Immer größeren Wert legen vor allem jüngere Menschen aber darauf, dass die Produkte auf Basis von natürlichen Zutaten entstünden und auch der Zusatz „vegan“ darf immer seltener fehlen. Das entspricht dem Zeitgeist, der sich in nackten Zahlen auch bei den Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) niederschlägt. „Der Zuwachs von Naturkosmetik stammt also überwiegend aus einer Intensivierung der Mengennachfrage“, heißt es im Consumer Index 8/2015 und weiter „Generation Y mit der deutlich stärksten Ausgabensteigerung für Naturkosmetik“.
Für Marken wie die von Susanne Kaufmann heißt das: Neue Produkte müssen her. Das sei jedoch gar nicht so einfach. Derzeit arbeitet Kaufmann an einer Rasiercreme. Die Herausforderung: Die Creme auf alleiniger Basis von Naturprodukten soll gleichzeitig möglichst so schaumig sein, wie es die Nutzer von Rasierschäumen aus der Dose kennen, die per Knopfdruck sich binnen Sekunden einen voluminösen Schaumball in die Handfläche sprühen können.
Mit den Spitzenprodukten der Branche pflegt sich jedoch nur eine verschwindend geringe Anzahl von Männern. Der Massenmarkt wird fast vollständig von Konzernen kontrolliert. Die beliebteste Marke heißt bei Männern mit weitem Abstand Nivea. Fast ein Viertel aller Befragten nannte in einer Umfrage Nivea Men als ihre Nummer 1. Danach folgt mit Balea die Eigenmarke der Drogeriemarktkette DM noch vor L’Oreal Men Expert.
Viele Marken, wenige Konzerne
Die vermeintlich Markenvielfalt ist zumindest bei den Umsätzen keine. Nivea gehört zu Beiersdorf ebenso wie die fünftbeliebteste Marke Florena und auch die Schweizer Marke La Prairie aus dem sehr hochpreisigen Segment. Der französische Konzern L'Oreal ist nicht nur mit der eigenen Marke erfolgreich, sondern ist auch die Mutter der Marken Biotherm Homme, Lancôme Homme und Vichy Homme. Die drei zählen in Deutschland ebenfalls zu den zehn beliebtesten Marken unter Männern.
Die Luxusmarken des Kosmetiksegments tun sich noch schwer mit dem Mann. Auch Creme de la Mer. Dabei hat die ausgerechnet der Physiker Max Hubert entwickelt. Er hatte einen Laborunfall und hat – so erzählt es die Unternehmensgeschichte – in zwölf Jahren und 6000 Experimenten zu einer Formel gebracht, die heute die Basis der Produkte von Creme de La Mer sind, die zu Estee Lauder gehören. „Miracle Broth“ nennt sich die Formel auf Basis von Seetang.
Doch seit dem Unfall Mitte der 50er hat sich La Mer zwar zu einer erfolgreichen Kosmetikmarke für Frauen entwickelt, eine spezifische Männerlinie gibt es aber nicht. Den Gang in die Boutique, um dort für mehr als 100 Euro einen Tiegel mit Creme zu kaufen, scheut zumindest eine ausreichend hohe Zahl an Männern. „Unsere Produkte sind unisex und wir bieten in unserer Basislinie Konsistenzen an, die ideal für die Männerhaut sind“, sagt Doris Fuldauer von Estee Lauder.
Dass vieles, was für die Haut von Frauen gut ist, auch für die von Männern die gleiche Wirkung hat, glaubt auch Speick. Trotz der männlichen Aufmachung der Linie Men, seien die Basisprodukte nach wie vor unisex. Das bestätigt auch André Goerner, der in Berlin mit dem Gentlemen's Circle einen Salon für Haar- und Bart- aber eben auch Hautpflege eröffnet hat. "Bei der Auswahl unserer Produkte vernachlässigen wir all zu vordergründig maskuline Präsentation, sondern stimmen uns mit Kosmetikern und Dermatologen ab, was am besten geeignet ist für die Männerhaut", sagt Goerner. Eines bliebe trotz steigender Nachfrage nach Cremes jedoch gleich: "Sie wünschen, dass die Produkte einfach anzuwenden sind, schnell wirken und möglichst in reisetauglichen Größen zu bekommen sind."
Vielleicht sieht auch deswegen Beiersdorfs Edelmarke La Prairie keine Notwendigkeit, eine Männerlinie anzubieten. Anti-Aging-Cremes stehen bei Männern nicht so hoch im Kurs, sind aber das zentrale Thema von La Prairie. Selbstverständlich gäbe es auch männliche Kunden, aber die Entwicklung einer eigenen Linie sei zu aufwändig.
Doris Fuldauer sieht auch aus einem anderen Grund keine Notwendigkeit für eine eigene Männerlinie im sehr hochpreisigen Segment. Viele Männer seien „Co-User“ und nutzten die Creme der Partnerin einfach mit. Da hat der Autor Glück - im Gegensatz zum Kollegen riskiert er nichts außer ein paar Falten.