Mehr Taschengeld So viel mehr Geld zahlen Eltern ihren volljährigen Kindern wegen der Inflation

Quelle: Getty Images

In den USA nehmen mehr als zwei Drittel der Eltern Einbußen in Kauf, um ihre volljährigen Kinder finanziell zu unterstützen. In Deutschland sind die Entbehrungen nicht ganz so krass. Aber auch hierzulande gleichen Eltern die Preissteigerungen aus – und erhöhen das Taschengeld.

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Inflation und steigende Zinsen sorgen bei jungen Erwachsenen, Studenten und Auszubildenden für finanzielle Engpässe. Nöte, die sie mit Nebenjobs lindern – oder dank elterlicher Fürsorge.

Fast die Hälfte aller Eltern in Deutschland, die ihren volljährigen Kindern Taschengeld geben, haben ihre Unterstützung in den vergangenen Monaten aufgestockt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der WirtschaftsWoche. 23 Prozent der Befragten gaben an, monatlich bis zu 150 Euro mehr an den Nachwuchs abzutreten, fünf Prozent machen sogar mehr als 450 Euro zusätzlich locker.

Civey befragte Mitte April mehrere Tausend Erwachsene mit Kindern über 18 Jahren. Grundsätzlich stellt demnach noch knapp die Hälfte, 45 Prozent, ein Taschengeld zur Verfügung. Die meisten Kinder bekommen bis zu 250 Euro. Diese Schwelle gaben 34 Prozent der Befragten an, knapp jeder Fünfte überlässt seiner Tochter oder seinem Sohn auch nach der Volljährigkeit bis zu 500 Euro. Bei vier Prozent sind es sogar mehr als 1000 Euro pro Monat.

Anlass für die Untersuchung war eine Umfrage aus den USA, über die der Finanznachrichtendienst „Bloomberg“ Mitte April berichtete. Demnach nehmen rund 70 Prozent der befragten Eltern in den Vereinigten Staaten aktuell Einbußen hin, um ihren bereits erwachsenen Kindern finanziell unter die Arme zu greifen. 51 Prozent rühren dafür ihr Erspartes für Notfälle an und 43 Prozent opfern einen Teil der Altersvorsorge.

In Deutschland liegen ähnliche Erhebungen von Stellen wie dem Statistischen Bundesamt oder dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zu diesen Themen allerdings fünf und sieben Jahre zurück. Die Inflation lag damals unterhalb von zwei Prozent.

Eltern gehen an Erspartes für Notfälle

Die Civey-Befragung zeigt nun: Ganz so heftig wie in den USA sind die Auswirkungen in Deutschland nicht. Ein Fünftel der Befragten gab an, aufgrund der Zahlungen an den Nachwuchs selbst in finanzielle Engpässe geraten zu sein.

Von denjenigen, die ihre Unterstützung aufgestockt haben, sagten 42 Prozent, dafür Erspartes für Notfälle einzusetzen. Knapp ein Drittel verwies auf „andere Geldquellen“. Zwölf Prozent setzen Ersparnisse fürs Rentenalter ein.

Die finanzielle Unterstützung des Nachwuchses an sich nimmt zu: Zwar war der Anteil der Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die ihr Geld hauptsächlich von den Eltern bekommen, seit 1996 nicht so niedrig wie 2020 (49,3 Prozent). Und der Anteil derer, die ihren Unterhalt selbst verdienen, ist seit 2004 um drei Prozentpunkte auf mehr als 38 Prozent gestiegen. Doch 2021 deutete sich eine Trendumkehr an: Das Geld von den Eltern machte bei mehr als der Hälfte der jungen Menschen (50,5 Prozent) plötzlich wieder das Haupteinkommen aus – ein Plus von 1,3 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.

Die Studenten und Studentinnen, die nebenher arbeiten, tun das heute in einem größeren Umfang als noch vor zehn Jahren, zeigt eine Studie des Bonner Forschungsinstituts Constata in Zusammenarbeit mit der Universität Maastricht. Die Anzahl der Wochenarbeitsstunden ist zwischen 2013 und 2021 von 11,1 auf 12,5 gestiegen.

Dies dürfte auch zu einem gewissen Teil damit zusammenhängen, dass junge Menschen immer früher zu Hause ausziehen: Während 2011 erst 27,5 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in einer eigenen Wohnung lebten, wohnten zehn Jahre später schon 31,2 Prozent nicht mehr im elterlichen Haushalt. Und allein zwischen 2019 und 2021 stieg dieser Anteil um fast drei Prozentpunkte. Die jungen Menschen müssen also viel früher Miete zahlen. Und diese sind teils deutlich gestiegen.

Einer Analyse des Instituts der Wirtschaft (IW) zufolge sind die Mieten für eine Musterwohnung 2022 um fast sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Besonders deutlich gingen die Preise in Berlin (18,5 Prozent) und Rostock (12 Prozent), Leipzig (12) und Greifswald (11,9), Heidelberg (11,7) und Kiel (10,4) nach oben.

Zehntausende Dollar fürs Studium

Gleichzeitig werden Plätze im Wohnheim rar: Zahlen des Deutschen Studierendenwerks (DSW) zeigen, dass aktuell das Verhältnis von Studenten zu geförderten Wohnplätzen bei 9,52 Prozent liegt. 1991 betrug diese Quote noch 15 Prozent, 2008 mehr als zwölf Prozent. „Die Preise für Gas, Strom, Wärme und Lebensmittel gehen durch die Decke. Günstiger Wohnraum für Studierende wird daher dringender gebraucht denn je“, sagte Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender beim DSW, im vergangenen Dezember.

Und doch unterstützen in den USA deutlich mehr Eltern ihre Kinder. Was nicht überrascht, denn die Lebenshaltungskosten sind sehr unterschiedlich: Während Studenten an staatlichen Hochschulen hierzulande lediglich den Semesterbeitrag in Höhe von einigen Hundert Euro aufbringen müssen, zahlen sie in den USA häufig mehr als 10.000 Euro pro Jahr. An der staatlichen Universität von Kalifornien werden aktuell 13.752 Dollar fällig. An den privaten Topadressen liegen die Gebühren noch deutlich höher: Für ein Studium an der Columbia University in New York City muss man aktuell mehr als 65.000 US-Dollar pro Jahr einplanen, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) jährlich 59.750 Dollar hinblättern.

Aus welchen Quellen junge Menschen Lehre und Leben letztendlich genau finanzieren, zeigte sich zuletzt im Sommersemester 2020 in einer Sonderauswertung des DZHW zur Überbrückungshilfe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Fast zwei Drittel der Studenten, die die Überbrückungshilfe nicht in Anspruch genommen haben, nutzen Geld von Eltern und Verwandten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. 43 Prozent der Studenten und Studentinnen arbeiten neben dem Studium, 17 Prozent erhalten BaföG – nur zwei Prozent mussten einen Studienkredit aufnehmen.

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