Fußballclubs wissen es längst. Vereinshymnen - ob „Stern des Südens“, „Blau und Weiß, wie lieb‘ ich dich“ oder „Düsseldorf ist die Macht am Rhein“ - stiften Identität und spornen die Mannschaft zu Höchstleistungen an. Die Kraft der Musik haben auch immer mehr Unternehmen für sich entdeckt. Dass eine angenehme musikalische Berieselung den Absatz im Supermarkt steigert und eingängige Melodien Werbebotschaften als Ohrwurm in Kundenhirnen verankern ist nur die eine Seite. Zunehmend wird Musik, vor allem in der Form von Firmenhymnen zum Mitsingen aber auch zur Mitarbeitermotivation genutzt. Im Rahmen von „Behavioural Branding“ soll dadurch die Identifikation mit dem Arbeitgeber gesteigert und so markenkonformes Mitarbeiterverhalten erzeugt werden. Die Gefahr, sich lächerlich zu machen, ist dabei aber inbegriffen, wie manches Beispiel zeigt.
Musikalischer Detailhandel
Innen- und Außenwahrnehmung von Unternehmen sind oft weit auseinander, wie eine kleine Odyssee durch die verschiedenen Unternehmenssongs zeigt. Besonders gut eintauchen in die musikalische Unternehmenskultur kann man im Detailhandel. Bekannt ist vor allem „Ein Lächeln ist Mehrwert“ von Kaufland. Rewe profiliert sich derweil mit gleich zwei Titeln: „Ich bin Rewe“ und „Jeden Tag ein bisschen besser“.
Edeka zieht mit und singt: „Wir lieben Lebensmittel“ und „Wir sind die Edekaner“. „Wir lieben größte Vielfalt statt Discounter-Einerlei“ preist Edeka sich selbst an. Typisch für einen Unternehmenssong ist die Abgrenzung zur Konkurrenz. Diese punktet im vorliegenden Fall zwar nicht mit einem eigenen Unternehmenssong, aber bietet genug Angriffsfläche für eine humoristische Aufarbeitung – z.B. mit „A.L.D.I.“.
In die gleiche Kategorie gehört „Schienenersatzverkehr“ über die Verspätungen bei der Deutschen Bahn. Dass diese beiden Songs nicht von offizieller Seite abgesegnet worden sind, versteht sich von selbst. In der Schweiz mobilisierten die Schweizerischen Bundesbahnen mit ihrem Song „Welcome Home“ über die Belegschaft hinaus. Die Werbehymne, für die die Sängerin und der Sänger in einem internen Casting ermittelt worden waren, stieg direkt auf Rang 9 in den offiziellen Musikcharts ein.
Verliebt in eine Packstation
Ebenfalls eher als Werbemusik konzipiert ist der Song der Deutschen Post – „Denn zum Glück gibt es die Packstation“. So verliebt wie der Sänger da seine Packstation besingt, könnte man meinen, er hätte Flugzeuge im Bauch – doch dieses Thema besetzt bereits Air Berlin: „Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin“.
Allgemein scheint auch die Aviatik-Branche ein guter Nährboden für Unternehmenssongs zu sein. So streckt sich TUIfly mit „Touch the sky“ zum Himmel, während sich Frankfurt als „Airport City“ profiliert und Hannover besonders weltoffen ist: „Close to the World“.
Singendes Management
In Düsseldorf hat zwar nicht der Flughafen, aber immerhin die Messe einen eigenen Song: „With Service and Quality“. Weniger abgedroschene Management-Parolen als vielmehr harte Fakten stehen bei Opel im Zentrum. Im Rahmen der Teilschließung des Werks in Bochum entstand vor drei Jahren der von der Belegschaft an die Belegschaft gerichtete Song „Gebt nicht auf“ , der heute wieder aktueller ist denn je.
Wie man es nicht machen sollte, zeigen die auf Seriosität bedachten Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young. Zur Melodie von „Oh happy day“ heißt es in deren Lied statt „when Jesus washed“: „when Ernst & Young showed me a better way“. Sektiererische Züge zu unterstellen, ist wohl unangebracht. Aber Lust zum Mitsingen macht das Lied dennoch eher nicht.
Wenn Manager zum Mikrofon greifen, dann gilt es, sie darauf vorzubereiten. Die Zeichen der Zeit erkannt hat man an der Universität St. Gallen (HSG), die seit diesem Frühling ihre eigene Hymne besitzt. Mit „HSG“ hat die Professorenband B110 eine Alternative zum „Gaudeamus Igitur“ geschaffen und räumt dabei gleich einmal mit dem Klischee der Kaderschmiede auf, abgehoben und elitär zu sein.
Wer nun seine eigene Unternehmenshymne in Auftrag geben möchte, kann das bei verschiedenen Anbietern tun, zum Beispiel bei Stefan Hieronimus und seiner Firma hieromusic– für alle anderen gilt: zuhören, mitsingen und ab und zu fremdschämen.