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Unterhalterinnen und Redner, hier Peer Steinbrück, sollten Metaphern in ihren Vorträgen genau durchdacht haben. Sonst bleibt die Aussage ungenau. Quelle: dpa

Rhetorik-Wunderwaffe Metapher: 5 Tipps für das perfekte Gleichnis

Mit Metaphern flößen Sie Ihren Zuhörern Ihren Standpunkt ein wie warme Honigmilch. Das Publikum wird am Ende nur noch sagen können: Ja! Aber das Gleichnis muss perfekt sitzen. Sonst erzeugen Sie Zweifel. So klappt’s.

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Wenn Sie bis hierher gelesen haben, dann haben Sie schon die erste Metapher aufgesogen. Einen Standpunkt wohlig einflößen wie warme Honigmilch. Genauso hätte ich schreiben können: Mit der Metapher vermitteln Sie Ihren Zuhörern Ihren Standpunkt auf eine leicht verständliche, schnell einleuchtende Weise. Aber was genau ist der Vorteil von leicht verständlich und schnell einleuchtend?

Die Metapher liefert die Antwort direkt mit: Der Standpunkt läuft wohlig rein. Ohne langes Kauen (Grübeln) und Schlucken (Standpunkt bewusst zustimmen). Wenn etwas wohlig reinläuft, so wie warme Honigmilch, dann fühlt sich das beim Zuhörer gut an. Das können Sie als Leser gut nachvollziehen. Und denken sich: Das will ich gerne lernen.

Damit hat die Metapher ihren Job schon erfüllt. Sie sind interessiert, lesen weiter und geben mir damit die Chance, mein Anliegen vorzutragen. Bei einer Metapher, also einem Gleichnis, wird ein Wort oder eine Formulierung vom eigentlichen Bedeutungszusammenhang in einen neuen übertragen.

Beispiel: „Du bist der Hauptgewinn für unsere Firma.“ Das ist ein tolles Kompliment. Es bedeutet ja: Wir haben Glück gehabt, denn eine bessere Kollegin als dich hätten wir nicht finden können.“ All das steckt im Wort Hauptgewinn. Wir müssen es nicht dazusagen. Denn aus der Welt der Tombolas, Preisausschreiben und Lotterien haben wir das alle verinnerlicht. Und müssen darüber nicht nachdenken. Der Reiz des Gleichnisses ist genau das: Statt den neuen Sachverhalt lange zu erklären, nehmen wir als Redner einfach einen altbekannten Sachverhalt und erklären ihn für das Gleiche.

Und damit sind wir beim ersten Entwicklungsschritt auf dem Weg zur perfekten Metapher:

1. Suchen Sie sich einen erklärungsbedürftigen Aspekt aus

Ich kann es nicht oft genug sagen: Wenn wir vor anderen reden, dann tun wir das ja nur für einen einzigen Zweck. Wir wollen von unserem Standpunkt überzeugen. Das Gleichnis ist dabei Ihr bester Freund. Alles was neu, unbekannt und unverstanden ist, also alles, an das die Zuhörer noch keinen gedanklichen Haken gemacht haben, zu dem sie sich noch keine Meinung gebildet haben oder die Meinung noch nicht gefestigt ist, ruft nach einem Gleichnis. Denn Ihr Publikum sitzt da und fragt sich: Was soll ich davon halten?

Sie können ausnahmslos jede Konstellation mit einem Gleichnis erklären. Vom Geschmack von Nimm2 („wie Fanta in hart“) bis hin zu Kündigungswellen („Es ist doch besser, wir halten das Boot mit weniger Menschen drin über Wasser, als mit allen gemeinsam unterzugehen.“)

2. Denken Sie: „Das ist genauso, wie…“

Wenn Sie eine komplizierte Konstellation ausgesucht haben, die nach einem Gleichnis schreit, dann sprechen Sie den entscheidenden Aspekt aus und sagen dann als Formulierhilfe: „Das ist genauso, wie…“ Hier dockt dann Ihr Gleichnis an, das hieb- und stichfest sein muss. „Nur weil wir mit diesem Projekt einmal gescheitert sind, sollen wir es jetzt nicht mehr probieren? Das ist genauso, wie hinzufallen, wenn du als Kind zum ersten Mal Fahrrad fährst und es deshalb danach nie mehr versucht hättest.“

Weil Sie sicher sein können, dass alle von uns einmal mit dem Fahrrad hingeplumpst sind, und es danach natürlich weiter probiert haben, zeigt das Gleichnis überzeugend, wie abwegig es ist, nach einem ersten Misserfolg sofort aufzugeben, wenn man etwas erreichen will. Ohne in die komplizierten Details des Projekts eintauchen zu müssen, wird hier Ihre Haltung zum Thema Scheitern klar.

3. Der Vergleich darf niemals offensichtlich hinken

Gleichnisse gehen so schön ins Blut, dass man als Empfänger der Botschaft sich nicht dagegen wehren kann, dahinzuschmelzen und Ihnen Recht zu geben. Weil es ja so herrlich bekömmlich ist:
a) Die komplizierte Gemengelage lässt sich vergleichen mit einer anderen einfach verständlichen.
b) Die einfache Gemengelage leuchtet sofort ein.

Ergebnis: Das Gleichnis bekräftigt Ihren Standpunkt. Man hat einfach keine Lust, diese wunderbar warme Honigmilch auszuschlagen. Wer Ihnen da widersprechen will, muss schnell schalten und aufwendig nachdenken:
a) Der Vergleich könnte hinken oder
b) das hinzugezogene Beispiel könnte erst recht belegen, dass Sie falsch liegen.

