Keine Erfolgserlebnisse gehabt?
Es gab bei den Sportarten, die ich länger betrieben habe, den Punkt, da gewöhnt man sich an die Bewegung. Dann können die Gedanken abschweifen.
Was war die größte Entbehrung in den vier Jahren für den Sport?
Gar nichts. Ich halte nichts von Entbehrung. Das ist eine Frage der Einstellung. Das ist nur ein Wort, das wir benutzen, wenn wir mit etwas nicht klarkommen. Wenn man den neuen Weg einschlägt, sei es eine gewisse Diät oder ein Muskelkater, dann muss man das umarmen. Als Teil einer neuen Erfahrung. Deswegen würde ich das nicht Entbehrung nennen. Ich habe das sehr genossen, zu sehen, was für eine Anzahl an Muskeln ich habe und festzustellen, was da so alles weh tun kann am nächsten Morgen. Und Ruderer sind sehr gerne schon um sechs Uhr in der früh auf dem Wasser und müssen dafür um fünf aufstehen. Das wäre für mich unter normalen Umständen eine Entbehrung. Aber so früh im Sonnenaufgang auf dem Wasser, das ist selbst in einer Großstadt wie Wien fast paradiesisch.
Haben Sie nicht Alkohol reduziert oder „gesünder“ gegessen?
Daran gewöhnt man sich sehr schnell. Es gibt ein paar Tage, wo man damit zu kämpfen hat, aber Entbehrung ist ein viel zu starkes Wort dafür.
Sie beschreiben die Glücksmomente, in denen ein Knoten platzt und eine Disziplin in der Ausführung ihren Zauber entfaltet. Ist das wie ein Rausch?
Die körperliche Anstrengung bringt etwas mit sich, das das rein Geistige bei mir nie erreicht hat. Ich denke, dass es ein bestimmter Typus Mensch ist, der die Reise an die Grenze des eigenen Körpers und die Überwindung als ein zentrales Moment des Lebens betrachtet. Das ist kein Leiden, das man erfahren hat, sondern eine Einladung, in Bereiche vorzustoßen, die einem vorher unbekannt waren.
Das ist schon ein besonderes Glück, das man nicht so leicht durch andere Tätigkeiten erfahren kann.
Sport als gesellschaftlich gebilligte Flucht?
In unserer Gesellschaft, die ja doch für viele recht abgesichert ist, ist es doch so, dass wir keine so großen Amplituden haben. Sport ist etwas, wo man sich aus dieser gesicherten Wohlstandsgesellschaft in die prickelnde Unsicherheit begeben kann.
Sind dafür ständig persönliche Bestleistungen nötig?
Da sind die Menschen unterschiedlich. Es gibt die Zahlenfetischisten, die stundenlang erzählen können, wie viel sie trainiert haben und sich deswegen sieben Sekunden verbessert haben. Das gibt es und ich möchte das gar nicht kleinreden. Es sind unterschiedliche Typen. Und es gibt die instinktiv und intuitiv vorgehen.
Ihre selbst gestellte Anforderung war: Halb so gut wie der jeweilige Olympiasieger in London 2012. Das haben sie in vielen Fällen geschafft, in vielen nicht.
In manchen nicht mal annähernd!
Haben Sie manchmal vor den Profis den Respekt ein wenig verloren? Manchmal waren Sie knapp an denen.
Nein, gar nicht. Daran sieht man, wie wenig Zahlen aussagen. Auf dem Papier schaut es so aus, dass ich zum Beispiel nur 25 Prozent schlechter bin als der Olympiasieger im Bahnradfahren. Aber wenn Sie dann sehen, wie unglaublich viel Training es bedarf, um sich selber nur eine weitere Sekunde zu verbessern, dann wissen Sie, dass man nicht wirklich nah dran ist.
Die Steigerungskurve ist in jeder Sportart unterschiedlich. Bei den Radfahrern auf der Bahn ist es brutal. Da wird jahrelang trainiert, um Zehntelsekunden schneller zu werden.
Das Ringen, eine der klassischsten Sportarten, sollte aus dem Programm der Spiele entfernt werden. Haben sie bei einigen Sportarten gedacht, dass sie nicht so gut zu Olympia passen oder kennen andere, die es Ihrer Meinung nach sein sollten?
Nehmen wir das Schießen. Die Schützen haben sehr viele Disziplinen. Einige davon erschließen sich für einen Nicht-Schützen nicht. Ich habe auch keinen getroffen, der mir sagen konnte, warum 50 Meter liegend so viel anders ist als 50 Meter stehend. Da fragt man sich schon, warum es bei manchen Sportarten noch eine erstaunliche Vielfalt an Disziplinen gibt und bei anderen eher wenig. Die Logik ist nicht ersichtlich.