nicht, weil es schiefging, predigen die Aposteln der Niederlage, sondern lächle, weil du es versucht hast.

Von wegen.

Denn wahr ist eben auch: Über all den positiven Folgen des Scheiterns werden die negativen Seiten gerne vernachlässigt. Die Grenze zwischen Idealisierung und Hypnotisierung ist an dieser Stelle schmal.

Scheitern ist deprimierend, verletzend, erniedrigend

„Im Moment gilt das Scheitern als enorm populär“, sagt zum Beispiel Holger Patzelt, Professor am Lehrstuhl für Unternehmertum an der Technischen Universität München, „darüber vernachlässigt man aber, dass dahinter eine sehr schmerzhafte Erfahrung steht.“ Es ist für die meisten Betroffenen eben erst mal keine Erlösung, sondern deprimierend, verletzend und erniedrigend.

Auch der deutschstämmige Starinvestor Peter Thiel, der vor allem wegen seiner Risikobereitschaft Unternehmen wie PayPal gründete und zum Milliardär wurde, warnt vor der Flop-Falle. Vielmehr sei Scheitern „immer schlecht“, sagte er dem „Stern“ im Januar 2015: „Es kostet Motivation, es verunsichert.“ Wenn das mal alles wäre.

Denn tatsächlich gibt es eine Reihe von Studien, die die Jünger des Scheiterkults gerne ignorieren. Paul Gompers von der Harvard Business School zum Beispiel analysierte für eine Studie die Bilanz von Serienunternehmern, die von Risikokapitalgebern finanziert wurden. Er betrachtete Gründungen aus den Jahren 1975 bis 2000, ihren Erfolg versuchte er durch einen geglückten Börsengang oder profitablen Verkauf des Unternehmens zu messen.

Gompers Berechnungen zeigen zum einen eine Erfolgschance für Erstgründer von rund 20 Prozent. Außerdem weisen sie nur einen kleinen Lerneffekt nach. Demnach haben Gründer eine marginal höhere Erfolgschance von rund 22 Prozent, wenn sie zuvor bereits mit einem Unternehmen gescheitert sind. Doch wer bereits beim ersten Mal reüssierte, hat bei darauffolgenden Versuchen immerhin eine signifikant höhere Chance von 30 Prozent.

Wenn es beim ersten Mal klappte, steigt womöglich die Reputation bei Investoren – oder der Gründer hat schlichtweg die bessere Idee. Holger Patzelt von der TU München erforscht das Scheitern im Wirtschaftsleben seit vielen Jahren. In dieser Zeit saßen ihm viele Gründer gegenüber, deren Träume zerplatzt sind. „Die manchmal transportierte Haltung, das Scheitern sei toll, ist völliger Blödsinn “, sagt Patzelt, „fragen Sie doch mal jemanden, der gerade Insolvenz angemeldet hat.“

Wer die entsprechenden Antworten sucht, muss mit Attila von Unruh sprechen. In einem der größten Brauhäuser von Köln ist an einem lauen Spätsommerabend jeder Tisch belegt. Draußen wird gelacht und angestoßen, die lebenslustigen Geräusche schallen zwei Stockwerke höher in einen großen Saal. Dort sitzen 20 Menschen auf Stühlen in einem Kreis. Frauen und Männer, die meisten älter als 50. Sie reden und gestikulieren, manchmal aufgebracht und emotional, manchmal stockend und verschämt.

Manche haben mehrere Monate gebraucht, bis sie sich hierher getraut haben. Und das, obwohl der Gesprächskreis anonym ist. Doch die Schamgefühle haben die meisten genauso verinnerlicht wie das ständige Vertuschen, Verharmlosen, Schönreden. Die Anwesenden haben eine Sache gemeinsam: Sie sind gescheitert. Als Unternehmer, Arbeitgeber oder Firmennachfolger – und stehen vor, mitten in oder kurz hinter einer Insolvenz. Wenn sie hier sitzen, haben viele schon eine der größten Hürden hinter sich: sich selbst einzugestehen, Hilfe zu brauchen.

So wie der Kölner Autohändler. Bis zu seinem ersten Abend bei den Anonymen Insolvenzlern führte er monatelang ein Doppelleben. Die Mitgliedschaft im Golfclub behielt er genauso bei wie die regelmäßigen Geschenke für seine Frau. Damit die Freunde nichts bemerkten, gab er weiterhin pompöse Partys, alles auf Kredit. Seine Frau wusste nichts von den steigenden Schulden. Eines Tages spazierten die beiden durch die Fußgängerzone, als er unerwartet auf einen Gläubiger traf. Als der ihn fragte, wann das Geld endlich komme, brach das Kartenhaus zusammen.

