Lebensabend in der Sonne Wie Namibia für deutsche Rentner zum Paradies wird

Afrika als Rentenparadies? Klingt erstmal unwahrscheinlich, aber Namibia bietet Sonne satt, Safari-Idylle und deutsches Kulturgut. Das lockt so manchen deutschen Rentner ins Land. Afrika light für den Lebensabend.

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Ein Haus in der Senioren-Wohnanlage Sonnleiten bei Winhuk in Namibia. Hinter den Bismarckbergen liegt am Südwestzipfel Afrikas für manche deutsche Rentner das Paradies. Quelle: dpa

Hinter den Bismarckbergen liegt am Südwestzipfel Afrikas für manche deutsche Rentner das Paradies. Die frühere Rinderfarm Sonnleiten in Namibia ist eine kleine deutsche Oase. Hier gibt es reichlich Sonne und Safari-Gefühl, aber sonst ist Afrika weit weg. Die Nachbarn sprechen Deutsch, die Vorgärten sind penibel gepflegt. Für den Alltag können sich die Senioren Schwarzwälder Schinken und Curry-Wurst besorgen, und für den Notfall gibt es in der nahen Hauptstadt Windhuk auch deutschsprachige Ärzte.

„Ich habe für mich beschlossen, dass ich keinen Winter mehr möchte“, sagt Rainer Schwertfeger. Der 60-jährige Baden-Württemberger war früher Projektleiter bei Siemens, seit vier Jahren hat er seinen Alterssitz in der früheren deutschen Kolonie Namibia. „Hier kann ich auf meiner Terrasse sitzen und zuschauen, welche Tiere gerade vorbeikommen. Hier gibt es zum Beispiel Erdmännchen, Warzenschweine, Springböcke, Kudu-Antilopen und natürlich Paviane. Die gibt's hier überall.“ Wenn es von Mai bis September dann in der südlichen Hemisphäre kälter wird, macht Schwertfeger Urlaub in Deutschland.

ABC der Rentenansprüche

Rund 70 Senioren verbringen in den etwa 50 Häusern der Senioren-Siedlung Sonnleiten ihren Lebensabend. Sie sind weiß und sprechen Deutsch, die 22 Angestellten sind schwarz.

Man könnte manchmal schnell vergessen, dass man in Afrika ist: In der Cafeteria im Gemeinschaftshaus gibt es Mittags als Beilage gerne Spätzle oder Salzkartoffeln. Nachrichten und Musik auf Deutsch liefert in Namibia der private Sender „Hitradio“, und zum Lesen gibt es die deutschsprachige „Allgemeine Zeitung“.

„Meine „AZ“ hole ich mir jeden Morgen“, sagt die 64-jährige Ilka Heiling. Ihr 183 Quadratmeter-Haus kaufte die vor langem nach Namibia ausgewanderte Österreicherin bereits 2008. Damals hieß Sonnleiten gerade die ersten Bewohner willkommen. Das Wohnrecht auf Lebenszeit kostete nur eine Million namibische Dollar (74.000 Euro nach heutigem Kurs). Ihr Mann ist verstorben, nun will sie verkaufen und etwas kleineres finden. „Das Beste hier ist die Ruhe, die Natur. Aber ich werde auch die Freunde vermissen, die ich hier gemacht habe.“

Insgesamt haben wohl mehrere Hundert Deutsche ihren Alterssitz an den Südwestzipfel Afrikas verlegt. Zahlen der deutschen Rentenversicherung zufolge gibt es bislang knapp 400 Senioren, deren Zahlungen nach Namibia gehen. Wahrscheinlich sind es jedoch noch mehr, da viele Rentner ihr Geld weiter auf ihr deutsches Konto bekommen.

Die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia ging vor 100 Jahren zu Ende. Inzwischen gibt es schätzungsweise nur noch 14.000 deutschsprachige Menschen im Land, doch ein starker kultureller Einfluss des Deutschen hat sich über die Jahrzehnte gehalten. Auch deswegen ist das frühere „Deutsch-Südwestafrika“ für Deutsche immer noch ein beliebtes Urlaubs- und Auswanderungsziel.

