Pu-Erh-Tee Der teuerste Tee der Welt

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Die Erfindung des Tees

Dass man die Blätter einer Pflanze in heißes Wasser werfen und das Resultat trinken kann, geht der Legende nach auf den chinesischen Kaiser Shennong zurück. Der Feldherr lebte vor 5000 Jahren und trank gekochtes Wasser, um gesund zu bleiben. Eines Tages soll ihm ein Blatt in die Tasse gefallen sein. Shennong erschrak kurz, dann trank er – und war begeistert.

Streng genommen handelt es sich bei Tee ausschließlich um die getrockneten Teile der gleichnamigen Pflanze, Kenner unterscheiden zwischen vier Sorten: schwarz, grün, weiß und Oolong. Da frische Teeblätter schnell verfaulen, werden sie noch auf den Plantagen aufbereitet, also getrocknet, gerollt und fermentiert. Hierbei wird den Blättern die restliche Feuchtigkeit entzogen.

Fakten zum Tee und Teekonsum

Die Teesorten unterscheiden sich durch den Grad der Fermentierung. Faustregel: Schwarzer Tee wird besonders lange fermentiert, Oolong nur kurz, grüner Tee gar nicht. Das fertige Produkt ist noch heute das Nationalgetränk der Chinesen, wobei sie grünen Tee am liebsten mögen. Kein Taxifahrer verlässt sein Haus ohne Plastikflasche, darin eine Flüssigkeit, die gegen Nachmittag an den trüben Schlamm eines Badesees erinnert. In jedem Büro, an jedem Flughafen, in jedem Zugabteil stehen Spender mit heißem Wasser, mit denen sich Chinesen ihre Teeflasche wieder auffüllen. Die Blätter wechseln sie nur einmal am Tag.

Von der Zeremonie zum schnöden Aufguss

Mittlerweile zu einem alltagstauglichen Getränk geworden, folgte die Zubereitung chinesischen Tees einst strengen Regeln. Doch mit der Kulturrevolution wurden die meisten Teeterrassen verstaatlicht, die Teehäuser verschwanden – und damit auch die komplizierten Zeremonien. Später, zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und der stärkeren Orientierung gen Westen, passten die Traditionen nicht mehr zum schnellen Alltag vieler Chinesen.

Heute gibt es wieder eine stärkere Rückbesinnung. Überall im Land bieten Teefans Kurse an oder gründen Initiativen zum Erhalt der Tradition. Zhou Chonhling hat das Tea Revival Project ins Leben gerufen – eine lose Organisation, bei der sich Teeliebhaber freiwillig engagieren. Zhou denkt, die Rückbesinnung hat mit der Identitätsfindung vieler Chinesen zu tun. Nach Jahren der Verwestlichung, interessieren sie sich jetzt wieder für ihre Wurzeln.

Einer von ihnen ist Tang Jie, der aussieht wie eine chinesische Version von David Bowie. Der 40-Jährige trägt einen samtenen Jogginganzug mit Totenköpfen auf den Ärmeln. Den Nagel seines linken kleinen Fingers hat er wachsen lassen – das Zeichen, körperliche Arbeit nicht mehr nötig zu haben. Drei bis vier Mal die Woche hängt er im Teehaus herum, raucht und redet. Vor einigen Jahren hat er angefangen, mit Tee zu handeln. Seitdem investiert er ausschließlich in Pu-Erh. Wie viel das denn so sei? Er zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ist mir nicht so wichtig. Ein paar Millionen vielleicht“, und wirkt dabei doch etwas gehetzt. Er sollte wohl mal wieder einen beruhigenden Pu-Erh trinken – das würde zugleich auch gegen Blasenbildung auf dem Teemarkt helfen.

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