Karriereleiter Wenn die Weihnachtsfeier zum Karriere-Killer wird

Weihnachtsfeier: Diese Fehler können Ihre Karriere gefährden Quelle: dpa

Die Firmenweihnachtsfeier sehen viele als Chance, sich Chef und Kollegen einmal von ihrer privaten Seite zu zeigen. Ein Fehler, wie diese Anekdoten zeigen.

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Wer hatte eigentlich ganz am Anfang den Einfall, dass Firmenweihnachtsfeiern zu etwas gut sind? Dieser Mensch muss Gastronom gewesen sein. Restaurants profitieren vom Firmenweihnachtsfeier-Trend wie verrückt.

Aber wer profitiert sonst? Na gut, okay: Tausende Personalabteilungen können jubeln. Denn wer weiß, wozu man die Peinlichkeiten irgendwann noch mal gebrauchen kann? Weihnachtsfeiern machen uns in Zukunft erpressbar.

„Chef, ich würde mit Ihnen gerne über mehr Gehalt sprechen. Äh - ist das so witzig?“

„Nein, entschuldigen Sie, Frau Stapper, aber immer wenn ich Sie sehe, muss ich lachen. Für mich sind und bleiben Sie Miss Weihnachtsfeier 2017. Zu schade, dass Sie sich nicht mehr erinnern können. Aber gucken Sie mal in Ihre Personalakte. Liest sich herrlich!“

Was Mitarbeiter vor der Feier wissen sollten
Muss ich unbedingt zur Weihnachtsfeier? Quelle: dpa
Weihnachtsgeschenke Quelle: dpa
Nicht-Christ Quelle: dpa
Manieren Quelle: AP
duzen oder siezen Quelle: dpa
Darf ich meinen Vorgesetzten duzen? Quelle: REUTERS
Mit wem sollte ich sprechen?Sprechen Sie auch mal mit Kollegen, die Sie nicht so gut kennen. Jetzt haben Sie Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen. Meiden Sie jedoch prekäre Themen wie Krankheiten, Geld und Religion. Die könnten die feierliche Stimmung verderben. Quelle: Fotolia

Wie kommt es, dass wir die Risiken von Firmenweihnachtsfeiern nicht wittern? Macht uns das Fest der Nächstenliebe leichtgläubig? Ich denke nein. Die meisten sind da abgebrüht. Neulich sagte mir ein Freund: „Nächste Woche Donnerstag kann ich nicht. Da hab ich mit meinem Laden Weihnachtsfeier.“

„Hä? Übernächste Woche ist Pfingsten.“

„Ja, wir machen das immer im Frühling. Da kriegt man leichter Tische und es ist nicht so kalt beim Rauchen.“

Das ist ziemlich clever. Denn Feiern am Jahresende verführen zum Exzess. Weihnachtsfeiern läuten psychologisch betrachtet ja geradezu eine Endzeitstimmung ein: Danke für das zurück liegende Jahr, wir können stolz auf uns sein, der Erfolg der Firma ist unser gemeinsamer Erfolg, das wollen wir heute feiern. Mit anderen Worten: Es ist alles erledigt. Jetzt ist also eh alles egal. Das Büffet ist eröffnet. Prost!

Die Dos and Don‘ts auf der betrieblichen Weihnachtsfeier

Verlagerte man die Weihnachtsfeiern auf den Januar (es muss ja nicht gleich Pfingsten sein) und würde man die Feiern etwa „Startschuss 2018“ nennen, dann wären sie keine Bilanz, sondern ein Aufbruch. Kein Grund also für Alkoholvergiftungen. Teamgeist statt Rudelsaufen. Aber Teambuilding ist im christlichen Abendland für die meisten eben nicht Anlass zum Feiern genug.

Trotzdem werden viele Kollegen jetzt wohl erwidern: „Was laberst du, Mann? Natürlich schweißt so ´ne Party vor Weihnachten uns zusammen, Mann!“

Und in der Tat trägt die klassische deutsche Firmenweihnachtsfeier zum Teambuilding bei - allerdings per Kollateralschaden. Auf Kosten Einzelner. Das einigende Motto: Wir anderen sind uns doch alle einig, dass wir uns niemals so gehen lassen dürfen.

Diese Anekdoten-Lieferanten gelten dann zwar als die Stars der Weihnachtsfeier, als Ikonen des guten Betriebsklimas. Aber wer will schon, dass die Belegschaft über einen selbst als eine ihrer Ikonen redet wie: „Als Thomas am Glühweinstand dem Chef die Unterhose von hinten aus dem Anzug bis zum Rücken hoch gezogen hat, war das 2014 oder 2015?“

Oder so ähnlich. Aber seien wir ehrlich: Die Qualität einer Weihnachtsfeier wird am darauf folgenden Montag in der Kaffeeküche genau an diesen kleinen Fauxpas gemessen.

Die folgenden Geschichten passieren so und ähnlich im Dezember doch in allen Winkeln Deutschlands (und sind so - zum Schutz der Betroffenen abgewandelt - passiert, wie ich selber erlebt habe oder mir von Freunden und Kollegen habe berichten lassen):

Da sind der aufstrebende Kai (30) aus Sales und der alte Hase Norbert (55) aus dem Einkauf, der das moderne Uni-Gewäsch des Sales-Bengels schon seit Monaten nicht mehr ertragen kann, und den jungen Kollegen zur Feier des Tages in den Weihnachtsbaum schubst, was dieser mit einem gezielten Schlag auf die Nase des „reaktionären Opas“ quittiert, worauf der im Suff 110 anruft.

Da sind der Ressortleiter Jürgen (44) und die Personalchefin Judith (42), die sich nach Espresso mit Amaretto und diversen Grappas innig küssen, während ihre Partner zuhause auf die Kinder aufpassen.

