Kein Stress an Weihnachten! So starten Sie entspannt ins neue Jahr

In der Weihnachtszeit ist es oft schwierig, privates und berufliches unter einen Hut zu bekommen. Mit der richtigen Einstellung können Sie trotzdem entspannt bleiben. Quelle: IMAGO

Sind Sie gestresst? Gerade zu Jahresende überlasten Beruf, Familie und eigene Ansprüche viele Leute. Wie Sie sich mit der richtigen Herangehensweise trotzdem gut erholen, erklärt Psychologin Christine Syrek im Interview.

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Die Weihnachtszeit hat oft wenig mit der besinnlichen Stimmung gemein, die Filme, Musik und Geschichten vermitteln. Statt erholsamer Wohlfühlmomente steht bei den meisten Leuten ein Endspurt auf der Arbeit an, gefolgt von hektischer Geschenksuche und einem Familienbesuchs-Marathon an den Feiertagen. Das führt schnell zu Stress – dabei sehnen sich zwischen den Jahren viele nach Harmonie und einer schönen Zeit mit Familie und Freunden. Christine Syrek ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und forscht unter anderem zu Arbeitsstress und Erholung. Im Interview gibt sie Tipps, wie Stress zwischen den Jahren vermieden werden kann und sich die Weihnachtszeit trotz des üblichen Wahnsinns wirklich genießen lässt. 

WirtschaftsWoche: Was sind die größten Stressfaktoren in der Weihnachtszeit?
Christine Syrek: Der Zeitdruck vor Weihnachten ist gar nicht das Problem – wenn man alles schafft. Nehmen wir aber Aufgaben mit in die Weihnachtszeit, die wir gerne noch abgeschlossen hätten, ist das belastend. Die Gedanken kreisen dann oft um die unerledigten Dinge und verhindern, dass wir ganz abschalten können. Dadurch ist man zwar schneller drin, wenn man die Aufgabe wieder aufnimmt, aber das schadet natürlich der Erholung.

Wie sollte man mit diesen unerledigten Aufgaben umgehen?
Häufig bleibt zum Beispiel berufliche Arbeit liegen, die man vor den Feiertagen nicht mehr geschafft hat. Wen das wirklich beschäftigt, der sollte sich nochmal dransetzen und diese Dinge abschließen. Zumindest sollte man sich eine halbe Stunde nehmen und einen Plan machen, wann man was erledigen will. Der Plan sollte allerdings möglichst konkret und realistisch sein, damit man sich darauf verlassen kann, dass er wirklich umsetzbar ist. Es hilft sehr, wenn wir Aufgaben abschließen, oder wissen, wann und wie wir sie abschließen. Das führt zu einer gedanklichen Entlastung und man kann sich entspannen, anstatt sich dieser kontinuierlichen Belastung auszusetzen.

Viele Leute suchen sich aber auch aufgeschobene Dinge, um sie zwischen den Jahren zu erledigen. Welche Tipps haben Sie, dabei nicht in Stress zu geraten?
Auch dabei sollte man möglichst konkret planen und sich realistische Ziele setzen. Wenn man sich eine riesige Aufgabe vornimmt, besteht die Gefahr, dass letztendlich doch nur zwei Tage zwischen den Jahren wirklich zur freien Verfügung stehen und das Projekt in dieser Zeit gar nicht umsetzbar ist. Hat man ein Ziel, das man auch erfüllen kann und woran man gerne arbeitet, kann das ein gutes Gefühl sein. Wichtig ist, dass man sich nicht übernimmt und eine gute Balance zwischen Projekt und Entspannung schafft. Schließlich ist die Zeit zwischen den Jahren dazu da, inne zu halten und Kraft zu schöpfen, um sich nicht nur zu verausgaben. Die meisten Leute haben einen beruflichen Endspurt hinter sich und wissen, dass es im neuen Jahr genau so weitergeht.

