Preismanagement Teuer macht sexy

Bis zu 4000 Euro verlangt Apple für sein neues Laptop, doppelt so viel wie die Konkurrenz. Die Nachfrage ist dennoch hoch – nicht trotz, sondern wegen des hohen Preises. Denn der macht viele Produkte erst wirklich attraktiv.

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Apple-Chef Tim Cook Quelle: REUTERS

Tim Cook verdient Milliarden mit Produkten, die niemand braucht: Mehr als 35 Millionen iPhones und knapp zwölf Millionen iPads verkaufte Apple unter der Ägide des Vorstandsvorsitzenden allein in den ersten drei Monaten 2012 – was dem Elektronikkonzern einen Quartalsgewinn von umgerechnet gut neun Milliarden Euro bescherte.

Und es sieht danach aus, als habe der Apple-Chef schon den nächsten Verkaufsschlager im Programm: Mitte Juni stellte Cook auf der Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco die neueste Version der Laptopserie MacBook Pro vor. Highlight des kleinen mobilen Rechners ist das sogenannte Retina-Display, das eine so hohe Auflösung verspricht, wie sie sonst nur iPhones und iPads bieten.

Und diese Innovation lässt sich Apple teuer bezahlen: Der Einstiegspreis für das Modell liegt bei etwa 2300 Euro, mit der besten Ausstattung kostet es knapp 4000 Euro und damit zwei bis drei Mal so viel wie Laptops der Konkurrenz oder bisherige Standard-Notebooks aus dem eigenen Haus. Doch die Kunden störten sich nicht am hohen Preis: Bereits wenige Stunden nach Cooks Präsentation stiegen die Lieferzeiten auf drei Wochen.

