Kryptowährungen „Wenn sich Musk zum Bitcoin äußert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mehr Leute kaufen“

Das Logo der digitalen Währung Bitcoin ist immer häufiger auch in der analogen Welt sichtbar. Quelle: REUTERS

Die digitale Währung lockt mit neuen Höchstständen Spekulanten an. Ein Experte erklärt, wie der Preis entsteht, was Tweets des Tesla-Gründers Musk damit zu tun haben – und warum Bitcoin-Anleger starke Nerven brauchen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:


Philipp Schulden ist Head of Operations am Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management.

WirtschaftsWoche: Herr Schulden, der Bitcoin-Preis hat gerade die Marke von 50.000 Dollar. Was treibt den Preis derzeit?
Philipp Schulden: Die starke Nachfrage lässt sich nicht stichhaltig auf einen einzelnen Faktor zurückführen. Vielmehr ist das steigende Interesse die Summe mehrerer Einwicklungen. Hierzu gehören eine voranschreitende Regulierung von Krypto-Assets, die Ankündigung Paypals, den Bitcoin zukünftig als Zahlungsmittel akzeptieren zu wollen, Meldungen von Unternehmen, wie Tesla und Microstrategy, welche einen signifikanten Teil ihres Barbestands in Bitcoin tauschen sowie optimistische Kursvorhersagen von Großbanken.

Was bedeutet das für die Zukunft?
Dies alles lässt institutionelle sowie private Anleger optimistisch in die Zukunft schauen. Sollte diese Wahrnehmung andauern, ist es wahrscheinlich, dass der Preis des Bitcoins hierdurch weiterhin profitiert sowie die Akzeptanz des Bitcoins als Wertanalage steigt. 

Wie entsteht der Preis des Bitcoin überhaupt?
Der Kurs des Bitcoins entsteht auf dem freien Markt über Angebot und Nachfrage. Kaufen viele Leute, steigt der Preis, verkaufen viele, fällt er. Das haben wir bei dem momentanen Hype gesehen.

Ist der Bitcoin im Mainstream angekommen?
Der Bitcoin ist auf dem besten Weg dorthin. Die Ankündigung von Paypal im vergangenen Jahr, ihn als Zahlungsmittel zu akzeptieren, aber auch die fortschreitende Regulierung ebnen ihm den Weg ins Zentrum der Gesellschaft. Das merkt man auch daran, dass sich abseits der jungen, männlichen und tech-affinen Zielgruppe immer mehr Menschen für das Thema Bitcoin interessieren.

Woher kommt der aktuelle Hype?
Bis 2016 war das gesamte Bitcoin-Ökosystem dominiert von Nerds. Nur ein paar Menschen haben sich für das Thema interessiert. Seit geraumer Zeit kommt mit den astronomisch hohen Preisen auch ein wachsendes Interesse aus anderen Richtungen. Ich glaube, das rührt auch daher, dass die Leute Kursgewinne mitnehmen möchten. Sie hören in den Nachrichten darüber, dass Leute mithilfe von Bitcoins zu Millionären geworden sind und möchten an dieser Wertsteigerung partizipieren. 

Welche Vorteile bietet der Bitcoin, die einen so hohen Preis wie derzeit rechtfertigen könnten?
Zum einen ist Bitcoin sehr manipulationssicher. Wenn ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin eine Transaktion verändern wollte, würden es alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Netzwerks merken und diese Änderung ablehnen. Bei Banken kann nur der Halter des Registers wissen, ob eine Transaktion richtig ist oder falsch. Zum anderen hat der Bitcoin das Potenzial, sich zum ersten digitalen Rohstoff zu entwickeln – ähnlich zum Gold. Aus diesem Grund wird der Bitcoin auch oft als „digitales Gold" bezeichnet.

Wird der Bitcoin diesem Titel überhaupt gerecht? 
Der Bitcoin könnte als Wertspeicher funktionieren, aber das hängt erheblich davon ab, welche Alternativen wir zur Verfügung haben. Hierzulande gibt es ohne Zweifel sichere und weniger volatile Möglichkeiten – Immobilien, Aktien oder Gold etwa. In weniger stabilen Ländern sieht das anders aus. Hier haben Menschen durch Bitcoin zum ersten Mal die Möglichkeit, ihr Vermögen sicher aufzubewahren, ohne die Angst, dass es von einem Regime gepfändet, durch Hyperinflation aufgefressen wird oder dass es bei einer Flucht verloren geht.  

