




Millionen von Menschen sprechen mehrere Sprachen – und viele benutzen auch im täglichen Arbeitsleben häufig nicht ihre Muttersprache, sondern eine Fremdsprache. Glaubt man einer neuen Studie, dann könnte sich das sogar auf die Art auswirken, wie die Mehrsprachler Entscheidungen treffen. Zu diesem Resultat gelangte Boaz Keysar, Psychologe an der Universität von Chicago, in insgesamt sechs Experimenten.
Für einen Versuch gewann er 54 US-Studenten, die außer ihrer Muttersprache Englisch auch Spanisch sprachen. Jedem Freiwilligen überreichte Keysar 15 Dollar in Ein-Dollar-Scheinen. Nun konnten sie entscheiden, ob sie den Dollar entweder behalten oder ihn für die Möglichkeit aufs Spiel setzen wollten, weitere 1,50 Dollar zu gewinnen – mit einem Münzwurf. Will sagen: In jeder Runde konnten sie 2,50 Dollar verdienen oder einen Dollar verlieren.
Keysar wollte dadurch herausfinden, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Studenten attraktive Wetten eingingen. Denn: Statistisch gesehen beendeten die Freiwilligen die Wette mit einem Gewinn, wenn sie bei allen 15 Versuchen setzten.
Fremdsprachler denken weniger intuitiv
Und dabei zeigte sich: Wer an dem Spiel in seiner Muttersprache teilnahm, konzentrierte sich vor allem auf die Verlustangst, jeden Einsatz zu verlieren. Jene Probanden wetteten nur in 54 Prozent der Fälle. Die Studenten, die an dem Versuch auf Spanisch teilnahmen, wetteten hingegen in 71 Prozent aller Fälle.
Wer in einer Fremdsprache rede, distanziere sich gewissermaßen automatisch von der Situation, meint Keysar. Die Folge: Er denkt weniger intuitiv, lässt sich weniger von Angst leiten – und trifft mitunter bessere Entscheidungen.
Schon seit langem wissen Psychologen, dass Menschen eine natürliche Aversion gegen Verluste haben und dadurch oft auf attraktive Möglichkeiten verzichten. „Diese Abneigung reduziert sich extrem, wenn Menschen in ihrer Nicht-Muttersprache Entscheidungen treffen“, sagt Keysar. Weil sie sich dann weniger von Gefühlen leiten lassen – und wesentlich kalkulierter handeln.