Geben Sie also keinen Anlass für Skepsis. Das Gleichnis muss unbedingt perfekt passen. Dazu darf der Vergleich zu allererst auf keinen Fall hinken. Denn wenn Ihr Gegenüber denkt: „Hä? Das ist doch was ganz anderes“, dann schwächen Sie Ihre Position.

Beispiel: „Sie meinen also, wegen der Trinkwasserknappheit etwa in Spanien müssen wir in Deutschland Wasser sparen. Das ist allerdings so, als wenn Sie weniger essen, weil ich zu dick bin.“

Ist das ein gutes Gleichnis? Zunächst einmal: Bei der neu hinzugezogenen witzigen Geschichte von einem, der weniger isst, weil ein anderer zu dick ist, leuchtet die Untauglichkeit des Bemühens sofort ein. Denn es handelt sich um zwei unabhängig voneinander laufende Verdauungssysteme. Zwei unabhängige Ressourcenverbraucher sozusagen. Das passt zur ursprünglichen Konstellation: Wasserverbraucher Deutschland und Wasserverbraucher Spanien.

Aber beim Thema Wasser geht es ja ums Sparen zugunsten eines anderen, der zu wenig hat. Was nach Ihrem Dafürhalten nicht funktioniert, weil die Wassersysteme Deutschland und Spanien nicht zusammenhängen. Beim Essens-Vergleich aber soll ja das Sparen an Kalorien dem anderen nicht deshalb zugutekommen, indem der vom Ersparten mehr abbekommt. Sondern hier soll ein schädlicher Überkonsum durch Sparen an anderer Stelle ausgeglichen werden (was freilich nicht funktioniert). Das ist nicht das Gleiche. Der Vergleich würde passen, wenn es darum ginge, dass Spanien künftig Wasser spart, damit Deutschland weiter schadlos mehr Wasser verbrauchen kann, als es eigentlich benötigt. Aber darum geht es nicht.

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Neuer Versuch: „Das ist so, als wenn Sie länger schlafen, damit ich nicht so müde bin.“ Auch dieses Gleichnis ist ganz unterhaltsam, passt aber nicht optimal. Denn hier soll ja nichts gespart werden (wie beim Wasser). Sondern hier wird eine Ressource (Zeit) investiert, um beim anderen einen Mangel (Schlaf) zu kompensieren. Im besten Fall fällt das hinkende Beispiel keinem auf. Aber unschlagbar einleuchtend ist es nicht. Damit verpufft es. Sie riskieren sogar, dass Ihre Zuhörer stutzen, länger nachdenken, nicht mehr zuhören und im dümmsten Fall zum Ergebnis kommen: „Der Vergleich passt doch gar nicht.“

„Das ist so, als würden Sie zum Arzt gehen, weil ich die Grippe habe.“ Hier wird zwar nicht auf Ressourcenverbrauch abgestellt, aber auf das Herumdoktern in einem System in der Hoffnung, dass ein davon unabhängiges System profitiert. Und es ist auf den ersten Blick klar, dass das sinnlos ist. Passt.

Das perfekte Gleichnis zu kreieren, kostet mitunter Zeit und Energie. Aber es lohnt, sich das Hirn zu zermartern, damit die Zuhörer später den Honigmilch-Effekt genießen können. Zu Ihren Gunsten.

4. Das Gleichnis muss aus der Welt der Zuhörer stammen

„Sie investieren 100.000 Euro und erwarten, dass Sie in fünf Jahren eine Million rausbekommen. Das ist so, als wenn Sie an einen Flaschenzug mit drei tragenden Seilen einen eine Tonne schweren Betonklotz dranhängen und meinen, Sie könnten den mit einem Gegengewicht von einem Kilo anheben.“

Ja, und? Würde das gehen? In den allermeisten Fällen wird das keiner im Publikum beurteilen können. Die Metapher macht alles noch komplizierter. Wählen Sie also Gleichnisse, über die die Zuhörer sofort sagen: Kenne ich, sehe ich auch so, ich stimme zu. Das hat gleich besonders viel Charme. Weil Sie damit zeigen, dass Sie sich in die Welt der anderen hineindenken können.

5. Das Gleichnis muss Ihren Standpunkt stützen

„Ich halte das Risiko für akzeptabel. Wir steigen ja auch ohne Fallschirm in den Urlaubsflieger.“ Damit riskieren Sie, dass einige denken: Ja, leider. Mit Fallschirm wäre mir lieber. Gehen Sie sicher, dass Ihnen praktisch jeder zustimmt.

Welche Konstellation braucht ein leicht verdauliches Pendant aus der gelernten Alltagswelt? Suchen Sie dann nach Parallelen aus dem Vertrauten. Achten Sie auf die Knackpunkte. Diese müssen sich eins zu eins im Gleichnis wiederfinden. Greifen Sie auf die Erlebniswelt der Zuhörer zurück. Und sorgen Sie dafür, dass keiner innerlich abwinkt, sondern dass alle sagen: Jetzt, wo Sie es damit vergleichen, stimme ich Ihnen zu. Ich kann ja gar nicht anders.

Zum Beispiel: „Ich halte das Risiko für akzeptabel. Wir setzen uns ja auch ohne Sturzhelm in die U-Bahn.“

Und wenn Sie Zweifel haben: Fragen Sie vorab andere: Überzeugt dich das Gleichnis? Das macht sogar richtig Spaß. Viel Erfolg.

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