Red Dot Award Das Erfolgsmodell der Designagenturen

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Gratwanderung zwischen technischen Grenzen und Kreativität

Partner, die nicht nur eine Branche beackern. Die Kunden von Phoenix Design bilden einen Querschnitt durch die deutsche Industrie. Von A wie Audi über F wie Fraunhofer bis Z wie Zeiss reicht die Referenzliste. Trumpf ließ hier seine Werkzeugmaschinen entwerfen. Modelle des Saugroboters Kobold VR200 von Vorwerk in drei Vorstufen hängen in der Werkstatt an der Wand. Holz, Styropor, Glas, Kunststoff – die Modellbauer schleifen, schneiden und kleben so erfolgreich, dass der funktionslose Prototyp eines Mobiltelefons dem späteren Original oft täuschend ähnlich sieht.

Bei Phoenix Design wie auch bei Artefakt ist es nicht zuletzt der langjährige Austausch, die intensive Zusammenarbeit mit den Auftraggebern, die zum Erfolg beiträgt. Auch das Wechselspiel von Vertrautheit und Distanz will gelernt sein. Man darf nicht zu viel wissen, muss sich seine gestalterische Unschuld bewahren: Eine Designagentur, die sich schon im Vorhinein von Einwänden hinsichtlich der technischen Möglichkeiten gängeln lässt, bringt sich womöglich um ihre besten Ideen. Ein Unternehmen wiederum, das bei der Produktentwicklung mit Designwünschen konfrontiert wird, die auch für die findigsten Ingenieure nicht zu realisieren sind, wird die Zusammenarbeit irgendwann beenden.

Fast symbiotisch entwickelt hat sich die Beziehung von Phoenix Design zum schwäbischen Armaturenhersteller Hansgrohe, der 2016 einen Umsatz von einer Milliarde Euro erwirtschaftete. Das Unternehmen setzt neben seiner Marke Axor, für das Stars der Designszene wie Philippe Starck, Patricia Urquiola oder jüngst Edward Barber & Jay Osgerby Namen und Ideen liefern, auf die unter Hansgrohe firmierenden Produkte. Zahllose stammen von Phoenix Design.

Allen modernen Programmen und Möglichkeiten mit Computern und 3-D-Druckern zum Trotz – in Agenturen wie Artefakt zählen Skizzen und handgefertigte Prototypen zu den wesentlichen Werkzeugen auf der Suche nach dem perfekten Design. Quelle: Artefakt

Hansgrohe betreibt an seinem Sitz in Schiltach ein Museum zur Geschichte des Designs; einen hauseigenen Designer beschäftigt das Unternehmen nicht. „Wir sind erfolgreich in der Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Partnern“, sagt Jan Heisterhagen, Vice President Product Management und verantwortlich für die Koordination der Designer. Die Kooperation mit Phoenix Design ist aus der Begegnung zwischen dem damaligen Geschäftsführer Klaus Grohe und Hartmut Esslinger entstanden, dem späteren Gründer der Agentur Frog Design.

1971 entwarf er für Hansgrohe den innovativen Duschkopf Tribel, der mehr als 15 Millionen Mal verkauft wurde und heute im Museum zu sehen ist: verschiedene Wasserstrahlarten dank eines Drehmechanismus. Zwei von Esslingers Mitarbeitern, die Phoenix-Gründer Andreas Haug und Tom Schönherr, setzen die Zusammenarbeit mit Hansgrohe bis heute fort, sie hat im Alltag vieler Menschen Spuren hinterlassen.

Oliver Stenzels Kreativität hingegen bekommen trotz seiner Erfolge nur wenige zu spüren. Nach Jahren bei Heidelberg Druck machte er sich 2014 mit seinem Unternehmen Designfit selbstständig. So gestaltete er für den Bad Oeynhausener Maschinenbauer Heesemann eine Schleifmaschine. Als der Hersteller sie auf der Messe Euroblech vorführte, hieß eine der häufigsten Fragen: „Sieht die immer so aus? Oder ist das nur für die Messe?“

Schöne Investitionsgüter

Stenzels Arbeiten sehen immer so aus. „Design ist nicht nur bei Produkten für Verbraucher wichtig“, sagt Stenzel, „auch bei Investitionsgütern und technisch vergleichbaren Leistungen gewinnt das Produkt, das besser gestaltet ist.“ Seine Auftraggeber kommen aus Branchen, in denen schöne Formen als unwichtig, wenn nicht gar verdächtig gelten. Als seine Hauptaufgabe sieht er es, Marketing, Vertrieb und Konstrukteure zu Höchstleistungen anzustacheln, damit das Produkt zeigen könne, was es kann.

„Das Aufräumen bei der Gestaltung von Dingen erzeugt einen Mehrwert“, sagt Stenzel – und der beginnt für ihn bei den Messeständen, die er von Beginn an in die Projekte mit einbezieht. „Design ist schließlich das Erste, was wir wahrnehmen – und das, was bleibt.“

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