Selbst wenn man sich keine Aufgaben vornimmt, kann besonders das Weihnachtsfest stressig werden. Wie schafft man es, die Bedürfnisse von Familie, Freunden und sich selbst zu vereinbaren?
Da gibt es leider kein Rezept für alle, das ist immer ein Balanceakt. Aus Forschungssicht ist ganz entscheidend, dass man sich genügend Spielraum schafft und sich nicht zwischen den verschiedenen Ansprüchen zerreißt. Man sollte sich überlegen, was einem wichtig ist, worauf man sich besonders freut und wo es Zeiträume gibt, in denen man etwas für die eigene Erholung tut. Für den einen ist es das Abendessen mit der ganzen Familie, für die andere der Spaziergang alleine. Wichtig ist auch, sich vor den Feiertagen Gedanken darüber zu machen, wie viele der Weihnachtsrituale man wirklich möchte und an welchen Stellen es zu viel wird. Oft sind auch die Erwartungen der Anderen nicht in Stein gemeißelt, deshalb sollte man darüber reden.

Manchmal ist der größte Stressfaktor auch der eigene Anspruch, für ein perfektes Fest zu sorgen. Wie schafft man es, mit sich nicht zu hart ins Gericht zu gehen?
Entscheidend ist, dass man sich auf das Wesentliche konzentriert und sich die Frage stellt, worum es überhaupt geht. Ist es wirklich wichtig, dass der Braten perfekt und alles super ordentlich ist, oder möchte man einfach eine gute Stimmung schaffen? Vielleicht reicht es ja, wenn alle glücklich und zufrieden sind – dann ist es nicht schlimm, wenn sich nicht jeder drei Mal Soße nachnehmen kann. Man sollte sich von den eigenen Ansprüchen so gut wie möglich lösen, wenn sie gar nicht essenziell sind. Manchmal gelingt das besser, wenn man aus der eigenen Perspektive heraustritt und sich überlegt, was man einem Freund raten würde, der sich in der eigenen Position befindet. 

Häufig sind wir aber schon vor dem eigentlichen Fest so gestresst, dass Kleinigkeiten den Ausschlag zur Überforderung geben. Wie kann das vermieden werden?
Das Gefühl auf dem Zahnfleisch zu gehen kommt, wenn wir uns nicht genügend Raum geben, um kurz zu entspannen. Deshalb sollte man schon vorher Erholungsinseln schaffen und sich etwas Zeit nehmen. Das muss nicht ein ganzes Wochenende sein, die Mittagspause, in der man 20 Minuten spazieren geht und nicht über die Arbeit redet, kann schon ausreichen. In Weihnachtsfilmen und Geschichten wird das ja immer vermittelt, aber im echten Leben rennt man von einer Weihnachtsfeier zur nächsten und besorgt zwischendrin noch ein paar Geschenke. Wir sollten auch darauf hören, was diese Zeit eigentlich vermittelt und sie nicht immer zwanghaft füllen, anstatt zur Ruhe zu kommen.

Viele Leute fassen sich über Weihnachten gute Vorsätze für das neue Jahr. Wie können solche Vorhaben möglichst stressfrei umgesetzt werden?
Gute Vorsätze sind erstmal etwas Schönes. Aber meistens werden sie nicht einmal eine Woche eingehalten. Wenn ich mir einen Vorsatz nehme, muss er für mich wirklich gut sein. Für die Umsetzung ist dann entscheidend, dass das Ziel konkret ist. Am wichtigsten ist aber, dass ich mir überlege, was mich am Durchhalten hindern könnte und wie das verhindert werden kann. Zum Beispiel ist ein häufiger Vorsatz, regelmäßig zu joggen. Das könnte am Wetter oder der Motivation scheitern. Wenn ich das vorher weiß, kann ich mir eine Regenjacke besorgen, oder einen Trainingspartner, mit dem ich zusammen laufe. Sind die Schwierigkeiten klar, lassen sich gute Vorsätze deutlich häufiger und besser umsetzen – dann machen sie glücklich anstatt zu belasten.

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