Würde „Marina Hoermanseder“ auch für Männer funktionieren?
Hoermanseder: Ich arbeite ja viel und gerne mit Leder und Schnallen, das ist nun nicht jedermanns Sache (lacht). Jedenfalls nichts fürs Büro. Aber wir haben sehr viele männliche Fans. Und ich überlege auch, für Männer zu entwerfen. Aber das wäre ganz anders als meine Entwürfe für Frauen. Klassischer. Cleaner. Ein weißes Hemd mit perfektem Sitz. Vielleicht ein paar Details. Mehr nicht.
Cloppenburg: Es gibt eben mittlerweile auch Männer, die sich dafür interessieren, ob das Hemd Perlmuttknöpfe hat, die eine exzellente Passform zu schätzen wissen, die auf Details eines Anzugs Wert legen.
Aber es ist immer noch einfacher, sich als junger Designer mit Frauenmode einen Namen zu machen. Gibt es in Deutschland überhaupt gute Designer für Herren?
Hoermanseder: Schwierig. Herr von Eden ist vielleicht so ein Beispiel.
Cloppenburg: Stimmt, das ist wirklich jemand, der Mode machen will. Aber es ist in Deutschland nicht leicht, als Label nach oben zu kommen. Im eigenen Land gilt der Prophet oft nichts. Aber nehmen wir zum Beispiel Drykorn, mittlerweile eine ziemlich große Marke. Die haben mich immer begeistert, weil sie von Anfang an konsequent auf Mode gesetzt haben.
Käme klassischer Handel wie P&C für Sie infrage, Frau Hoermanseder?
Hoermanseder: Natürlich. Das ist kein Entweder-oder. Ich brauche die tollen, extravaganten Teile, um meine Kreativität auszuleben, meine Philosophie in ihrer Bestimmtheit präsentieren zu können, das Markenprofil zu bilden. Aber ich brauche auch Pullover und T-Shirts, die schön, aber alltagstauglich und erschwinglich sind. Basics, die man sich leisten kann. Ja, es ist toll, wenn die eigene Marke in Hongkong gefeiert wird. Aber sie sollte erreichbar bleiben. Demokratisch, wenn Sie so wollen.
Was halten Sie dann von Start-ups, die gerade Männern Mode näherbringen wollen?
Hoermanseder: In einem Wort: super. Outfittery zum Beispiel. Ich glaube, da sind viele Männer über etwas Hilfe extrem dankbar. Und sie lassen sich was sagen. Einkaufen gehen die meisten ja weiterhin eher ungern ...
Also ist das Internet heute das, was früher die Mutter an meiner Seite war?
Hoermanseder: Exakt.
Cloppenburg: Wer nicht genau weiß, was er will, und auch nicht, was es überhaupt gibt, der ist für diese Hilfe sehr dankbar. Für die Beratung. Aber am Ende für die Sicherheit.
Die beliebtesten Textilhersteller
Mango (+20 Indexpunkte)
Quelle: YouGov BrandIndex Ranking: Marke des Jahres 2014
Der BrandIndex gibt auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten an, wie Verbraucher das Image einer Marke bewerten.
Vero Moda (+22 Indexpunkte)
H & M (+26 Indexpunkte)
Peek & Cloppenburg (+36 Indexpunkte)
C & A (+39 Indexpunkte)
Haben Start-ups nicht noch mehr getan: nämlich die Dresscodes für Arbeit komplett verändert? Es gibt doch kaum noch einen CEO, der noch Krawatte trägt.
Cloppenburg: Dazu habe ich eine ganz eigene Theorie: Wer sie ablegt, demonstriert, dass er in der Position ist, sie einfach ablegen zu können. Es ist in erster Linie also ein Symbol, eine Geste, der manchmal schon der Inhalt abhandenkommt. Ich bin deshalb fast schon so weit, eine Gegenbewegung anführen zu wollen. Zumindest habe ich meistens eine dabei (Cloppenburg zeigt auf seine Brusttasche, die Krawatte fungiert als Einstecktuch). Die Krawatte ist schließlich eine der wenigen Möglichkeiten, wo der Mann spielen und experimentieren kann.
Hoermanseder: Danke, ich bin auch eine Freundin der Krawatte. Mein Vater ist jeden Morgen mit vier Stück zu meiner Mutter gegangen und hat sich beraten lassen. Das prägt. Und wenn mein Vater früher von der Arbeit kam, dann war da bei der Umarmung dieses kühle, gebügelte Hemd und diese Botschaft: Honey, I’m home and had a hard day. Ich habe dafür echt eine Schwäche. Da bin ich eine österreichische Spießerin (lacht).
Und Sneakers zum Anzug?
Hoermanseder: Nein, auf gar keinen Fall! Ich hoffe, du wolltest jetzt nicht ja sagen ...
Cloppenburg: ... Nein, keine Sorge. Zum klassischen Anzug gehen sie ganz sicher nicht. Bei manchen lässigeren Hose-Jackett-Kombinationen aber sehr gerne – Sneaker ist ja schließlich nicht gleich Sneaker.
Hoermanseder: Aber dann bitte flache, nicht so knöchelhohe. Diese Stiefel zu einer Anzughose, die noch reingestopft wird – bloß nicht.