




"Männer treffen bessere Entscheidungen". Kann man sich vorstellen, dass ein Professor für "strategisches Management" an der DeGroote Business School der McMaster University in Kanada eine Studie mit diesem Ergebnis veröffentlichte? Vermutlich hätte er mit wütenden Unterstellungen und Vorwürfen zu rechnen, zum Beispiel von seinen Kolleginnen des Instituts für "Gender Studies and Feminist Research" an derselben Universität.
Aber Management-Professor Chris Bart braucht sich vor dem Zorn seiner Kolleginnen nicht zu fürchten, denn seine Studie hat das "richtige" Ergebnis: "Frauen treffen bessere Entscheidungen als Männer". Die Fähigkeit von Frauen, faire Entscheidungen angesichts widerstreitender Interessen zu finden, mache sie zu besseren Unternehmensführern, will er herausgefunden haben. Seine Studie ist kein Argument, Frauen für bessere Manager zu halten, sondern dafür, oberflächlichen Studien und allzu platten Thesen über Frauen oder Männer mit grundsätzlicher Skepsis zu begegnen.
624 Vorstandsmitglieder haben Bart und seine Mitarbeiter für die Studie beobachtet und befragt, darunter 75 Prozent Männer. Routinierte Führungskräfte mit reichlich Managementerfahrung. Die Männer unter ihnen entscheiden, so will Bart herausgefunden haben, nach festgelegten Abläufen – in Konferenzen, Diskussionen und am Ende auch oft alleine.
Ganz anders die Managerinnen, behauptet Bart. Sie pflegen eine eher kooperative Arbeitsweise, versuchen bei ihren Entscheidungen die widersprechenden Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen und am Ende einen fairen und ethisch vertretbaren Konsens zu finden. Und das, so Bart, entspreche auch der langfristig besseren Lösung für das Unternehmen (und weniger für sich selbst): “Unsere Ergebnisse zeigen, dass es nicht nur richtig ist, Frauen im Vorstand zu haben, sondern auch klug. Firmen mit wenigen weiblichen Vorständen hauen vermutlich ihre Investoren übers Ohr."





Nun hat man das alles schon vernommen und Bart selbst zitiert einige der "Studien", die ähnliches Ergebnisse hervorbringen. Nur fragt man sich angesichts solcher angeblicher empirischer Belege der überlegenen Managerfähigkeiten von Frauen, warum die Kräfte des Marktes nicht längst dafür gesorgt haben, dass die Vorstände zu Bastionen der Weiblichkeit geworden sind. Warum lassen sich Millionen Investoren von männlichen Managern übers Ohr hauen. Bevor man sich mit Antworten zufriedengibt, in denen von "Männerbünden", "gläsernen Decken" und anderen Werkzeugen der jahrtausendealten männlichen Verschwörung zur Unterjochung der Frauen die Rede ist, schauen wir uns lieber die Studie genauer an.
Zunächst stellt sich die Frage, was eine "bessere Entscheidung" sein soll. Natürlich kann ein sinnvolles Urteil über eine Managerentscheidung erst mit größerem zeitlichem Abstand getroffen werden, wenn seine Auswirkungen deutlich geworden sind. Seriöse Historiker trauen sich vielleicht nach einigen Jahren die zentralen Entscheidungen wichtiger Persönlichkeiten zu beurteilen. Wie eine gleichzeitige Beobachtung und Befragung von 625 Managern durch eine Handvoll Ökonomen ernsthaft zu verallgemeinerbaren Urteilen über die Güte von deren Entscheidungen führen soll, ist kaum zu erklären.
Das zentrale Kriterium, an dem Bart sein Urteil festmacht, ist ein moralisches, kein betriebswirtschaftliches. Für die Studie wurden die männlichen und weiblichen Manager gebeten zu bestimmen, an welchen Argumenten sie ihre Entscheidungen orientierten. Diese Argumentationen wurden in drei Gruppen eingeteilt: an "Interessen" und an "Normen" orientierte und schließlich "komplexes moralische Denken". In dieser letzten Kategorie schnitten Frauen angeblich deutlich besser ab.
Der Trick von Bart besteht nun darin, dieses "komplexe moralische Denken" zum entscheidenden Kriterium einer guten Entscheidung zu erklären. Welchen Erkenntnisgewinn das bedeuten soll, und vor allem was das mit dem betriebswirtschaftlichen Erfolg zu tun haben soll, bleibt das Geheimnis von Chris Bart.