„Bitcoin hat im täglichen Leben einen sehr eingeschränkten Nutzen“

Im Alltag scheint er aber nicht wirklich hilfreich zu sein.
Der Bitcoin hat im täglichen Leben einen sehr eingeschränkten Nutzen. Gedacht war er als digitales Zahlungsmittel. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Bitcoin für ein weltumspannendes Zahlungssystem nicht geeignet ist, weil er momentan zu langsam und nicht skalierbar ist. Wenn wir das mit dem Visa-Netzwerk vergleichen, ist das ein riesiger Unterschied, denn dort wird in gleicher Zeit ein Vielfaches an Transaktionen abgewickelt. Ich denke, wir sehen gerade, dass sich der Bitcoin zu einem ersten digitalen Rohstoff entwickelt. Das heißt, er wird eher zum Spekulationsobjekt und nicht zur Alternative zum Euro und anderen Zahlungsmitteln. 

Wer hält dann hierzulande überhaupt Bitcoin?
Es gibt die Leute, die den Bitcoin halten, weil sie Idealisten sind. Sie glauben an das System. Sie möchten Teil einer Bewegung sein. Es gibt aber auch die, die den Bitcoin als Spekulationsobjekt sehen. Das heißt, sie möchten Kursgewinne erreichen. Das haben viele geschafft. Wenn man im März oder April 2020 investiert hat, hat man sein Geld vervierfacht- oder -fünfacht. Da können Aktien oder ETFs nicht mithalten. Das heißt, es gibt die Idealisten, die sehr reich geworden sind, weil sie lange dabei sind und die Spekulanten, die kaufen, um Kursgewinne zu realisieren.

Ist der Zeitpunkt zum Einstieg also vorbei?
Die Kursentwicklung beim Bitcoin ist extrem volatil. Ein Investment ist mit hohem Risiko verbunden. Jeder, der dort scheinbar sichere Kursentwicklungen angibt, ist nicht seriös. 

Sie zielen auf Prognosen wie die der Bank JP Morgan, dass der Preis langfristig auf 146.000 Dollar steigen könnte? 
Solche Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen. Der Preis ist abhängig von vielen Dingen. Wenn sich Elon Musk zum Bitcoin äußert, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass immer mehr Leute kaufen. Aber wir sollten aufpassen, von wem die Äußerungen kommen. Der Bitcoin ist in dieser Beziehung auch eine Art „self fulfilling prophecy“. Wenn jemand sagt, der Kurs wird steigen, kaufen Leute, und der Preis steigt tatsächlich. So kann sich auch eine Art Spirale entwickeln. 

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Taugt er dann als langfristige Anlage?
Die Entscheidung kann ich keinem abnehmen, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Interessierte sollten sich über die eigene Risikobereitschaft im Klaren sein. Ganz wichtig ist, dass man sich vor einem Investment mit dem Bitcoin auseinandersetzt und die Risiken und die Technik dahinter versteht. Ich empfehle immer, mit einem kleinen Betrag anzufangen, zum Beispiel zehn Euro. Dann kann man versuchen, die Marktdynamik des Bitcoin zu verstehen und schauen, ob man auch das nötige Nervenkostüm besitzt, diese erhebliche Volatilität auszuhalten. Es ist wichtig, nicht jede Sekunde den aktuellen Kurs der eigenen Bitcoins zu prüfen. 

Reden wir über die ganz lange Frist: Bis zum Jahr 2140 soll der letzte Bitcoin geschürft worden sein. Was passiert dann?
Die Frage ist, ob es den Bitcoin dann noch gibt. Vielleicht wird er wegen der niedrigen Energieeffizienz verboten, vielleicht verlieren die Leute das Interesse. Da gilt es, erst einmal abzuwarten, was in den nächsten zehn Jahren passiert. 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%