Karriereleiter Wenn die Weihnachtsfeier zum Karriere-Killer wird

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Die goldenen Weihnachtsfeier-Faustregeln

Die studentische Aushilfe und Macker Emre (22) aus der Werkstatt, der, um der Junior-Betreuerin Bettina (29) aus dem Büro zu gefallen, nach vier Bier an Ort und Stelle per SMS mit seiner Freundin Schluss macht: „Hier guck, Betti. Ich bin jetzt Single.“

Die Disponentin Tanja (38), die ihrer Vorgesetzten gerade noch berichten kann: „Ich hasse meinen Job. Ich hasse diese verdammte Scheißfirma von ganzem Herzen.“

Junior-Manager Clemens (29), der seine Bürokollegin Roswitha (36) betrunken auf die Schultern nimmt und sie versehentlich an der ersten Tür mit ihrem Gesicht am Rahmen abstreift.

Die zehn Knigge-Basics für alle Fälle
Niesen Quelle: dpa
Anrufen Quelle: dpa
Telefonieren Quelle: dpa-Zentralbild
Unangekündigter BesuchAuch wenn es manchen als spontan und nett erscheinen mag. Unangekündigte Besuche sollte man vermeiden um den Gastgeber nicht zu einer ungelegenen Zeit zu stören, empfiehlt Knigge-Expertin Tosca Freifrau von Korff. Ein Anruf, 30-45 Minuten vorher hilft um zu klären, ob ein kurzfristiger Besuch möglich ist. Quelle: fotolia
Dresscode Quelle: Fotolia
Sprechen Quelle: Fotolia
Lästern Quelle: Fotolia

Der blasse Erbsenzähler Udo aus dem Controlling (32), der seinem Ruf als Schreibtischhengst entgegen wirken will, in dem er in großer Runde Fotos zeigt von Frauen, mit denen er in den vergangenen Sommerurlauben seine Gattin betrogen hat.

Da ist der Pförtner Klaus (61), der sich ringsum verabschiedet, indem er auf die Tische klopft und ruft „Heil Hitler und gute Nacht.“

Nadine (24), die neue Assistentin des Marketing-Chefs Moritz (42), die gegen Ende der großen Weihnachtsfeier im Hotelsaal auf dem Zimmer zum Einstand von einer sturzbetrunkenen Horde von Kollegen ihre Minibar plündern lässt und postuliert: „Ihr wollt doch nur, dass ich strippe“ und sich danach am Montag von ihrem Chef bei ihrem überraschend angesetzten Abschiedsgespräch Handyvideos von ihrem Tanz in Unterwäsche vorführen lassen muss.

Und extrem Ekelfesten unter Ihnen erspare ich auch nicht das folgende Erlebnis (wenn Sie gerade essen, springen Sie beim Lesen bitte zum nächsten Absatz): Der Azubi Janni (20) aus der Verwaltung, der am Rande der Tanzfläche auf der Riesenfeier des Konzerns felsenfest, wenn auch lallend wettet: „Das da auf dem Lounge-Sessel ist niemals Kotze. Das ist Baileys“ - und der erst nach einer persönlichen Geschmacksprobe von seiner Fingerspitze erschüttert einräumen muss: Wette verloren. (Ich habe Sie gewarnt.)

Ich kenne aber keine Weihnachtsfeier-Anekdote, die jemand von sich selber erzählt. Im Mittelpunkt der Knallerstorys stehen immer andere. Und seinen eigenen Namen hört man nie. Die Anekdoten kursieren zwar über einen. Aber auch immer um großen Bogen um einen herum. Was für ein verstörendes Gefühl von Unsicherheit, wenn die Bürokollegin fragt: „Weißt du es nicht mehr?“ Und dann lieber schweigt.

Im schlimmsten Fall klärt das dann die Chefin, der Chef oder die Personalabteilung mit einem persönlich. Rausschmisse nach Partyexzessen im Kollegenkreis mögen die Ausnahme sein. Aber Abmahnungen deswegen sind keine Seltenheit. Wer als seine private Seite regelrechte Charakterschwächen offenbart, dessen Karriere kann eine Bruchlandung hinlegen, bevor er auch nur „schöne Bescherung“ sagen kann.

Deshalb die goldenen Weihnachtsfeier-Faustregeln:
a. Nicht zu viel Alkohol! Und wenn doch:
b. die Anderen nicht anfassen
c. vorher überlegen, wem man am Abend das Du anbieten will
d. keine privaten Sex-Beichten in großer Runde, nur um das Eis zu brechen
e. nicht ausgerechnet jetzt der beste Freund vom Chef werden wollen
f. keine Wutreden, die endlich mal raus müssen
g. Bierflaschen nicht mit den Zähnen öffnen

Einer meiner Kollegen handelt hier vorbildlich professionell. Seit Jahren trinkt er an Weihnachtsfeiern nicht einen Tropfen Alkohol. Um standhaft zu bleiben, kommt er mit dem Auto. So ist er seit Menschengedenken verlässliches Anekdoten-Archiv und kommt selber auf keinen Fall drin vor.

Und wenn er einem gewogen ist, dann plaudert er die Tage drauf unter vier oder sechs Augen aus dem Nähkästchen. Und wenn er auf die Frage „mal ehrlich: Was hab ich deiner Meinung nach Peinliches gemacht?“ nur schmunzelnd schweigt, dann ist Weihnachten gelaufen.

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