Steueridentifikationsnummer Warum aus der Steuer-ID eine Bürger-ID werden soll

Die Große Koalition beschließt die einheitliche Bürger-Identifikationsnummer. Quelle: imago images

Lange war das Vorhaben umstritten, dann gaben die Parlamente grünes Licht: Die Steuer-ID wird zur allgemeinen Bürger-ID. Künftig wird die Nummer nicht nur in den Finanzämtern eingesetzt. Datenschützer kritisieren das.  

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Die Steuer-Identifikationsnummer wurde erstmalig am 1. Juli 2007 eingeführt. Sie sollte sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Finanzämtern Erleichterungen im elektronischen Besteuerungsverfahren bringen. Nun erhält sie eine neue Widmung.

Während der Coronakrise im Herbst 2020 legte die damalige Bundesregierung einen neuen Gesetzesentwurf vor, der die lebenslang gültige Steuer-ID zur behördenübergreifend einsetzbaren Bürgernummer, die sogenannte Bürger-ID, ausweiten sollte. Zunächst war unklar, wie viel Zustimmung das Vorhaben in den Parlamenten finden würde. Nachdem es im Januar 2021 bereits den Bundestag passiert hatte, folgte im März 2021 auch die Zustimmung des Bundesrates. Am 7. April 2021 ist das Gesetz in Kraft getreten. Was man zur Bürger-ID wissen muss.

Welche Daten werden unter der ID gespeichert?

Die elfstellige Steueridentifikationsnummer wurde bisher zur Feststellung der Identität eines Steuerpflichtigen in einer Datenbank des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) gespeichert. Dazu werden auch die entsprechende Finanzbehörde, sowie Stammdaten über die Bürgerinnen und Bürger hinterlegt. Dazu gehören:

  • Namen
  • Geburtsdatum und -ort
  • Geschlecht
  • Letzte bekannte Anschrift

Damit konnten die Finanzämter dann relevante Daten ihrer Behörde, zum Beispiel die Steuerklassen oder Unternehmensdaten, verknüpfen und Steuerpflichtigen zuordnen.

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Was ist die neue einheitliche Bürgeridentifikationsnummer?

Die bisherige Steueridentifikationsnummer wird künftig auch als Bürger-Identifikationsnummer bezeichnet. Sie soll den Behörden dabei helfen, Zugriff auf bereits vorhandene Personendaten bei anderen Ämtern zu erhalten. An etwa 50 Stellen soll die Bürger-ID gespeichert werden. Darunter das Melderegister, das Waffenregister, das Führerscheinregister, sowie bei der Rentenversicherung und den Krankenkassen. Die Einführung der Bürger-ID ist dabei nur ein Teil vieler Vorhaben zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die unter dem Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) und  Onlinezugangsgesetz (OZG) zusammengefasst werden. Letzteres wurde im Februar 2024 noch einmal umfassend geändert.

Was ist der Zweck der neuen Bürgeridentifikationsnummer?

Infolge seiner Zustimmung gab der Bundesrat bekannt, die Einführung der Bürgeridentifikationsnummer solle dazu beitragen, den Service der öffentlichen Stellen für die Bürger zu verbessern. Zudem sollten Verwaltungsverfahren, bei denen personenbezogene Daten eine Rolle spielen, vereinfacht und beschleunigt werden. Unter anderem soll vermieden werden, dass identische Dokumente bei den zuständigen Behörden mehrfach eingereicht werden müssen. Der einfache Abruf vorhandener Daten verspricht zudem, dass Verfahren künftig weniger fehleranfällig sind – etwa weil Verwechslungen ausgeschlossen werden.

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Kritik an der neuen einheitlichen Identifikationsnummer

Zuständig für die umfassende Anwendung des Gesetzes zur Bürger-ID ist inzwischen die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. Brisant daran ist, dass insbesondere Vertreter der FDP und der Grünen zu den Kritikern des Gesetzesvorhabens der damaligen Großen Koalition gehörten. So mahnte damals unter anderem Konstantin von Notz (Grüne): Es würden „Kosten- und Zeitprobleme biblischen Ausmaßes“ auf Bund und Länder zukommen. Im Bundestag stimmte die Opposition geschlossen gegen das Gesetz. Zuletzt ist es ruhig geworden um den Einsatz und die Fortschritte um die Einführung der Bürger-ID. Auch Datenschützer sahen das Vorhaben kritisch und befürchteten Schritte hin zum gläsernen Bürger, zusätzlicher Überwachung und einer Datensammelwut staatlicher Institutionen.

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Die offiziellen Verlautbarungen der damaligen Bundesregierung hielten dem stets entgegen, dass jede Behörde nur über ein eingeschränktes Nutzungsrecht für die gespeicherten Daten verfügen werde, mit der ID verknüpfte Steuerdaten einer Privatperson beispielsweise nicht von einer anderen, unbefugten Behörde eingesehen werden könnten. Zudem sollte die Abfrage der Daten durch Behörden nur dann erlaubt sein, wenn die betroffene Privatperson ihre Zustimmung erteilt. 

Etwaigen Bedenken wollte die Bundesregierung auch mithilfe eines Daten-Cockpits entgegen wirken. Dadurch sollte jeder Bürger in Deutschland selbst nachverfolgen können, welche Behörden bestimmte Angaben eingefordert haben und welche Daten ausgetauscht werden. Die Umsetzung des Daten-Cockpits lässt jedoch weiter auf sich warten.

Transparenzhinweis: Dieser Text erschien erstmals am 16. Februar 2021 bei der WirtschaftsWoche. Er wird regelmäßig aktualisiert und ergänzt.


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