Samy Liechti "Männer sind zu faul zum Socken kaufen"

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"Mir war bewusst, dass sich so gut wie niemand für Socken interessiert"

Warum sind nur die Socken, nicht aber Unterhosen im Abo?
Unterwäsche gibt es auch im Abo. Aber das ist ein bisschen schwieriger, weil die preisliche Einstiegshürde höher liegt. Es gibt auch Abos für weiße Hemden, die Kunden haben. Die Menschen sehen aber den absoluten Betrag, empfinden den als hoch, wenngleich sie sich nicht ausrechnen, dass sie mit sukzessivem Kauf neuer Hemden über mehr als ein Jahr unter Umständen sogar mehr Geld bezahlen. Die Angst der großen Zahl ist hier das Thema.

Das Verhältnis des Mannes zu Socke und Unterhose ist ähnlich. Die Socke ist eher ein Verschleißartikel als Unterwäsche. Bei Unterhosen kaufen die Männer vielleicht ein Zehnerpack, brauchen es auf, wollen dann aber vielleicht mal ein anderes Modell. Schwarze Socken sind aus Sicht des Marketings absolut low involvement.

Warum kaufen Frauen Socken nicht als Abo für sich?
Meine Beobachtung ist das komplett unterschiedlich Kaufverhalten von Frauen und Männern. Frauen wissen, was sie suchen und gehen dann auf die Jagd. Sie suchen, bis sie die richtige Socke erlegt haben. Im Versandhandel heißt das: Sieht eine Frau dort etwas und es weicht dann bei der Lieferung ein wenig davon ab, sendet sie es zurück. Männer sind da bei solchen Produkten weniger fixiert. Sie schauen was kommt und sind schneller zufrieden. Für ein Frauen-Socken-Abo müsste man das Sortiment erheblich verbreitern und die Retourenquote wäre deutlich höher. Frauen lieben mehr Abwechslung.

Da würde sich Knigge im Grabe umdrehen
SchulmeisterereiOberlehrerhaftes Verhalten scheint typisch deutsch zu sein. Wachsender Trend: Deutsche schulmeistern gerne ihre Mitmenschen. „Sie sind ein schlechtes Vorbild für mein Kind, wenn Sie bei Rot über die Ampel gehen“ „Hier ist Ballspielen verboten“ „Hier raucht man nicht“: Schulmeistern hat nichts mit gutem Verhalten zu tun. Die Deutsche Kniggegesellschaft urteilt sogar: „Wir entwickeln uns zu einem Volk von Zurechtweisern. Das muss besser werden.“ Quelle: V.V.V.-Verlag
Sitz mit Aktentasche blockierenNerv-Trend Nummer zwei speziell bei Geschäftsreisenden: ein einziges Ticket kaufen und den Nebenplatz dennoch mit der Aktentasche blockieren. Andere Fahrgäste müssen stehen, das Gepäck hat´s bequem. Sehr effektiv, um von Hamburg bis Frankfurt ungestört zu sein, sozial aber nicht kompatibel, findet die deutsche Kniggegesellschaft. Quelle: dpa
Zu viele Löcher, labberige Hemden, kurze Ärmel mit KrawatteDer Businessmann macht laut der Kniggegesellschaft noch viel falsch. Darum: Perfekte Gürtel haben nur fünf Löcher, das Hemd muss zwei Zentimeter aus dem Ärmel schauen und kurze Arme mit Krawatte sind ein No Go. Damit sich diese Fashion-Fauxpas nicht wiederholen, raten die Benimm-Experten, auch als Mann mal hin und wieder einen Blick in eine Modezeitschrift zu werfen. Quelle: dpa
Lautstark in der Öffentlichkeit telefonierenEbenfalls auf der Kniggeliste steht der Handybrüller, vorzugsweise in Bus und Bahn. Den ganzen Waggon zu beschallen, ist schon ein Klassiker und bleibt dadurch weit oben auf der Liste der Benimm-Fehler der Deutschen. Dass leise und weniger und höflicher ist, ist immer noch nicht bei allen angekommen: Rechtsanwälte etwa posaunen immer noch die Namen und Aktenzeichen ihrer Mandaten durch den Zug (Gab´s da nicht eine Schweigepflicht?), andere lassen Mitreisende lautstark Anteil an Familien- und Beziehungsproblemen nehmen. Übrigens: Man kann auch leise in seinen Laptop hacken. Das muss nicht wie die alte Schreibmaschine MG klingen. Quelle: dpa
Vor dem Abbiegen nicht blinkenBlinken ist uncool, ist schon klar. Das machen nur Spießer. Der Selfmade-Man biegt ohne ab. Davon gibt es immer mehr, geißelt die Kniggegesellschaft. Da weiß man dann gar nicht, was der andere will und schon kracht es. Das ist extrem unsolidarisch. Also: Blink mal wieder! Quelle: dapd
Besteck falsch haltenJeder Zweite kann's nicht richtig, dabei ist es nicht schwer, Messer und Gabel richtig zu halten. Ein Messer ist kein Bleistift, also kein Grund, es wie einen Griffel zu halten. 50 Prozent der von der Knigge-Gesellschaft getesteten Besucher von Biergärten machten Besteckfehler beim Essen. Ein Vorsatz: Dringend Tischsitten updaten. In der Muße liegt der Genuss, dann klappt´s auch mit dem Knigge. Quelle: dpa
Daneben-Benehmen auf BetriebsfeiernAlle Jahre wieder immer dieselben Fehler. Vorsicht mit dem Alkohol, nicht Sexy-Hexy spielen und kein Geknutsche mit dem Chef. Das Betriebsfest ist nach wie vor vermintes Gelände. Hier enden immer wieder Karrieren. Überlebenstipp: Klappe halten, nichts ausplaudern und nicht am nächsten Tag krankfeiern. Quelle: dpa

Was haben Sie in 15 Jahren Sockenverkauf über Männer gelernt?
Es klang in den Antworten oben schon an: Der Mann hat relativ wenig Interesse an Textilien. Er ist relativ, bös gesagt, faul. Wenn man ihm Service anbietet, so auch die Angebote für komplette Outfits, dann ist er auch gerne bereit dafür bezahlt. Ich habe vor 15 Jahren etwas getan, was man nicht tun sollte: Von mir auf andere geschlossen. Und war mir schon bewusst, dass sich so gut wie niemand für Socken interessiert. Ich bin 45, wenn wir eine Generation älter anschauen, die an der Grenze zur Rente stehen, dann ist der Bestellvorgang oft gleich, die rufen bei uns an und wir fragen: Welches Modell? „Den Bestseller.“ Welche Packungseinheit? „Den Bestseller.“ Und welche Größe: „Den Beststeller.“ Die wissen nicht ein mal welche Schuhgröße sie haben. Da ist es vermutlich so gelaufen, dass es erst die Mutter gekauft hat, danach die Frau. Die haben sich nie darum gekümmert. Und das ist ein Stück weit bedenklich.

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