„In Namibia kann ich in den Supermarkt gehen und die deutschen Lebensmittel kaufen, auf die ich gerade Appetit habe“, sagt Schwertfeger. Seine Landjäger könne er sogar auf Deutsch bestellen. Auch an der Brottheke wüssten die Verkäuferinnen was „Laugenbrötchen“ sind. In Windhuk gebe es auch sehr gute Curry-Wurst.

Keine Idylle ist perfekt

Doch keine Idylle ist perfekt. In Sonnleiten knirscht es bisweilen zwischen den zwei großen Bewohnergruppen, den „Deutschländern“ und den Deutschen. „Deutschländer“ heißen in Namibia die, die aus der Bundesrepublik eingewandert sind. Deutsche oder „Südwester“ hingegen sind deutschsprachige Namibier, deren Wurzeln zumeist auf Einwanderer aus der Kolonialzeit Anfang des 20. Jahrhunderts zurückgehen.

In diesen Ländern leben Sie am längsten
Platz 10 (Männer): LuxemburgWeltweit haben heute viel mehr Kinder die Aussicht auf ein langes Leben als früher. Neugeborene Jungen in Luxemburg, die in 2012 geboren wurden, werden nach den Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchschnittlich 79,7 Jahre alt. Demnach wird das Kind knapp acht Jahre älter als ein Mensch, der 1990 zur Welt kam. Dies sei maßgeblich durch Erfolge im Kampf gegen gegen Kindersterblichkeit und gegen eine Reihe von Krankheiten erreicht worden, teilte die WHO in Genf bei einer Vorlage ihrer Weltgesundheitsstatistik 2014. Die Statistik bezieht auf Vorhersagen für den Geburtsjahrgang 2012. Quelle: dpa
Platz 8 (Männer): Schweden und JapanWer in Schweden lebt, kann einige Monate älter werden. Demnach haben in 2012 geborene Jungen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren. Aber auch in Japan werden die Jungen durchschnittlich 80 Jahre alt werden. Zu 1990 hat sich hier nicht geändert. Denn die in der Zeit geborenen Jungen hatten ohnehin eine hohe Lebenserwartung, 75 Jahre (Schweden) und 76 Jahre (Japan). Die häufigsten Ursachen für einen frühzeitigen Tod sind übrigens koronare (ischämische) Herzerkrankungen, Infektionen der unteren Atemwege (wie Lungenentzündung) und Schlaganfall. Quelle: dpa
Platz 4 (Männer): Neuseeland und ItalienVielleicht liegt es an der frischen Bergluft oder dem naturgebunden Leben in Neuseeland (Foto). Denn 2012 geborene Jungen können damit rechnen, durchschnittlich 80,2 Jahre lang zu leben. Das gleiche Durchschnittsalter erreichen ebenfalls die Jungen in Italien. Quelle: dpa
Platz 4 (Männer): Singapur und IsraelAuch in Singapur und Israel werden Männer durchschnittlich 80,2 Jahre alt. Demnach leben die in 2012 geborenen Jungen sieben Jahre länger als die Männer, die in 1990 geboren wurden. In Israel beträgt der Unterschied zwischen 1990 und 2012 fünf Jahre. Quelle: dpa
Platz 3 (Männer): AustralienEines der Länder mit der höchsten Lebenserwartung für die 2012 geborenen Jungen ist Australien. Die können mit einem langen Leben, nämlich mit durchschnittlich 80,5 Jahren, rechnen. Laut der Statistik erreichen die 22 Jahre früher geborenen Männer durchschnittlich nicht einmal die 80: Sie werden demnach im Schnitt nur 74 Jahre alt. Quelle: dpa
Platz 2 (Männer): SchweizDie Lebenserwartung in der Schweiz ist eine der höchsten der Welt. So leben die Jungen, die in 2012 geboren wurden, knapp sieben Jahre länger als die, die 1990 geboren wurden. Sie werden im Schnitt 80,7 Jahre alt, die Männer aus den 90ern nur 74 Jahre. Quelle: dpa
Platz 1 (Männer): IslandDie Lebenserwartung von Männern ist in insgesamt neun Ländern um die 80 Jahre. An der Spitze befindet sich Island mit 81,2 Jahren. Die in 2012 geborenen Jungen leben demnach durchschnittlich sechs Jahre länger als die Männer, die 22 Jahre früher geboren wurden. Die Bewohner Islands leben im Durchschnitt vier Jahre länger als noch 1990, nämlich 82 statt 78 Jahre. Wenn sich die Entwicklung der Lebenserwartung zukünftig so fortsetzt wie in der Vergangenheit, ist es wahrscheinlich, dass die Lebenserwartung für beide Geschlechter weiter beträchtlich ansteigen wird. Quelle: REUTERS

