Neue OECD-Studie Deutschland fällt im Weiterbildungs-PISA durch

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Selbst für Experten ist der Markt unübersichtlich

Sie sehen sich außerdem 18.000 Anbietern von Seminaren, Onlinekursen und Trainings gegenüber, die oft nicht geprüft oder zertifiziert sind. „Der Markt ist schon für uns unübersichtlich und wir sind die Expertinnen auf dem Gebiet“, sagt Meierkord. Eine Lösung dafür könnte eine zentrale Plattform sein, auf der Menschen, die weiter lernen wollen, auf einen Blick alles Nötige erfahren. „Diese Informationen zu koordinieren und zusammenzuführen, ist ein Punkt, an dem Deutschland durchaus größere Ambition zeigen kann."  

Eine weitere Hürde für Menschen, die sich weiterbilden wollen, liegt darin, wie sie ihr neues Wissen nachweisen können. Schul- oder Hochschulabschlüsse oder auch Berufsausbildungen folgen einem strukturierten und starren System, das eine hohe Qualität garantiere, aber deshalb auch wenig Flexibilität zulasse, so Anja Meierkord. Allerdings erlauben die strukturellen Umbrüche nicht, dass Menschen Mitte 40 wieder bei null anfangen und drei Jahre die Schulbank drücken oder eine Ausbildung durchlaufen. 

„Die Anforderungen der Arbeitswelt wandeln sich schnell, deshalb brauchen wir auch schnelle Möglichkeiten der Weiterbildung“, sagt die OECD-Ökonomin. Eine Lösung könnte sein, dass vorhandenes Wissen offiziell zertifiziert und anerkannt werde. Eine andere Möglichkeit zeigen Finnland und Dänemark: Dort können Menschen Wissen in einzelnen Modulen aufnehmen und diese werden als Teilqualifikationen von Arbeitgebern anerkannt. 

Die Weiterbildungsungleichheit in Deutschland ist groß 

Problematisch ist für Anja Meierkord noch eine weitere Facette: „In Sachen Weiterbildung ist Deutschland eines der Länder mit der größten Ungleichheit.“ Erwachsene mit geringen Grundkompetenzen, Geringverdiener und Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen hätten besonders niedrige Teilnahmequoten an Weiterbildungen. Eine Person mit mittlerem oder höherem Qualifizierungsniveau bildet sich mehr als doppelt so häufig weiter, als eine Person mit niedrigem Qualifizierungsniveau. 

Meierkord nennt das den Matthäus-Effekt der Bildung: Wer bereits ein gewisses Maß an Wissen erreicht hat, der bekommt auch immer mehr. So gehe die Bildungsschere, die sich nach der Erstausbildung bereits öffne, immer weiter auf. „Das ist in vielen Ländern so, aber einige Länder zeigen auch, dass es möglich ist, dass Geringqualifizierte mehr lernen.“

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Insgesamt ist die Botschaft von Anja Meierkord klar: „Es muss Menschen so leicht wie möglich gemacht werden, eine Weiterbildung zu bekommen, wenn sie das möchten.“ Dabei helfe auch der Blick in die Nachbarländer. Finanzielle Hürden könnte man mit individuellen Lernkonten wie in Frankreich überwinden, bei dem Menschen jährlich bis zu 500 Euro gutgeschrieben werden, um sie dann für eine Weiterbildung auszugeben. Fehlende Zeit für eine Weiterbildung könnte wiederum durch Weiterbildungszeiten wie in Österreich gelöst werden, wo gesetzlich festgelegt ist, dass Individuen auch während längerer Ausbildungszeiten weiter bezahlt werden.

Mehr zum Thema: Wer klug auf Weiterbildung setzt, beflügelt seine Karriere. Welche Fähigkeiten gefragt sind, wo Sie diese erlernen und wie Sie damit punkten können.

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