Wo andere Jungunternehmer ihren finanziellen Erfolg feiern würden, geht Mikkel Borg Bjergsø auch mal einen Schritt zurück. Wie bei der Eröffnung seiner Bierbar in Stockholm: „In keiner anderen Stadt waren wir so schnell profitabel“, sagt Bjergsø. Aber nur ein Jahr nach der Eröffnung schloss er den Laden. „Ich habe mich dort nie wohlgefühlt und wollte meinen Kunden das gleiche Gefühl ersparen.“ Bjergsø verfolgt eine Mission – und für die verzichtet er lieber auf schnelle Gewinne. Geschadet hat ihm das nie. Im Gegenteil.
Mikkeller im Sternerestaurant und über den Wolken
Der 40-jährige Däne ist Gründer der Biermarke Mikkeller – und hat es innerhalb weniger Jahre an die Tische der besten Sternerestaurants der Welt geschafft, darunter das Celler de Can Roca im spanischen Girona oder das Noma in Kopenhagen. Und die skandinavische Fluggesellschaft SAS serviert ihren Gästen in der Businessklasse exklusive Mikkeller-Biere.
Wie konnte ein Seiteneinsteiger, der bis 2010 noch Mathematik und Physik am privaten Det-Frie-Gymnasium in Kopenhagen unterrichtete, mit den Gepflogenheiten einer jahrhundertealten Branche brechen und eine weltbekannte Marke in der Nische schaffen? Noch dazu mit Mischungen, die für Liebhaber eine Offenbarung sind, für ungeübte Trinker aber eine Zumutung?
Was Gründer von Bjergsø lernen können
Bjergsø schuf sein Mikkeller-Imperium ohne Kredit und fremde Investoren. Anstatt sich für eine eigene Brauerei sofort zu verschulden, suchte der Däne lieber Kontakt zu anderen Braumeistern. So konnte er sich eine bereits vorhandene Infrastruktur mit Kollegen teilen. Weiterer Vorteil: Er knöpfte früh weltweite Kontakte zu den erfolgreichsten Brauern. Dieses Netzwerk hilft Bjergsø nun, Kunden in unterschiedlichen Ländern zu bedienen.
Der dänische Markt ist zu klein. Daher dachte Bjergsø von Beginn an global und belieferte schnell die USA. Weil er in Traditionsmärkten wie Deutschland nur langsam vorankommt, schaffte er sich mit Bars und Restaurants in Asien eine eigene Nachfrage. Dank sozialer Netzwerke überwindet er die räumliche Distanz. Und mit Veranstaltungen wie einem Bierfest in Kopenhagen, einem Laufclub und Braukooperationen erweitert er seine Zielgruppe.
Bjergsø hat die Massenware Bier zu einer exklusiven Spezialität erhoben. Mit limitierten Sonderauflagen sorgt er dafür, dass selbst seine treuesten Kunden ständig neue Produkte kaufen können. Und anstatt alle Sorten online verfügbar zu machen, gibt es seine seltensten Biere häufig nur in ausgewählten Läden, Bars oder bei Festivals. Die Suche nach einem Mikkeller-Bier kann für Kunden zur Jagd werden – und das Getränk zur Beute.
Manche Sorten schmecken, als würde man in eine Grapefruit beißen. Andere erinnern an den Torfrauch eines schottischen Whiskys oder an Federweißen. Mit dem Geschmack der konventionellen Biere, deren Brauereiriesen wie AB Inbev oder Heineken für ihre Pilssorten im Fernsehen werben, will Mikkeller nichts zu tun haben. Und genau mit dieser Attitüde trifft er den Zeitgeist.
Inzwischen macht Craft Beer (Handwerksbier) in den USA mit 22 Milliarden Dollar bereits ein Fünftel des gesamten Bierumsatzes aus. Die Brauer wollen sich vom vermeintlichen Einheitsgeschmack der Großkonzerne absetzen, indem sie handwerklich und in kleinen Mengen produzieren. Vor allem aber unterscheiden sich Craft-Brauer dadurch, dass sie mit neuen Sorten und Zutaten experimentieren.
Deutsche Kehlen gewöhnen sich langsam an den Geschmack: Eine Umfrage des Marktforschers Mintel unter mehr als 1300 Internetnutzern zeigte, dass knapp ein Viertel der Biertrinker 2015 bereits einmal Craft Beer gekauft hat. Das animiert Konzerne wie AB Inbev inzwischen sogar dazu, kleine Craft-Brauereien aufzukaufen. Mikkeller hingegen ist weiterhin unabhängig. Auch deshalb genießt die Marke weltweit Anerkennung.