„Wir Südwester sehen uns als Afrikaner“, sagt Heidemarie Rapmund. Ihr Großvater kam 1909 nach Namibia. „Wir haben die deutsche Kultur, aber auch die afrikanische.“ Die eingewanderten Senioren seien manchmal zu deutsch in ihrer Anspruchshaltung und Argumentation. „Wir sind hier aber in Afrika. Da gibt es manchmal Reibungspunkte“, sagt die 65-jährige pensionierte Journalistin. Schwertfeger drückt es weniger diplomatisch aus. „Als anständiger Deutscher muss man immer Rummaulen.“

Manche sagen auch, dass es den Euro-Rentnern oft allzuleicht falle, Preissteigerungen etwa bei den Nebenkosten zu akzeptieren. Für die Namibier sei das bisweilen schwierig. Etwa 20 der 70 Rentner sind aus Europa eingewandert. Der Manager von Sonnleiten, Fanie Hawanga, sieht jedoch keinen Konflikt. „Wenn es Kaffee und Kuchen gibt, dann sitzen die Deutschen und die Namibier alle zusammen.“ Auch abends zum „Sundowner“-Drink mischten sich die Gruppen auf den Terrassen.

So klappt's mit der Frührente
Die Zeitschrift Finanztest hat untersucht, wie Arbeitnehmer mit den geringsten Einbußen in den Vorruhestand gehen können. Die Experten raten vor allem zur rechtzeitigen Planung: "Überlegen Sie mit Mitte 50, wann sie in Rente gehen möchten, ob Sie sich einen vorgezogenen Ruhestand leisten können und welche Variante des Vorruhestands infrage kommt", heißt es in dem Bericht. Außerdem sollten sich Arbeitnehmer rechtzeitig in der Personalabteilung oder bei den Vorgesetzten erkundigen, ob beispielsweise eine Altersteilzeit möglich ist. Besonders wichtig ist, dass Arbeitnehmer anhand betrieblicher und privater Vorsorge ihr späteres Alterseinkommen berechnen und überprüfen, ob sie eventuelle Abschläge bei der gesetzlichen Rente verkraften können. Quelle: Fotolia
Grundsätzlich gibt es den Vorruhestand so gut wie nie ohne Einbußen. Pro Monat, den ein Arbeitnehmer früher in Rente geht, werden ihm 0,3 Prozent der Bezüge abgezogen. Wer also anderthalb Jahre eher in Pension geht, als er sollte, muss auf 5,4 Prozent seines Ruhegeldes verzichten. "Vor allem Rentner mit durchschnittlichem und unterdurchschnittlichem Einkommen werden die Einschnitte bei der Altersrente schwer verkraften, wenn sie keine zusätzliche Einkünfte haben", heißt es bei Finanztest. Quelle: Fotolia
Der beste Weg in den Ruhestand ist laut Finanztest die Altersteilzeit. Diese Regelung kann in Anspruch nehmen, wer das 55. Lebensjahr vollendet hat und innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Wie die jeweilige Arbeitszeitregelung gestaltet wird, muss jeder Arbeitnehmer mit seinen Vorgesetzten absprechen. Es gibt zwei unterschiedliche Modelle... Quelle: Fotolia
S90 Prozent der Vorruheständler nutzen das Blockmodell, bei dem die verbleibenden Jahre bis zum eigentlichen Rentenbeginn in zwei große Blöcke geteilt werden. Während des ersten Blocks arbeitet man quasi vor, also Vollzeit aber nur für die Hälfte vom Gehalt. In der Regel stockt der Arbeitgeber das halbierte Gehalt um bis zu 20 Prozent auf in der Metall- und Elektroindustrie werden sogar 85 bis 89 Prozent des regulären Lohns gezahlt. Trotz des halben Gehalts zahlt der Arbeitgeber weiterhin die Beiträge zu Renten- und Krankenversicherung. Und zwar so, als bekäme der Arbeitsnehmer 90 Prozent seines ursprünglichen Gehalts. Die Einbußen bei der Rente sind also entsprechend gering. Im zweiten Block bleibt der Arbeitnehmer dann ganz zuhause, bezieht aber weiterhin sein halbes Gehalt. Quelle: Fotolia
Die übrigen zehn Prozent reduzieren ihre Arbeitszeit bis zum Renteneintritt und arbeiten beispielsweise nur noch halbtags oder nur noch mittwochs und donnerstags. Wer diese Form der Altersteilzeit in Anspruch nimmt, geht aber nicht früher in Rente, er arbeitet nur weniger. Beide Modelle werden unter Umständen von der Arbeitsagentur gefördert. Quelle: Fotolia
Was Menschen in der Altersteilzeit nicht vergessen dürfen ist, dass sie weiterhin bei ihrem Unternehmen beschäftigt sind und dementsprechend gekündigt werden können, falls das Unternehmen beispielsweise pleite geht. Quelle: Fotolia
Wer bereits sehr lange arbeitet und entsprechend lange in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann sich entspannt zurücklehnen und ohne Abschläge vorzeitig in den Ruhestand gehen. Wer seit 45 Jahren einzahlt, kann bedenkenlos mit 65 Jahren in Rente gehen. Quelle: Fotolia