Genau wegen solcher Geschichten ist niemandem nach Scherzen zumute, wenn die Anwesenden darüber sprechen, wie man den Mitarbeitern am schonendsten beibringt, dass sie bald nicht mehr kommen können; es lacht niemand, wenn mal wieder jemand berichtet, wie die Familie an der Insolvenz zerbricht. „Die meisten Teilnehmer kämpfen mit einem zerstörten Selbstbild“, erzählt von Unruh später. „Sie fragen sich: Wer bin ich, wenn ich nicht mehr die Unternehmerin oder der Chef bin?“

Attila von Unruh war 44 Jahre alt, als er scheiterte. Jahrelang organisierte er mit seiner Agentur Veranstaltungen für Brauereien, dann gab er das Unternehmen ab. Als sein Nachfolger im Jahr darauf eine große Tournee plante und das teure Projekt floppte, musste er als Gesellschafter mithaften. Die Summe, die er zu zahlen hatte, war so hoch, dass er Insolvenz anmelden musste. Doch anstatt sich seinem Schicksal alleine hinzugeben, suchte von Unruh nach Gleichgesinnten. Als er keine fand, gründete er die erste anonyme Selbsthilfegruppe für Insolvenzler. Beim ersten Treffen waren sie zu dritt. Mittlerweile haben mehr als 13.500 Menschen in den Stuhlkreisen gesessen, es gibt Gesprächskreise in 15 Städten.

Dort begegnen sich meist jene, die sich als echte Unternehmertypen verstehen, egal, ob gescheitert oder nicht. „Viele wollen wieder etwas gründen, die können sich gar nicht vorstellen, irgendwo angestellt zu sein“, sagt von Unruh. Doch wer einmal gescheitert ist, darf nicht so einfach wieder gründen. Denn der Insolvenzverwalter kann die selbstständige Tätigkeit während des Verfahrens verbieten. So sind die Betroffenen unter Umständen jahrelang für die erneute Selbstständigkeit gesperrt.

Auch von Unruh selbst wollte mit seinen Erfahrungen anschließend als Coach arbeiten. Sein Insolvenzverwalter verbot es ihm. Erst als er ihm erklärte, dass sein neues Vorhaben nicht viel Kapital braucht, durfte er sich wieder selbstständig machen.

Von Unruh ist selbst das beste Beispiel: Ob man aus dem Scheitern lernt, wird auch dadurch bestimmt, wie der Einzelne den Rückschlag verarbeitet. Zusammen mit amerikanischen Kollegen untersuchte Holger Patzelt, wie sich berufliche Niederlagen auf den einzelnen Menschen auswirken. Dazu befragten die Autoren mehr als 500 Wissenschaftler in Forschungsinstituten zu ihren Erfahrungen mit gefloppten Projekten – und entdeckten drei typische Bewältigungsstrategien.

Verschiedene Strategien

Ein Teil der Befragten stürzte sich nach einem Fehlschlag gleich in die Aufarbeitung und damit in eine emotional fordernde Situation. Ein anderer Teil versuchte zunächst, sich möglichst wenig mit dem Fehlschlag zu beschäftigen, um sich von den negativen Gefühlen abzuschotten.

Beide Strategien hatten Vor- und Nachteile. Am sinnvollsten war jedoch die dritte Strategie, ein Wechsel zwischen beiden Methoden. Also: die negativen Gefühle zulassen, aber sich emotional nicht zu stark zu belasten und nach vorne zu blicken. „Wut und andere negative Emotionen muss man erst verarbeiten, bevor man wieder einen klaren Gedanken fassen kann“, sagt Patzelt, „aus dem Scheitern zu lernen braucht deshalb Zeit, das passiert nicht von heute auf morgen.“

Diese Botschaft wollen auch die sogenannten Fuckup Nights vermitteln. Deren Konzept ist schnell erklärt: Unternehmer, Gründer oder Selbstständige stellen sich auf eine Bühne, nehmen ein Mikrofon in die Hand und erzählen freimütig, was bei ihnen so richtig schiefgelaufen ist.

In Düsseldorf bittet ein neues Format gescheiterte Gründer auf die Bühne. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch wichtig für eine Start Up-Szene, die die Möglichkeit zu Scheitern meistens totschweigt.
von Timo Stukenberg

Das Scheitern als Teilnahmebedingung war ursprünglich nicht der Plan der fünf Gründer aus Mexiko-Stadt. Als sie im Jahr 2012 über ein paar Kaltgetränken ihre schlimmsten Niederlagen diskutierten, wollten sie sich noch gegenseitig Trost spenden. Mittlerweile kokettieren gescheiterte Gründer und Angestellte in mehr als 150 Städten weltweit mit Geschichten ihrer Fehlschläge. Es gibt Fuckup Nights für Unternehmen, die Gründer sammeln die Fail-Geschichten in einem privaten Forschungsinstitut. „Wir wollen die kulturelle Akzeptanz von Scheitern erhöhen“, sagt Yannick Kwik, der die internationale Expansion koordiniert, „denn man muss zu seinen Fehlern stehen, um daraus zu lernen.“ Die Idealisierung der Flops geht allerdings auch den Machern der Veranstaltung zu weit. Nach einem Fehlschlag niedergeschlagen und pleite zu sein sei natürlich nicht gut. „Wenn du das Scheitern verhindern kannst“, sagt Kwik, „dann verhindere es.“

