Lego Serious Play Lego: Aus der Krise in die Büros der Führungskräfte

Lego ist eben doch nicht nur etwas für Sammler und Kinder. Auch Unternehmen können aus speziellen Workshops einiges durch die bunten Steine lernen. Quelle: imago images

Lego hat neue, ziemlich starke Zahlen vorgelegt. Die Beinahe-Pleite vor 30 Jahren ist vergessen. Ein Grund für den Wiederaufstieg: die Lego-Serious-Play-Serie. Aber was kann das Workshop-Format für Unternehmen?

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Wer hätte das in den 90ern gedacht? Wie die frisch veröffentlichten Zahlen des Konzerns zeigen, verzeichnete Lego im ersten Halbjahr 2022 einem Umsatz von knapp 3,6-Milliarden Euro. Damit erzielte das Unternehmen eine Steigerung von 17 Prozent. Vor 30 Jahren hingegen steckte Lego noch tief in der Krise. Die ersten Videospiele kamen auf den Markt und die bunten Bausteine schienen mehr und mehr aus der Zeit gefallen. Neue Ideen mussten her. Eine der vielleicht bahnbrechendsten Neuerungen, die damals unter CEO Kjeld Kirk Kristiansen entwickelt wurde: die Lego-Serious-Play-Serie, die seitdem den Siegeszug durch viele Büroräume angetreten hat.

Das Konzept von Lego Serious Play (LSP) besteht darin, Ideen und Gedanken mit Legosteinen zu visualisieren und damit greifbarer zu machen. In Workshops soll es den Teilnehmenden ermöglicht werden, aus festen Denkmustern auszubrechen und neue Perspektiven zu entwickeln. Angeleitet werden sie dabei von einem Moderator oder Facilitator, wie er bei LSP genannt wird.

Einer von ihnen ist David Hillmer, Geschäftsführer von HelloAgile. Seit 2017 ist er ausgebildeter LSP-Facilitator und leitet beruflich LSP-Workshops. „Es ist sehr wichtig, dass vorab mit dem Kunden alles so präzise wie möglich besprochen wird“, sagt Hillmer. Nur so könne er sicherstellen, dass die gesetzten Ziele erreicht werden.

Arbeiten und spielen – Wie soll das funktionieren?

Arbeit und spielen passen nicht zusammen, mögen sich Anhänger der alten Arbeitswelt denken. Hillmer sieht das anders. Er hat eine Reihe an Argumenten parat: Zum einen erfülle ein LSP-Workshop das Hand-Hirn-Prinzip, das aussagt, dass die Hände mit dem Gehirn in einer Wechselwirkung stehen. Dabei wird die Kreativität ohne großes Nachdenken angeregt und neue Ideen entstehen. Darauf basiert auch der Konstruktivismus, der aussagt, dass Wissen durch das Bauen erlangt wird.

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Der zweite Punkt ist die Vereinfachung von Komplexität. „Durch die Simplifizierung ist man dazu gezwungen, die Gedankengänge zu kanalisieren und muss die Gedanken möglichst plastisch darstellen“, ist Hillmer überzeugt. Die Methodik erleichtere zudem offenere Gespräche. „Es ist viel leichter, ein Modell zu beschreiben, als wenn ich zu jemandem gehe und ihm meine Meinung ins Gesicht sage.“ Zudem erfülle Spielen einen menschlichen Instinkt, der dabei helfe, neue Fähigkeiten zu erlernen. Eine hohe intrinsische Motivation entstehe.

Wie läuft ein LSP-Workshop ab?

Der Ablauf eines LSP-Workshops ist immer ähnlich: Mit Einstiegsfragen vom Facilitator startet der Workshop. Die Teilnehmenden erlernen mit den ersten Fragen das Bauen mit den Steinen. Anschließend folgt die Fragestellung, die helfen soll, das Ziel des Workshops zu erreichen. Dabei werden Fragen gestellt wie:

  • Was kann verbessert werden, um das Team zu stärken?
  • Wie können neue Kunden gewonnen werden?
  • Wie muss sich das Unternehmen in Zukunft entwickeln?

Nach der ersten Bauphase, in der die Fragestellung beantwortet wurde, stellt jeder sein Modell vor. „Dann folgt der magische Moment: Aus den vielen einzelnen Modellen wird ein Gruppenmodell“, erzählt Hillmer. Während des Zusammenbauens sollen die Teilnehmenden ein gemeinsames Verständnis für die Aufgabenstellung entwickeln. Es ist dabei egal, ob dabei eine Vision, eine strategische Geschichte oder ein Businesskonzept entsteht.

