Soziale Netzwerke Die Macht der Kontakte

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Online-Umfrage

Das gilt auch für WirtschaftsWoche-Leser, die in der vergangenen Woche auf wiwo.de an einer Umfrage teilgenommen haben. Dort haben wir gefragt: „Was halten Sie von Xing, Facebook & Co.?“ Resultat: Fast 63 Prozent nutzen die Plattformen beruflich oder privat.

Der kanadische Journalist Matthew Fraser hat im vergangenen Jahr ein Buch darüber geschrieben, wie soziale Online-Netzwerke das Privat- und Arbeitsleben verändern. Sein Fazit: „Das Internet ist deshalb so effektiv, weil man die Menschen nicht erst gut kennen muss, um sich mit ihnen zu verbinden.“

Ein Freund ist hier kein Freund, jedenfalls nicht im ursprünglichen Sinn. Der Begriff „Freundschaft“ verändert sich, in den Online-Netzwerken wird er ohnehin inflationär benutzt. Hier ist der Tischnachbar aus der Schulzeit ebenso ein Freund wie der flüchtige Kontakt auf der Berufsmesse.

Neues Freundschaftsmotiv

Der US-Psychologe Herb Goldberg unterschied einst zwischen Nutzfreundschaften, Zweckfreundschaften und reinen Freundschaften. Erste werden nur geschlossen, wenn die Beteiligten voneinander profitieren, zweite können auch in der Freizeit entstehen, um gemeinsam Sport zu treiben. Die reine Freundschaft wiederum entspringt rein ideellen Motiven.

Vieles spricht dafür, dass dieses Trio um ein viertes Freundschaftsmotiv erweitert werden muss: die Netzwerk-Freundschaft.

Es geht nicht mehr darum, was man kann, sondern wen man kennt; nicht darum, was man weiß – sondern wer von einem weiß. 

Wer früher für das Studium oder den Beruf in eine andere Stadt zog, verlor meist den Kontakt zu seinen Klassenkameraden. Nur mit viel Glück und noch mehr Organisationstalent kamen Abschlussjahrgänge zur zehnjährigen Abifeier zusammen. In der Zeit davor und danach Kontakt halten? Schwierig. Ferngespräche waren teuer, Briefeschreiben mühsam, E-Mails noch nicht erfunden. Das Resultat: Neben ein paar festen Freunden pflegte man nur wenige Bekanntschaften.

Jede fünfte deutsche Führungskraft ist in Online-Netzwerken aktiv

Der britische Anthropologe Robin Dunbar untersuchte bereits Anfang der Neunzigerjahre den Zusammenhang zwischen dem Gehirn von Säugetieren und der Gruppengröße, in denen diese Säuger leben. Für den Menschen ergäbe sich demnach ein Bekanntenkreis von 150 Personen – die Dunbar-Zahl. Mehr kann das menschliche Gehirn nicht verarbeiten.

Bisher galt dies als das maximale soziale Universum eines Individuums. Die Technik hat diese Grenze jedoch längst überwunden. Heute ist es so leicht wie nie, losen Kontakt zu einer schier unbegrenzten Anzahl von Menschen zu halten – und den bei Bedarf aufzufrischen.

Das hat vor allem die sogenannte Generation Y erkannt, also alle nach 1980 Geborenen. Gut 10,6 Stunden ist diese Gruppe täglich in Blogs, Foren oder Netzwerken unterwegs. 62 Prozent von ihnen nutzen Linked-In oder Facebook auch während der Arbeit – bei den Jahrgängen von 1956 bis 1964 sind es nur 14 Prozent, ergab- eine Studie des globalen Datenbankanbieters Lexisnexis.

Und das lohnt sich. Untersuchungen zeigen: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Online-Kontakte und dem Einkommen. So fand etwa die US-Marktforschung Anderson Analytics im November 2008 heraus: Wer ein Jahresgehalt zwischen 200.000 und 350.000 Dollar bezieht, hat bei LinkedIn mit einer sieben Mal höheren Wahrscheinlichkeit über 150 Verbindungen.

Ähnliches gilt für Deutschland. Fast jede fünfte Führungskraft ist in sozialen Netzwerken aktiv und nutzt sie beruflich, ergab eine Forsa-Studie im Januar. Die repräsentative Umfrage belegt zudem, dass die Nutzung von beruflichen Netzwerken bei besser verdienenden Managern weiter verbreitet ist. Führungskräfte mit einem Haushaltseinkommen von über 4000 Euro sind bereits zu 28 Prozent beruflich in Online-Netzwerken aktiv. Bei Berufstätigen mit einem Haushaltseinkommen von unter 2500 Euro sind es bislang nur 14 Prozent.

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