Namibia lockt nicht nur mit trockenem Klima, schönen Landschaften und Safari-Parks, sondern auch weil es ein friedliches Land ist, in dem die meisten Dinge für afrikanische Verhältnisse sehr gut funktionieren. Die aus Europa eingewanderten Sonnleiten-Bewohner seien vorher schon mal im Urlaub in Namibia gewesen. „Die wussten, worauf sie sich einlassen“, erklärt Caroline Rust. Ihrem Mann Joachim gehört das 270-Hektar-Anwesen in der Steppenlandschaft rund 40 Kilometer außerhalb von Windhuk. Für Notfälle ist rund um die Uhr eine Krankenschwester im Dienst, auch Pflegedienste werden angeboten. „Aber die Leute sind rüstig. Die meisten versorgen sich selbst.“

Die stärker nachgefragten Dienstleistungen sind der Garten- und der Reinigungsdienst, die jeweils umgerechnet nur 1,60 Euro pro Stunde kosten. Auch der Tarif fürs Bügeln oder kleinere Reparaturen am Haus schlägt mit 2,50 Euro sicher keine zu tiefen Löcher in die Budgets jener, deren Renten in Euro ausbezahlt werden.

Die Preise für den Kauf des lebenslangen Wohnrechts haben über die Jahre wegen hoher Nachfrage angezogen, sie sind im Vergleich zum europäischen Preisniveau aber weiter sehr attraktiv. Schwertfeger etwa wohnt in einem Haus mit 130 Quadratmeter. „In einer vergleichbaren Anlage auf Fuerteventura bekäme ich für den Preis nur eine Einzimmerwohnung mit 40 Quadratmetern“, sagt er.

Schwertfeger hatte auch Australien als Alterssitz in Erwägung gezogen. Für Namibia sprach für ihn neben dem deutschen Essen jedoch auch, dass es gute deutschsprachige Ärzte gibt. „Noch bin gesundheitlich gut drauf, aber das kann sich ändern. In einer Stresssituation wäre es dann blöd, mit einem Arzt Englisch reden zu müssen“, sagt er. Zudem hätten sich in Namibia die deutschen Werte seit der Kolonialzeit eingeprägt. „In Namibia ist es für afrikanische Verhältnisse top sauber und ordentlich.“ Das zeige sich auch in den Armenvierteln. „Sogar in den Slums sind die Straßen rechtwinklig, und der Müll wird nicht einfach auf die Straße geworfen.“

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