Auch Forscher Patzelt will gar nicht abstreiten, dass mit genügend Abstand durchaus Positives aus einer Niederlage entstehen kann. Doch die beinahe kultisch anmutende Verehrung der Flops lebt vor allem vom unbedingten Glauben an den Lerneffekt des Scheiterns. Was die Fail-Fast-Unternehmer darüber aber oft vergessen: Eine solche Garantie gibt es nicht.

Das zeigt auch eine Studie des Managementforschers J.P. Eggers von der Stern School of Business der New-York-Universität. Gemeinsam mit seiner Kollegin Lin Song untersuchte er eine Stichprobe von rund 250 Unternehmern aus der Region um die chinesische Hauptstadt Peking. Die Teilnehmer mussten Fragen zu ihren unternehmerischen Entscheidungen im Angesicht des Scheiterns beantworten. In ihrer Analyse bemerkten Eggers und Song einen wichtigen Unterschied. Zwar gab es Gründer, die sich vom ersten Flop nicht irritieren ließen und einen zweiten Anlauf wagten. Weil sie aber die Ursachen für den vorangegangenen Misserfolg nicht bei sich selbst suchten, sondern auf äußere Umstände schoben, wechselten sie für eine neue Geschäftsidee die Branche. Dort jedoch war das beim ersten Versuch gesammelte Wissen größtenteils nutzlos – und senkte die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg im zweiten Anlauf. Umgekehrt, so schreiben die Autoren, sind jene Unternehmer, die nach einem Flop den zweiten Anlauf in derselben Branche starten, beim zweiten Mal eher erfolgreich.

Warum Gründer im Nebenerwerb starten

Statt ein Glorifizieren des Scheiterns braucht Deutschland also einen erwachsenen, abgeklärten Umgang mit dem Scheitern. Dazu gehören vor allem drei Aspekte: Reflexion, Verantwortung und Offenheit. Wer sich direkt ins nächste Projekt stürzt, der verpasst wichtige Lektionen. Wenn die ersten negativen Emotionen verarbeitet sind, kann die Aufarbeitung beginnen. Welche Fehler sind passiert – und wie will man die künftig vermeiden?

Leider ist es menschlich, die Verantwortung überall zu suchen – nur nicht bei sich selbst. Mitarbeitern, Chefs oder Investoren die Schuld zu geben mag anfangs bei der Bewältigung helfen, lernen lässt sich daraus nichts. Sinnvoller ist es, die Verantwortung zu übernehmen. Dann fällt eher auf, was beim nächsten Mal besser laufen kann. Und das sollte es – vor allem in Deutschland.

Andreas Kuckertz, Professor an der Universität Hohenheim, hat in seinen Studien festgestellt, wie empfindlich die Deutschen bisweilen auf Scheitern reagieren. Demnach sind Gründe, für die die Betroffenen nichts können (Krankheit, Wirtschaftslage), in der Bevölkerung zwar weitgehend akzeptiert. Persönliche Ursachen hingegen (Motto: „Ich wollte einfach mal etwas ausprobieren“) werden hingegen eher stigmatisiert. Wer scheitert, sollte sich also gut überlegen, ob und wie er seinen Fehlschlag kommuniziert – und im Zweifel schweigen. Denn gerade in Deutschland ist die Haltung gegenüber den unternehmerisch Gescheiterten noch abweisend.

Warum die Deutschen gründen

Kuckertz befragte für eine aktuelle Studie rund 2000 Deutsche. Mehr als 40 Prozent stimmten der Aussage zu, man sollte kein Unternehmen gründen, wenn das Risiko des Scheiterns besteht – ohne diese Gefahr dürfte allerdings noch kein Unternehmen entstanden sein. Ein ähnlich großer Teil der Befragten gab zu, beim Bestellen von Waren Vorbehalte gegenüber einem bereits gescheiterten Gründer zu haben.

Für unternehmerisches Handeln sei das ein denkbar schlechtes Umfeld, sagt Kuckertz. Trotzdem dürfe er nicht zum Selbstzweck verkommen. Erstrebenswert sei keine Kultur des Scheiterns, sondern eine Unternehmerkultur, in der es erwünscht und wichtig sei, Neues auszuprobieren und auch Raum dafür einzuräumen, wenn es mal schiefgeht. „Das Scheitern jedoch auf den Thron zu heben und es als notwendig zu erachten“, sagt Kuckertz, „das ist falsch.“

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