Lug und Betrug unter Kollegen Warum wir im Job zum Ekel werden

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Kindliche Unschuld

Nun ist es für die meisten Unternehmen keine Option, Schreibtische mit Kreuzen und Buddhas auszustatten. Schon praxistauglicher ist eine andere Erkenntnis. Wenn Desai vorab Plüschtiere, Buntstifte und anderes Kinderspielzeug im Raum verteilte, verhielten sich die Probanden ehrlicher.

Um zu testen, ob die Ergebnisse aus dem Experiment auch im echten Arbeitsleben funktionieren, analysierten Desai und die Managementforscherin Francesca Gino die Spenden von US-Unternehmen. Dabei fanden sie einen kuriosen Zusammenhang, der ihre These stützt: Je mehr Kindergärten es in der Nähe eines Unternehmens gab, desto mehr spendete es für wohltätige Zwecke.

Ein Betriebskindergarten sei nicht nur praktisch für arbeitende Eltern, so Desai: „Er kann das ganze Unternehmen zu einem besseren Ort machen.“ Sie plädiert daher für mehr kindliche Unschuld im Büro: „Schreibblöcke mit Regenbogenmotiv oder bunte Möbel können einen großen Einfluss auf ethische Entscheidungen haben.“ Der Grund: Kinder gelten als unschuldige und ehrliche Wesen – und wer sich gedanklich in die Kindheit zurückversetzt, verhält sich ebenfalls ehrlicher.

Unbewusste Mechanismen

Zugegeben, auf den ersten Blick wirken solche Methoden esoterisch und skurril. Doch gleichzeitig sind sie effektiv: „Nicht immer wird Betrug und anderes unethisches Verhalten bewusst begangen“, sagt Desai. Oft stecken dahinter unbewusste Automatismen oder Reflexe – vor allem, wenn wir unter Stress stehen, müde sind oder viele Aufgaben gleichzeitig bearbeiten müssen. Umso wichtiger ist ein Umfeld, das die Mitarbeiter auch unbewusst auf die richtige Bahn lenkt.

Was sich Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern wünschen
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Das sei hilfreicher als ein Verhaltenskodex oder Ethiktraining, die allenfalls als Ergänzung dienen, sagt Desai. Eine langfristige Lösung seien diese Workshops nie, bestätigt Irlenbusch. „Unethisches Verhalten hat oft etwas mit einer falschen Unternehmenskultur zu tun“, sagt er. „Die lässt sich nicht in ein paar Ethiktrainings ändern, das dauert oft mehrere Jahre.“

Daher appelliert der Ökonom vor allem an die Verantwortung der Führungskräfte. Zu Betrug komme es oft dadurch, dass sie ihren Mitarbeitern unrealistische Ziele setzen. „Wie diese genau erreicht werden, davon wollen viele Manager lieber nichts wissen“, sagt Irlenbusch. Auch wenn sie sich selbst nichts zuschulden kommen lassen, können sie damit am Ende dafür verantwortlich sein, dass Buchhalter Zahlen fälschen oder Ingenieure Abgastests manipulieren.

Gleichzeitig zeigen die Studien, dass sich Verhalten ändern lässt – mit Geduld und der richtigen Einstellung. „Ethik ist kein Prozess, den man irgendwann abschließt“, sagt Irlenbusch. „Das Leitmotiv bei ethischen Fragen ist immer: Wir können alle ewig besser werden?“

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