Mehr Erfolg mit Englisch
Redewendungen mit Farben sind im Deutschen wie im Englischen verbreitet, allerdings bedeuten sie oft nicht dasselbe Quelle: imago images

Die 10 häufigsten Farb-Fehler auf Denglisch

Red eye, black eye, pink eye – alleine an diesen drei Augen erkennen wir, wie farbenfroh Büroalltag sein kann. Hauptsache man übertreibt es nicht mit „a plan into the blue“ oder „everything in the green area“.

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Zeit für eine kleine deutsch-englische Farbenlehre – und zwar genau genommen in beide Richtungen! Schließlich lässt sich das englische red tape, das „Bürokratie“ und „Amtsschimmel“ bedeutet, auch nicht einfach mit „rotem Band“ übersetzen, wenn es etwa heißt There’s too much red tape in Germany.

Da es in dieser Kolumne traditionell um das Deutsche im Englischen geht – und vor allem: es zu vermeiden! –, will ich mich auf typische Patzer konzentrieren, die uns passieren: Redewendungen, die in unserer Muttersprache zu den Standards zählen, aber die Sie nicht direkt übersetzen dürfen, wenn Sie verstanden werden wollen:

1. Fangen wir mit einem Klassiker an: „das Gelbe vom Ei“! Eine wörtliche Übersetzung existiert nicht, weder mit „gelb“ noch mit „Ei“. Man könnte sagen: That's brilliant! Oder: That's not exactly brilliant. Das erinnert mich nebenbei daran – in passing it reminds me –, dass ich in deutschsprachigen Texten gelegentlich „brilliant“ lese. Dann frage ich mich, ob wir langsam vergessen, dass unser „brillant“ nur mit einem „i“ geschrieben wird.

Zusatzvereinbarungen zum Gehalt sind das halbe job package. Denken Sie also nicht nur an Ihre car allowance, sondern auch an die Ausbildung der Kinder und nicht zuletzt Wellness! Die Rockstars machen es vor.
von Peter Littger

2. Noch ein Beispiel aus der Abteilung „dämliches Denglisch“: „Everything in the green area“. Wenn wirklich „alles im grünen Bereich“ ist, sagen Sie: Everything is fine oder everything is okay.

3. Kommen wir zu den Augen, die uns Farben und Schattierungen überhaupt erst erkennen lassen. Dass die Angelegenheit mit ihnen etwas unberechenbar ist, erkennen wir, wenn wir „rot sehen“ – denn das lässt sich problemlos direkt übersetzen: „I see red!“ Wenn hingegen das Auge selbst farbig oder schattiert ist, müssen wir aufpassen! Hat man etwa zu lange auf den Bildschirm gestarrt oder von den Nachtschichten im Büro ein „rotes Auge“ bekommen, stellen Sie sich beim Augenarzt nicht mit „red eye“ vor! Es ist stets vom pink eye die Rede – solange wiederum nicht die Folgen eines unzumutbar späten oder frühen Flugs gemeint sind (und man eine Schwäche für herbe Managerfloskeln besitzt): On Friday night, I took the red-eye from London and on Monday morning I took it back.

4. Bleibt noch das „blaue Auge“, das man real oder sinnbildlich kassieren kann. William Shakespeare hätte vor 400 Jahren tatsächlich „blue eye“ verstanden und geschrieben. Doch heute wird es black eye genannt: The face mask scandal gave the government a black eye – der Skandal um die Masken fügte der Regierung ein blaues Auge zu. Und weil ich gerade dabei bin: Stoßen Sie sich am Schreibtisch oder sonstwo mit dem Ergebnis eines „blauen Flecks“, benötigen Sie gar keine Farbe: it’s called a bruise [gesprochen: bruhs].

5. Das führt mich zur blauen Farbe, mit der wir Projekte immer dann aus- und anpinseln, wenn wir uns (noch) nicht sicher sind, also wenn wir ohne Plan und Orientierung, mit einem Schuss Willkür, aufs Geratewohl und auf gut Glück handeln: „ins Blaue“:
We’re going into the unknown.
We are flying blind.
It’s a random shot/a shot in the dark/a stab in the dark.
Ein verbreitetes Wort für das blaue Ungewisse ist haphazard [häpp,häs(ö)d] Je dunkelblauer es wird, desto besser passt es:
„Er gibt einen Tipp ins Blaue ab“ – he’s guessing haphazardly.
„Er versuchte es ins Blaue“ – it was his/an haphazard attempt.
„Die Polizei ermittelt im Blauen/Dunkeln“ – the police make/s an haphazard investigation. Noch besser gefällt mir hier eine spezielle Redewendung für Kriminalfälle, die farblos ist: The police is/are on a fishing expedition.

