Rund zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind dafür, dass Väter ähnliche lange Elternzeit nehmen wie Mütter. Das geht aus einer vom ZDF beim Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos beauftragten „Deutschland-Studie“ hervor, für die Forscher statistische Daten aus 401 Kreisen und kreisfreien Städten analysierten. 67 Prozent der Befragten sagten dieser repräsentativen Umfrage zufolge, Väter sollten mehr Elternzeit nehmen. Vor allem unter Frauen (71 Prozent) war die Quote hoch, aber auch die meisten Männer (63 Prozent) wünschen sich mehr „Väter-Zeit“.
Auch allgemein ist deutschen Arbeitnehmern die Familie häufig wichtiger als der berufliche Erfolg. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschers YouGov im Auftrag von Hewlett Packard Enterprise. Demnach steht die Karriere nur für zwei Prozent der Frauen und drei Prozent der Männer an erster Stelle – für 65 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer ist es dagegen die Familie. Und der Trend scheint sich zu verstärken: Nur drei Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben noch nie Elternzeit genommen und es auch in Zukunft nicht vor. Bei den Menschen zwischen 25 und 34 Jahren beträgt der Anteil noch zehn Prozent.
Bislang ist es in Deutschland dabei mehrheitlich so, dass Männer deutlich seltener in Elternzeit gehen. Noch immer sind es meist die Mütter, die zuhause bleiben: Nur knapp vier von zehn Vätern nehmen überhaupt Elternzeit. Und selbst dann sind es meistens sind es nur die zwei Partnermonate, durch die sich die Zahlung des Elterngeldes auf 14 Monate verlängern lässt und die deshalb gerne „Vätermonate“ genannt werden. Eine weitere Geschlechterlücke in der Kinderbetreuung zeigt sich in der Aufteilung der Arbeitszeit: Nur sechs Prozent aller Väter mit minderjährigen Kindern arbeiten in Teilzeit, unter den Müttern sind es 69 Prozent.
Elternzeit und Elterngeld – die wichtigsten Infos
Müttern und Vätern stehen pro Kind jeweils drei Jahre Elternzeit zu. Diese sind unabhängig vom Elterngeld, können also auch ohne Lohnersatz in Anspruch genommen werden. Sie können am Stück genommen oder in drei Zeitabschnitte gesplittet werden.
Nach einer Reform kann ein Jahr inzwischen sogar auf Antrag bis zum achten Lebensjahr genommen werden, etwa um die Einschulung und das erste Schuljahr zu begleiten.
Während einer Elternzeit besteht Kündigungsschutz und es besteht ein Anspruch auf Bewilligung durch den Arbeitgeber. Elternzeit muss sieben Wochen im Voraus beantragt werden, bei Kindern über drei Jahren sind es zwölf Wochen.
Elterngeld wird für insgesamt 14 Monate der Elternzeit vom Staat gezahlt und beträgt 65 Prozent des Durchschnittsnettoeinkommens in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes; bei der Mutter gelten die zwölf Monate vor Beginn des Mutterschutzes. Nimmt nur ein Elternteil Elternzeit, gibt es nur zwölf Monate lang die Unterstützung. Daraus haben sich die sogenannten Vätermonate etabliert, da zwei Monate Elterngeldanspruch verfallen, wenn der zweite Elternteil keine Elternzeit nimmt.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, mit Elterngeld Plus eine Kombination aus Elternzeit, Berufstätigkeit und Elterngeldbezug wahrzunehmen. Bei einer Teilzeittätigkeit von bis zu 25 Stunden in der Woche kann man ergänzend ein halbes Elterngeld bekommen und die Bezugszeit dadurch strecken. Wenn dies beide Elternteile parallel tun, bekommen sie als Prämie nochmals vier Monate Elterngeld Plus. Mit dieser Maßnahme wollte die damalige Familienministerin Manuela Schwesig die partnerschaftliche Aufteilung von Elternzeit und Erziehung fördern.
Die Möglichkeiten für Eltern, ihre Arbeitsbelastung zu reduzieren, sind in Deutschland mittlerweile durchaus gut. Der Staat unterstützt die Eltern dabei rechtlich wie finanziell. In der Bundesrepublik sind dadurch die Möglichkeiten, Elternzeit zu nehmen, so gut wie in kaum einem anderen Land – vor allem für Männer, die anderswo öfter Probleme bekommen. Mütter und Väter können gemeinsam bis zu 14 Monate Elternzeit beantragen (wenn beide pausieren) und bekommen dafür das sogenannte Elterngeld, das bis zu knapp zwei Drittel des vorigen Nettolohns, maximal 1800 Euro, beträgt.
Nichtsdestotrotz fällt die Meinung über die Elternzeit – speziell bei Vätern – je nach Berufsgruppe durchaus unterschiedlich aus, wie die Ergebnisse der „Deutschland-Studie“ eben auch zeigen: Die Zustimmung ist bei Selbstständigen mit 54 Prozent am geringsten. Von Angestellten und Beamten sind dagegen 70 Prozent der Auffassung, Väter sollten länger Elternzeit nehmen.
In diesen Regionen nehmen Väter länger Elternzeit
Väter verzichten allerdings nicht deutschlandweit auf den Wunsch und das Recht Elternzeit zu nehmen. Auch regional gibt es dabei laut „Deutschland-Studie“ große Unterschiede beim Elterngeld für Väter: So beziehen im Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) Väter, die vor der Geburt erwerbstätig waren, im Schnitt 4,7 Monate Elterngeld, im Landkreis Hildburghausen (Thüringen) dagegen nur 2,3 Monate. Der Anteil der Väter an den erwerbstätigen Beziehern von Elterngeld ist mit 36,1 in Jena vergleichsweise hoch und mit 16,4 Prozent im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz) besonders niedrig.
Zu den Regionen, in denen Väter ebenfalls noch mit am längsten Elterngeld beziehen gehören das hessische Offenbach am Main (4,6 Monate), Hagen (4,6 Monate), Mönchengladbach (4,6 Monate) und Bonn (4,5 Monate). Mit am kürzesten ist die Dauer auch in Wolfsburg (2,4 Monate) sowie in den Kreisen Schmalkalden-Meiningen (Thüringen, 2,4 Monate), Neuburg-Schrobenhausen und Regen (beide Bayern und je 2,5 Monate).
Ein Grund, als Vater auf einen eigenen Anteil an der Elternzeit zu verzichten, hat sich dabei wenig gewandelt: Die Angst vor beruflichem Misserfolg durch Stigmatisierung. Jeder fünfte Vater, der keine Elternzeit nimmt, verzichtet aus Karrieregründen. Das zeigte in diesem Jahr eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die am häufigsten genannte Begründung war das Geld, von dem Männer in vielen Paarkonstellationen mehr verdienen. „Es ist nicht unbedingt der Vorgesetzte oder die Personalabteilung – die halten sich in der Regel an die Gesetze. Ein Problem können Kollegen und die direkten Vorgesetzten sein. Der schiefe Blick und das Unverständnis für die anderen Prioritäten reichen manchmal“, sagte Wido Geis-Thöne vom Institut für Wirtschaftsforschung (IW) kürzlich gegenüber der WirtschaftsWoche zum männlichen Konflikt zwischen Beruf und Familie.
Mit Material von dpa
Mehr zum Thema: Wie engagierte Väter im Beruf ausgebremst werden und Warum ein erfolgreicher Manager für Frau und Kinder die Karriere aufgibt