Die Öko-Frau Ulla (36) aus der Presseabteilung mit ihren legendären hochgeschlossenen Strickpullis, die erst noch ruft „wieso glaubt mir keiner, dass ich Tattoos habe“ und vor dem Geschäftsführer ihr Sweatshirt bis zum Nacken hochzieht, um ihm den Tiger zu zeigen, den sie sich vergangenen Herbst auf Ko Samui über das Arschgeweih hat stechen lassen.

Die goldenen Weihnachtsfeier-Faustregeln

Die studentische Aushilfe und Macker Emre (22) aus der Werkstatt, der, um der Junior-Betreuerin Bettina (29) aus dem Büro zu gefallen, nach vier Bier an Ort und Stelle per SMS mit seiner Freundin Schluss macht: „Hier guck, Betti. Ich bin jetzt Single.“

Die Disponentin Tanja (38), die ihrer Vorgesetzten gerade noch berichten kann: „Ich hasse meinen Job. Ich hasse diese verdammte Scheißfirma von ganzem Herzen.“

Junior-Manager Clemens (29), der seine Bürokollegin Roswitha (36) betrunken auf die Schultern nimmt und sie versehentlich an der ersten Tür mit ihrem Gesicht am Rahmen abstreift.

Die zehn Knigge-Basics für alle Fälle
Niesen Quelle: dpa
Anrufen Quelle: dpa
Telefonieren Quelle: dpa-Zentralbild
Unangekündigter BesuchAuch wenn es manchen als spontan und nett erscheinen mag. Unangekündigte Besuche sollte man vermeiden um den Gastgeber nicht zu einer ungelegenen Zeit zu stören, empfiehlt Knigge-Expertin Tosca Freifrau von Korff. Ein Anruf, 30-45 Minuten vorher hilft um zu klären, ob ein kurzfristiger Besuch möglich ist. Quelle: fotolia
Dresscode Quelle: Fotolia
Sprechen Quelle: Fotolia
Lästern Quelle: Fotolia

Der blasse Erbsenzähler Udo aus dem Controlling (32), der seinem Ruf als Schreibtischhengst entgegen wirken will, in dem er in großer Runde Fotos zeigt von Frauen, mit denen er in den vergangenen Sommerurlauben seine Gattin betrogen hat.

Da ist der Pförtner Klaus (61), der sich ringsum verabschiedet, indem er auf die Tische klopft und ruft „Heil Hitler und gute Nacht.“

Nadine (24), die neue Assistentin des Marketing-Chefs Moritz (42), die gegen Ende der großen Weihnachtsfeier im Hotelsaal auf dem Zimmer zum Einstand von einer sturzbetrunkenen Horde von Kollegen ihre Minibar plündern lässt und postuliert: „Ihr wollt doch nur, dass ich strippe“ und sich danach am Montag von ihrem Chef bei ihrem überraschend angesetzten Abschiedsgespräch Handyvideos von ihrem Tanz in Unterwäsche vorführen lassen muss.

Und extrem Ekelfesten unter Ihnen erspare ich auch nicht das folgende Erlebnis (wenn Sie gerade essen, springen Sie beim Lesen bitte zum nächsten Absatz): Der Azubi Janni (20) aus der Verwaltung, der am Rande der Tanzfläche auf der Riesenfeier des Konzerns felsenfest, wenn auch lallend wettet: „Das da auf dem Lounge-Sessel ist niemals Kotze. Das ist Baileys“ - und der erst nach einer persönlichen Geschmacksprobe von seiner Fingerspitze erschüttert einräumen muss: Wette verloren. (Ich habe Sie gewarnt.)

Ich kenne aber keine Weihnachtsfeier-Anekdote, die jemand von sich selber erzählt. Im Mittelpunkt der Knallerstorys stehen immer andere. Und seinen eigenen Namen hört man nie. Die Anekdoten kursieren zwar über einen. Aber auch immer um großen Bogen um einen herum. Was für ein verstörendes Gefühl von Unsicherheit, wenn die Bürokollegin fragt: „Weißt du es nicht mehr?“ Und dann lieber schweigt.

Im schlimmsten Fall klärt das dann die Chefin, der Chef oder die Personalabteilung mit einem persönlich. Rausschmisse nach Partyexzessen im Kollegenkreis mögen die Ausnahme sein. Aber Abmahnungen deswegen sind keine Seltenheit. Wer als seine private Seite regelrechte Charakterschwächen offenbart, dessen Karriere kann eine Bruchlandung hinlegen, bevor er auch nur „schöne Bescherung“ sagen kann.

Deshalb die goldenen Weihnachtsfeier-Faustregeln:
a. Nicht zu viel Alkohol! Und wenn doch:
b. die Anderen nicht anfassen
c. vorher überlegen, wem man am Abend das Du anbieten will
d. keine privaten Sex-Beichten in großer Runde, nur um das Eis zu brechen
e. nicht ausgerechnet jetzt der beste Freund vom Chef werden wollen
f. keine Wutreden, die endlich mal raus müssen
g. Bierflaschen nicht mit den Zähnen öffnen

Einer meiner Kollegen handelt hier vorbildlich professionell. Seit Jahren trinkt er an Weihnachtsfeiern nicht einen Tropfen Alkohol. Um standhaft zu bleiben, kommt er mit dem Auto. So ist er seit Menschengedenken verlässliches Anekdoten-Archiv und kommt selber auf keinen Fall drin vor.

Und wenn er einem gewogen ist, dann plaudert er die Tage drauf unter vier oder sechs Augen aus dem Nähkästchen. Und wenn er auf die Frage „mal ehrlich: Was hab ich deiner Meinung nach Peinliches gemacht?“ nur schmunzelnd schweigt, dann ist Weihnachten gelaufen.

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