Die Art der Kommunikation ist ein häufiger Kritikpunkt. Chatbots sind nämlich von Hause aus dämlich, die Gespräche für Nutzer deshalb häufig unbefriedigend.
Auch Mildred, die verhältnismäßig viel kann, hat auf die Frage, wann man denn endlich vom Flughafen BER aus in den Urlaub fliegen kann, keine Antwort. Da Mildred aber kein Mensch ist, sagt sie nicht: „Wollen Sie mich verarschen?“, „Woher soll ich das wissen, wenn das noch nicht mal die Betreiber wissen“ oder ähnliches, sondern: „Ich werde nach Berlin suchen. Wo möchtest Du Deine Reise beginnen?“
Häufig seien die Unternehmen selbst schuld an der frustrierenden Kommunikation, so Cassel. Es gibt nämlich zahlreiche Tools, mit denen sich im Handumdrehen Bots zusammensetzen lassen, die einfache Frage-Antwort-Schemata beherrschen. Mehr aber eben nicht. Ist ein Tippfehler in der Anfrage, versteht der Bot genauso Bahnhof, wie wenn die Frage anders formuliert ist, als vom Macher gewollt. Sie gibt ein Beispiel eines Bots, der auf ihre Eingabe „I love Manchester United“ einen Wikipedia-Eintrag zu dem Fußballverein ausspuckte. So könne keine Beziehung entstehen – und die brauche es nun mal, damit der User Spaß an der Interaktion mit dem Bot habe.
Sarah, ein Bot, der auf dem Economic Forum in Davos vorgestellt wurde, antwortete dagegen auf die gleiche Eingabe: „Der FC Arsenal wischt mit denen den Boden auf.“ So geht gute Kommunikation.
Sarah wurde allerdings auch monatelang mit Videos und Gesprächsprotokollen gefüttert und weiß, wie Menschen miteinander sprechen. Sie erkennt sogar Mimik und Gestik ihres Gegenübers, sowie Sarkasmus und Zynismus. Denn ein Bot kann immer nur so viel, wie ihm beigebracht wurde. Entweder von seinen Erschaffern oder von den Kunden, mit denen er spricht.
Wohin das führen kann, hat der Microsoft Chatbot Tay bei Twitter gezeigt. Nach nicht mal 24 Stunden war aus dem Bot ein strammer Nazi und Holocaust-Leugner geworden. Wer das verhindern möchte, braucht nicht nur einen Deep Learning-Algorithmus, sondern muss auch viel Zeit investieren, um die Lernfortschritte seines Bots zu überwachen und ihn im Zweifelsfall zu korrigieren.
"Sie programmieren Ihre Telefonanlage doch auch nicht selbst"
Trotzdem sollten Unternehmen sich dem Thema nicht grundsätzlich verschließen. Schon jetzt sind beim chinesischen Vorreiter WeChat mehr als eine Milliarde Nutzer aktiv, die über den Dienst Taxis bestellen, Flüge buchen, Arzttermine vereinbaren oder Rechnungen bezahlen. Und auch in den USA braut sich bei Apple etwas zusammen, das Apps in Zukunft überflüssig machen könnte.
Schneller schlau: So lernen Maschinen das Denken
Mit Kameras, Mikrofonen und Sensoren erkunden die Maschinen ihre Umwelt. Sie speichern Bilder, Töne, Sprache, Lichtverhältnisse, Wetterbedingungen, erkennen Menschen und hören Anweisungen. Alles Voraussetzungen, um etwa ein Auto autonom zu steuern.
Neuronale Netze, eine Art Nachbau des menschlichen Gehirns, analysieren und bewerten die Informationen. Sie greifen dabei auf einen internen Wissensspeicher zurück, der Milliarden Daten enthält, etwa über Personen, Orte, Produkte, und der immer weiter aufgefüllt wird. Die Software ist darauf trainiert, selbstständig Muster und Zusammenhänge bis hin zu subtilsten Merkmalen zu erkennen und so der Welt um sie herum einen Sinn zuzuordnen. Der Autopilot eines selbstfahrenden Autos würde aus dem Auftauchen lauter gelber Streifen und orangefarbener Hütchen zum Beispiel schließen, dass der Wagen sich einer Baustelle nähert.
Ist das System zu einer abschließenden Bewertung gekommen, leitet es daraus Handlungen, Entscheidungen und Empfehlungen ab – es bremst etwa das Auto ab. Beim sogenannten Deep Learning, der fortschrittlichsten Anwendung künstlicher Intelligenz, fließen die Erfahrungen aus den eigenen Reaktionen zurück ins System. Es lernt zum Beispiel, dass es zu abrupt gebremst hat und wird dies beim nächsten Mal anpassen.
„Unternehmer sollten bedenken, dass eine App teurer ist, als ein Chatbot. Apps sind komplexer und das Programmieren entsprechend teurer“, fügt Barel hinzu. Zwar hat bislang noch keiner den heiligen Chatbot-Gral gefunden, wie Mathias Meier, Head of Development bei der "Bild", auf einem Panel des Chatbot Summit sagte. Aber immer mehr Unternehmen suchen danach. Und im Zweifelsfall zählt das für den Kunden eher, als ein Unternehmen, das ihn weiter zum Darben in Warteschleifen verdammt.