Die wichtigsten Neuheiten bei Apple
Der Star der morgendlichen Apple-Präsentation, die um 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit in San Francisco stattfand: Das neue Macbook Pro. Das iPad von Apple hat viele Verbraucher von klassischen Notebooks und Desktop-Computern weggelockt. Mit dem neuen Gerät will der Konzern zeigen, dass er auch mit seinen Laptops noch Begeisterung wecken kann. Quelle: dapd
Wichtigstes Feature des neuen Modells: ein Retina-Display mit einer Auflösung von 2800 x 1800 Pixeln. Mit Retina bezeichnet Apple alle Bildschirme seit dem iPhone 4, deren Pixel bei einem alltäglichen Betrachtungsabstand mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen sind. Das neue Macbook Pro bietet vier Mal so viele Pixel wie der Vorgänger. Quelle: dapd
Ein weiteres Vorteil gegenüber den alten Modellen: Das Display ist zwar immer noch „glossy“ - glänzt also durch brillante Farben, weil es nicht mattiert wurde. Es soll dabei aber 75 Prozent weniger Sonnenlicht reflektieren - also weniger störende Reflektionen haben. Auf dem Bildschirm mit 15 Zoll Diagonale (38 cm) bringt mit 2800 x 1800 Pixeln deutlich mehr Pixel unter als als bei einem Full-HD-Fernseher mit seinen 1920 mal 1080 Pixeln. Damit die Auflösung auch ausgenutzt wird, müssen allerdings einige Programme daran angepasst werden. Zu den bereits angepassten Programmen gehören Photoshop, AutoCAD und das Spiel Diablo 3. Quelle: dpa
Das neue Macbook Pro ist etwa ein Viertel dünner als das Vorgängermodell. „Es ist der beste Computer, den wir je gebaut haben“, sagte Chefdesigner Jony Ive in einem eingespielten Video. Ein ausgeklügeltes Element sind etwa asymmetrische Flügel an den internen Ventilatoren, damit sich deren Geräusch auf ein breites Frequenzspektrum verteilt und damit kaum hörbar wird. Soviel Liebe zum Detail hat aber auch ihren Preis: Die günstigste Konfiguration kostet in Deutschland 2279 Euro. Die kompaktere Laptop-Reihe Macbook Air bekommt unter anderem einen neuen Prozessor von Intel, bessere Grafik und schnellere Anschlüsse des Formats USB 3. Quelle: Reuters
In iOS 6 setzt Apple noch stärker als bisher auf Siri und bügelt mehrere oft kritisierte Mankos aus. So kann man mit Hilfe von Siri jetzt per Stimmbefehl auch Apps starten. Auch Facebook hört aufs Wort. Die Integration im Auto wird verbessert mit Modellen unter anderem von BMW, Mercedes und Audi. Sprachen wie Spanisch und verschiedene Chinesisch-Varianten erweitern den Nutzer-Kreis. Und der „persönliche Assistent“ kommt nun auch auf das iPad-Tablet. Quelle: Reuters
Wie erwartet wurden Details zum nächsten Mac-Betriebssystem OS X „Moutain Lion“ vorgestellt. Mit der neuen Software sollen mehr populäre Elemente von iOS den Weg auf die Macs finden, etwa beim Umgang mit Erinnerungen, Notizen, Mitteilungen. Außerdem wird Apples Online-Speicherdienst iCloud stärker eingebunden, die Macs bekommen eine eingebaute Diktier-Funktion. Die neue Funktion „Power Nap“ hält die Macs auch im Standby-Zustand auf dem Laufenden. „Mountain Lion“ („Berglöwe“ oder „Puma“) kommt im kommenden Monat auf den Markt. Apple erneuert die Mac-Software kurz vor dem für Herbst erwarteten Start des Microsoft-Systems Windows 8. Obwohl der Marktanteil des Mac seit Jahren steigt, dominiert Windows weiter klar das PC-Geschäft. Quelle: dapd
Neu mit iOS 6: Ein eigenenr Kartendienst, der Google Maps ablösen soll. Die Apple-Karten sollen mit dreidimensionalen Ansichten von Städten sowie aktuellen Verkehrsmeldungen punkten und über den Sprach-Assistenten Siri zu bedienen sein. Apples Maps hat den Bewertungsdienst Yelp integriert. Außerdem zeigt es auch Staus an. Dazu nutzt es anonymisierte Daten der iPhone-Nutzer. Quelle: dapd

Theorie der feinen Leute

Eine erste Antwort auf die Frage, warum hohe Preise die Nachfrage sogar ankurbeln, fand der US-Ökonom Thorstein Veblen 1899 in seiner „Theorie der feinen Leute“: Bei gewissen Produkten, schrieb Veblen, verkehre sich die Logik „steigende Nachfrage bei sinkenden Preisen“ ins Gegenteil – je höher ihr Preis, desto begehrenswerter seien sie. Den Grund dafür sah Veblen im sogenannten Geltungskonsum: Die Kunden wollten durch den Kauf beweisen, dass sie zu einer gewissen Schicht gehörten. Veblens Beobachtung ist mehr als 100 Jahre alt – und aktueller denn je.

Denn ob Laptops für knapp 3000 oder Smartphones für mehrere Hundert Euro; ob Züge oder Atomkraftwerke für ein paar Milliarden Euro; eine Jeans für 69 Euro und rahmengenähte Lederschuhe für 600 Euro; ob eine Tafel Schokolade für 59 Cent oder eine Handvoll Schrauben für einen Euro: Für Unternehmen ist es eine enorme Herausforderung, den optimalen Preis für ihre Produkte zu finden.

Fast jede Branche befindet sich heute in einem globalen Wettbewerb, osteuropäische und asiatische Konkurrenten produzieren häufig wesentlich günstiger. Umso wichtiger ist es, einen Preis zu finden, der hoch genug ist, um alle Kosten zu decken und Gewinn zu machen. Und der gleichzeitig niedrig genug ist, um die Kunden nicht dem günstigeren Konkurrenten in die Arme zu treiben.

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