
Er sieht aus wie Marihuana und schmeckt nach Erde – das also ist der teuerste Tee der Welt? Am Geschmack allein kann es kaum liegen, es muss weitere Gründe geben. Zum einen soll Pu-Erh-Tee, wie so viele chinesische Lebensmittel, wohltuend für Körper und Seele sein. Auch das Abnehmen soll er unterstützen, zudem giftige Stoffe aus dem Körper spülen und bei der Verdauung fetter Lebensmittel helfen. Wer besonders viel Pu-Erh-Tee trinke, so die Verheißung, könne ungehemmt schlemmen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung möchte diese Verheißungen auf Nachfrage allerdings nicht bestätigen.
Preisblase bei grünem Tee?
Der großen Beliebtheit des Tees schaden solche Zweifel nicht. 114.000 Tonnen Pu-Erh wurden 2014 produziert, 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Die steigende Nachfrage treibt den Preis nach oben. 1985 bekamen Bauern in Xishuangbanna, Yunnans berühmtester Anbauregion für Pu-Erh an der Grenze von Myanmar und Laos, umgerechnet 45 US-Cent für drei Kilo getrockneten Tee. 1995 waren es bereits 75 US-Cent. 2003 wurde das Monopol von Menghai, einem Staatsunternehmen, aufgebrochen und der Markt für Privatunternehmer geöffnet. Schon 2010 kostete ein Kilo Frühlingsernte Pu-Erh 220 Dollar. Im vergangenen Frühjahr stiegen die Preise auf 713 Dollar. Manch einer sprach schon von einer Blasenbildung im Teegeschäft.
Die beliebtesten Teemarken in Deutschland
Gemessen an dem Konsum in den letzten vier Wochen landet der Tee der Marke Mayfair mit 2,3 % der Käufer auf Platz acht.
Immerhin 3 % der deutschen Teetrinker kauft am liebsten bei der Marke Twinings.
Auf Platz 6 landet die Teemarke Windsor Castle mit 3,9 %.
4,2 % der Deutschen trinken gerne Tee von Bünting. Der fünfte Platz geht an diesen Hersteller.
Auf Platz 4 schafft es die Teemarke Goldmännchen mit 5,8 %.
15,5 % der deutschen Konsumenten trinkt am liebsten Tee der Marke Milford.
Auf Platz 2 landen die Tees der Marke Meßmer mit 22,7 Prozent.
Laut Statista waren Tees von der Marke Teekanne im Jahr 2014 in Deutschland am beliebtesten. 25,7 % der Konsumenten bevorzugten diese Teemarke.
Denn seit einigen Jahren wird dem Pu-Erh nicht nur eine positive Wirkung für den Körper, sondern auch für das Bankkonto nachgesagt. In Zeiten, in denen herkömmliche Anlagemöglichkeiten wie Immobilien oder Aktien zu unsicher erscheinen, ist Tee für Chinesen zum Spekulationsobjekt geworden. Wie ein edler Rotwein wird auch Pu-Erh-Tee mit dem Alter besser und teurer. Kenner pressen die gedämpften Blätter zu Kuchen oder in Scheiben zu jeweils 357 Gramm und lassen sie in dieser Form reifen. Bis zu 150 Jahre lang lässt er sich auf diese Weise lagern.
Von diesem Trend leben einige Händler ziemlich gut, etwa der 48-jährige Xu Jian aus Shanghai, der sich auf Pu-Erh-Tee spezialisiert hat. Gästen serviert seine Assistentin, eine zierliche junge Frau, am liebsten auf einem Tablett aus Bambus eine Teekanne, vier kleine Tassen und zwei Schalen mit getrocknetem und gepresstem grünem Kraut. Dann schüttet sie 80 Grad heißes Wasser darauf – und kippt alles in einen Abfalleimer. Der erste Aufguss soll Tasse und Kanne reinigen und Bakterien töten.
Zigarren, Whiskey, Kunst und: Tee
Teehändler Xu raucht derweil und erzählt. Das Tablett: aus dem besten Bambus von ganz China, in der Provinz Hunan gefertigt, 20.000 US-Dollar wert. Die Kanne: 30 Jahre altes Keramik, aus der Stadt Wuxi, 3000 US-Dollar teuer. Der Tee: trägt den Namen „7542“ und stammt aus dem berühmtesten Anbaugebiet der Welt. Ein Gramm kostet umgerechnet etwa 15 Euro. Vier Gramm braucht der Trinker. Das Gebäude, in dem die Prozedur stattfindet, stammt aus den Dreißigerjahren, als Shanghai noch eine Kolonie europäischer Mächte war.
Die Stadtautobahn führt 100 Meter an der Terrasse vorbei. Auch die rote Smogsonne trübt die Entspannung, die sich doch durch das Trinken von Tee einstellen soll. Doch wer China kennt, weiß: Die Kunst, sich in diesem Land wohlzufühlen, liegt im Ignorieren der Störfaktoren. Sowieso: In Xus Teehaus kommen die Kunden weniger zum Genießen, sondern zum Kaufen. Stolz führt der Besitzer durch seinen Laden, Ort des Luxus: ein Humidor für Zigarren, ein Zimmer nur für Whiskey, Kunst an den Wänden. Und eben die getrockneten edlen Blätter.