6. Als Faustregel können Sie sich merken, dass unser „Blau“ nicht übersetzt wird. Etwa auch, wenn wir „das Blaue vom Himmel versprechen“ oder gar „lügen“:
• He promised everything under the sun
• His promises are pie in the sky. It was a pie in the sky promise.
• He lied through his teeth.
• He lied his head off.

7. Geht im Deutschen vieles „ins Blaue“ hinein, kommt im Englischen einiges „aus dem Blauen“ heraus: He turned up out of the blue. Bei uns käme er „aus heiterem Himmel“: Peter called me out of the blue. Die Steigerung ist ein „Blitzschlag“ oder ein „Pfeil“, der aus dem Blauen kommt: Peter divorcing his wife didn't come as much like a bolt from the blue than his decision to quit his job – seine Scheidung war weniger unerwartet und überraschend als seine Entscheidung den Job an den Nagel zu hängen.

8. Unser „blauer Brief“ sucht auch seinesgleichen. Schulen verschicken ihn als Warnung, wenn die Versetzung gefährdet ist, es ist eine Art warning shot. Im Berufsleben kann er uns als knallhartes Kündigungsschreiben erreichen: a pink slip! Gibt es dafür schwerwiegende Gründe, kommt eine andere Farbe ins Spiel, die wir aus dem Fußball kennen: Peter was shown the red card. Oder: His boss showed him the red card.

Wie sollen englischsprachige Gesprächspartner schlau aus unseren Worten werden, wenn wir „werden“ immer mit „to become“ übersetzen – ohne dabei rot zu werden oder ohne vor der eigenen Einbetonierung zurückzuschrecken?
von Peter Littger

9. Apropos „rot“: Niemand will Schulden haben und „in den roten Zahlen sein“. Die Übersetzung funktioniert direkt: Everybody hates being in the red! Ebenso der ersehnte Zustand: Only winning the lottery took me out of the red. Auch der „rote Teppich“ wird in beiden Sprachen ausgerollt: The red carpet is rolled out every time our boss’s husband is visiting our department. Das erinnert mich ans red tape und daran, dass englischsprachige Kollegen stärker zu Rot neigen als wir. Fünf Beispiele:
• to catch someone red-handed – eine Person „auf frischer Tat ertappen“.
to be red in the face – als eine von vielen Möglichkeit peinliches Erröten auszudrücken: He goes/turns red in the face when his colleague tells him that his fly is undone/open – zum Beispiel weil der Hosenstall offen ist.
red hot – der neueste Trend, den alle wollen: The new gadget is red-hot.
red herring – „rot“ reimt sich auf „tot“, und so ist der Hering, der von wichtigen Themen und den wirklichen Problemen ablenken soll. Wir nennen es „Finte“: That topic sounds exciting but it is just a/another red herring.
• red-letter day – entspricht unserem „roten Eintrag im Kalender“, kombiniert mit einer Portion Freude: Without doubt, the product launch is a red-letter day for the investors.

10. Selbst wenn „Schwarz“ keine Farbe ist, kann ich Ihnen diesen letzten Tipp nicht vorenthalten: Sollten Sie „schwarz sehen“ (und zwar nicht weil Sie die Öffentlich-Rechtlichen prellen, sondern weil Sie keine Hoffnung haben), drücken Sie es so aus: I'm pessimistic about … Oder: I feel gloomy about … Neigt der Kollege sogar dazu „(immer) alles schwarz zu malen“, sagen Sie: He catastrophizes (AE)/catastrophises (BE) everything. Und sollten er oder Sie unterdessen, ähem, zur Schwarzarbeit neigen, müssen Sie sagen, wie es ist: I work illegally. I work/earn on the side. I don't pay taxes on my work. I get paid under the table.

Ich möchte hier wirklich riskieren, dass Sie vor lauter Redewendungen schwarz werden – until you are blue in the face. Dieser allerletzte blaue Ausdruck ist die beste Übersetzung für „bis zum Gehtnichtmehr“.

Wenn es Ihnen noch nicht bunt genug war, lesen Sie das Kapitel „Bekennt endlich Farbe – know your true colours!“ in meinem neuen Buch „Hello in the Round! Der Trouble mit unserem Englisch und wie man ihn shootet“.

Mehr zum Thema: So werden Sie auch auf Englisch souverän

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