Was singen wir da eigentlich? Woher kommt das Lied? Die älteste Quelle stammt von 1588, sie verweist auf einen Trierer Kartäusermönch als Autor, der ursprünglich in der ersten Strophe eine Rätselfrage stellt, und zwar die nach dem Rosenzweig, der „aus einer Wurzel zart“ hervorgesprossen ist und ein „Blümlein“ gebracht hat, „wohl zu der halben Nacht“, also um Mitternacht. In der zweiten Strophe wird die Antwort gegeben: Der Zweig ist Maria, die „reine“, und das verheißene Blümlein ist das Kind, das sie „geboren hat“, ein Wunder, wie der Verfasser hinzufügt: „Und blieb doch reine Magd.“ So die alte, katholische Fassung des Lieds, das später seinen Weg nimmt, von den Klöstern des Kartäuserordens in die Rheinprovinzen, nach Köln, Mainz und Speyer – und in die evangelischen Gesangbücher, mit leicht antimarianischer Akzentverschiebung: Statt des Rösleins wird in der zweiten Strophe nur noch das Blümlein, also Christus besungen. So steht es heute noch im evangelischen Gesangbuch.
Gesungene Liebesbriefe an Jesus
Die protestantischen Liederschreiber antworten im 17. Jahrhundert ihrerseits auf die katholische Produktion mit Liedern, die den Weg nach innen weisen: Sie sprechen das religiöse Gemüt an. Der Barockpoet Paul Gerhardt lädt mit seinem Lied „Ich steh an deiner Krippen hier“ die Gläubigen ein, sich in empfindsamer Meditation in das Bild des Menschensohns zu versenken. Er schreibt ein Liebesgedicht, das von der unbefangen-zärtlichen Zwiesprache mit dem Jesuskind handelt.
„Vergönne mir o Jesulein/ dass ich dein Mündlein küsse/ Das Mündlein, das den süßen Wein/ Auch Milch und Honigflüsse/weit übertrifft in seiner Kraft/ Es ist voll Labsal, Stärk und Saft/ Der Mark und Bein erquicket.“ Ein unerhört intimes, erotisch aufgeladenes Weihnachtslied. Eine stille Ekstase. Eine Zumutung.
Das späte 18. Jahrhundert räumt damit auf, es überarbeitet die alten Lieder, pädagogisiert sie im Sinne eines vernünftigen Gottesdienstes – bis das 19. Jahrhundert sie wiederentdeckt. Kurzke spricht von einer „zweiten Welle“ der Kirchenlieder, die „viel katholisches Gut mitschwemmt“, aber getragen wird von der „evangelischen Rezeption“, von der weltweiten, den Handelswegen folgenden Verbreitung des Gesangbuchs, das im 19. Jahrhundert mit dem Biedermeier zum Hausbuch avanciert.
Rückkehr der barocken Lieder
Jetzt werden die alt-barocken Lieder wiederentdeckt. Luther erscheint auf populären Darstellungen als singender Familienvater, der die Seinen um den Weihnachtsbaum schart. Heilig Abend, ein familiär gerahmtes Biedermeier-Bild, mit Geschenken und Gesang. Dieses Muster wurde prägend – bis heute. Nirgendwo findet es einen stimmungsvolleren Ausdruck als in den geistlichen Volksliedern des 19. Jahrhunderts: „Süßer die Glocken nie klingen“, „Leise rieselt der Schnee“ – das sind im strengen Sinne nicht religiöse Lieder, sondern Lieder mit „religiösen Untertönen“. Sie versammeln atmosphärische Schlüsselreize des Weihnachtlichen.
Das gilt erst recht für „Stille Nacht“, den Weihnachts-Welt-Hit schlechthin, ein Gelegenheitslied, das um 1816 im Salzburger Land entstanden ist, gedichtet und komponiert von zwei Kunst-Amateuren: „Wie konnte es kommen“, schreibt Hermann Kurzke im Sammelband „Geistliches Wunderhorn“, „dass sich seit anderthalb Jahrhunderten Menschen von New York bis Tokio von dem ergreifen lassen, was in einer begnadeten Stunde ein salzburgischer Hilfspriester und ein Dorforganist schufen?“
Die römisch-katholische Weltkirche
Mit 488 Millionen Gläubigen leben über 40 Prozent der Katholiken in Mexiko, Mittel- und Südamerika. In Lateinamerika ist keine andere Religionsgemeinschaft nur annähernd so bedeutend wie die katholische Kirche.
Rund 588 Millionen Christen leben in Europa (inklusive Russland). Der katholischen Kirche gehören 278 Millionen Menschen an - das sind knapp ein Viertel der weltweiten Katholiken. Mit reichlich 200 Millionen Gläubigen stellt die orthodoxe Kirche die zweitgrößte christliche Gruppe in Europa. Etwa 69 Millionen Menschen sind protestantische, 26 Millionen anglikanische Christen. Rund 100 Millionen Menschen werden keiner Religion zugeordnet.
Christen bilden mit knapp 500 Millionen Anhängern vor den Muslimen die größte Glaubensgemeinschaft auf dem Kontinent. Die meisten davon - 183 Millionen - gehören der römisch-katholischen Kirche an. Sie stellen über 15 Prozent der Weltgemeinde.
Hinter Muslimen, Hindus, Anhängern von Volks- und ethnischen Religionen sowie Buddhisten stellen die Katholiken mit 140 Millionen Mitgliedern nur einen kleinen Teil unter den asiatischen Gläubigen. Rund jeder neunte Katholik kommt somit aus Asien.
Knapp ein Drittel der 275 Millionen kanadischen und US-amerikanischen Christen sind Katholiken (87 Millionen). Rund neun Millionen Katholiken leben in Ozeanien. Somit leben auf beiden Kontinenten etwa acht Prozent der weltweiten Katholiken.
Er nennt selbst die wichtigsten Zutaten: die Terzen-Seligkeit, den wiegenden Sechs-Achtel-Takt, die schlichte harmonische Folge von Tonika, Dominante und Subdominante. „Stille Nacht“ kommt im Volksliedton daher, ist aber keineswegs naive Dichtung. Der Text spielt mit den Signalen der Sentimentalität, er romantisiert die Stall-Szene, zeigt eine Idylle, in der die Zeit stillzustehen scheint: „Alles schläft, einsam wacht/ Nur das traute hochheilige Paar/ Holder Knabe im lockigten Haar.“ Die Welt bleibt draußen, wie ausgesperrt. Das Lied inszeniert eine Gegenutopie, deren Zauber sich niemand entziehen kann, erst recht nicht die Stadtbürger in Leipzig, wo die Karriere des „Tiroler Volkslieds“ ihren Anfang nimmt.