Und so kann es sein, dass hochbezahlte Führungskräfte ihren Tag damit verbringen, im Meetingraum ein Lego-Schloss zu bauen (das Unternehmen), dem ein wuchernder Wald immer näher kommt (die Konkurrenz), zwischen beiden der umkämpfte Duplo-Elefant (der Kunde). Am Ende entsteht ein Modell, das für Außenstehende schwer zu lesen ist. Auch deshalb ist eine gute Nachbereitung notwendig. Die erbauten Prozesse und Ideen werden festgehalten und priorisiert. Mit dieser Hilfe sollen die Konzepte später in die Realität übertragen werden.

Für LSP-Experte Hillmer steht dennoch etwas anderes im Vordergrund: „Die Teilnehmenden nehmen mit, dass Arbeit und Spaß und Arbeit und Spiel näher zusammenliegen als gedacht.“

Vom Start-up bis zur Behörde

Nicht nur Start-ups greifen auf das Angebot zurück, sondern auch Behörden oder große Unternehmen wie Microsoft oder Google. Zu konkreten Details will sich aber kaum ein Unternehmen äußern. Eine Ausnahme stellt das Kreditkartenunternehmen Visa dar, bei dem regelmäßig LSP-Workshops stattfinden. „Es ist uns wichtig, in einer hybriden Arbeitswelt entsprechende Maßnahmenangebote zu machen, die auch die direkte ‚Face-to-Face‘-Interaktion ermöglichen“, erläutert eine Sprecherin auf Nachfrage der WirtschaftsWoche.

Der Einsatz der Methodik soll vor allem das Team stärken und die Eingliederung neuer Mitglieder fördern. „Wir beobachten, dass solche Angebote ganz besonders relevant für Kolleginnen und Kollegen sind, die in den Hochphasen der Covid-19-Pandemie zu uns gestoßen sind“, beschreibt die Sprecherin. Zusätzlich stelle sie fest, dass die Workshops das kreative Denken und das Storytelling im Unternehmen förderten. Zu den konkreten Inhalten und Auswertungen der Trainingsmaßnahmen möchte sich aber auch Visa nicht äußern.

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Ein teures Vergnügen

Um einen Lego-Serious-Play-Workshop durchzuführen, müssen Unternehmen deutlich tiefer in die Tasche greifen als beim Legobausatz für den Privatgebrauch. Zwar beginnt das Starterset bei 25 Euro und umfasst 234 Bausteine. Auch das andere Einsteiger-Kit liegt mit 360 Euro für 5100 Steinen in der typischen Preisklasse von Lego. Allerdings ist dieses sogenannte „Window Exploration“-Set laut der Webseite nur auf eine Person ausgelegt und soll dabei helfen, „die grundlegenden Prinzipien und Fähigkeiten der Methode zu erlernen.“ Die zwei größeren und ergänzenden Sets sind mit 560 und 700 Euro schon deutlich teurer.

Hinzu kommen die Kosten für den Moderator. So fangen die Preise für die geleiteten Workshops bei 1500 Euro an. Ein Vorteil eines externen Moderators ist, dass die Steine über ihn ausgeliehen werden können. „Es gibt drei Optionen. Das Unternehmen mietet die Steine, dann bringen wir sie mit“, erklärt LSP-Facilitator Hillmer. „Sie kaufen sich die Steine selbst oder sie haben schon welche da.“ Denn auch die verstaubten Steine vom Dachboden reichen aus, um damit einen Workshop durchzuführen.

Vom Kinderspielzeug zum Management-Tool

Seit 2010 erhalten die Lego-Workshops stärkere Aufmerksamkeit. Bei Google-Trends lässt sich seit 2016 eine Tendenz für die wachsende Neugierde erkennen. Das merkst auch Lego-Moderator Hillmer, der sich über stark steigende Auftragszahlen freut: „Da ist richtig viel in Bewegung.“

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Dass die Popularität des angeleiteten Klötzchenbauens steigt, zeigt sich auch auf dem Karriereportal LinkedIn, wo LSP intensiv diskutiert wird. So berichtet eine Birgit Frohnhoff auf der Plattform, wie sie sich im Workshop Fragen zu Cybersicherheit gestellt hat: „Für mich war es großartig, endlich wieder vor Ort mit Kollegen und Kolleginnen in den persönlichen und fachlichen Austausch zu kommen.“ Aber auch Kritik zu der Methodik wird auf LinkedIn geäußert. So lässt Jürgen Bühler seinen Gedanken freien lauf und fragt sich, ohne es ausprobiert zu haben, ob er es mit „Business-Esoterik“ und Abzocke zu tun hat oder ob mit dieser Methode echte Innovationen geschaffen werden.

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