




Im Jahr 1999 wollten die beiden US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger herausfinden, wie Studenten ihre geistigen Fähigkeiten einschätzten, zum Beispiel im Bereich logisches Denken oder Grammatik.
Deshalb gaben sie ihnen verschiedene Tests – und das Ergebnis war immer gleich: Wer besonders schlecht abgeschnitten hatte, schätzte sich selbst hinterher viel besser ein. Ganz anders war es bei besonders intelligenten Studenten: Sie unterschätzten ihre Leistungen regelmäßig.
So erkennen und schließen Sie Ihre Wissenslücken
Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman war davon überzeugt, dass jeder alles lernen - und es sich behalten - könne, wenn er es nur entsprechend vermittelt werde. Seine Technik zur Vermittlung dieses Wissens hilft, auch komplizierte Sachverhalte binnen kurzer Zeit zu verinnerlichen und auch zu behalten.
Schreiben Sie auf ein weißes Blatt Papier, was Sie lernen wollen. Geht es um eine bestimmte Formel, einen wirtschaftlichen Zusammenhang, die Relativitätstheorie?
Arbeiten Sie eine Erklärung für das zu lernende aus.
Schreiben Sie jetzt unter den Begriff (Relativitätstheorie) ihre Erklärung für das zu Lernende - und zwar so, als müssten Sie es jemandem erklären, der überhaupt keine Ahnung davon hat, worum es geht.
Wenn Sie bei der Erklärung nicht weiter wissen, haben Sie eine Wissenslücke gefunden. Wenn Sie die Relativitätstheorie Ihrem fünfjährigen Neffen nicht erklären können, haben Sie sie nicht verstanden. Also zurück über das Buch und nachlernen.
Jetzt vereinfachen Sie Ihre Sprache. Verwenden Sie keine Fachausdrücke, um etwas zu erklären, sondern nutzen Sie die Sprache, die Sie mit Ihrer Familie auch sprechen würden. Wer sich hinter umständlichen Formulierungen verstecken muss, versteckt seine Unkenntnis.
Dunning und Kruger folgerten daraus, dass inkompetente Menschen einer Art gedanklichen Verzerrung unterliegen: Einerseits überschätzen sie ihr eigenes Können. Gleichzeitig aber sind sie nicht dazu in der Lage, das Ausmaß dieser Inkompetenz zu erkennen. Dieses Phänomen hat inzwischen auch einen Namen: Dunning-Kruger-Effekt.
Gemeinsam mit seinen Kollegen Stav Atir und Emily Rosenzweig hat David Dunning jetzt eine neue Studie veröffentlicht, die sein Ergebnis von damals bestätigt. Mehr noch: Es zeigt, dass das Problem umso schlimmer wird, je höher eine Person ihre eigene Kompetenz einschätzt. Oder anders formuliert: Selbst erklärte Experten halten sich häufig für dermaßen unfehlbar, dass sie sich damit lächerlich machen.
90 Prozent kennen sich gut mit Fantasiewörtern aus
Zu dieser Erkenntnis gelangte Dunning in mehreren Experimenten. In einem davon sollten Hunderte von Freiwilligen zunächst einschätzen, wie gut sie sich mit Finanzen auskannten. Dann konfrontierten sie sie mit mehreren Begriffen, die vermeintlich etwas mit Geld zu tun hatten. Die Probanden sollten auf einer Skala von 1 (nie gehört) bis 7 (kenne ich gut) angeben, wie gut sie die Begriffe kannten.
Der Clou war allerdings: Drei Begriffe waren frei erfunden. Wie die selbst ernannten Experten reagierten? Sie ahnen es wahrscheinlich: Etwa 90 Prozent der Befragten brüsteten sich damit, sich mit den Fantasiewörtern gut auszukennen.
Ähnlich war es in weiteren Versuchen, in denen Dunning die Freiwilligen nach ihrem Wissen in Philosophie, Biologie oder Literatur fragte: Offenbar war es ihnen völlig zuwider, das eigene Unwissen zuzugeben. Mehr noch: Die vermeintliche Kenntnis erfundener Begriffe stand in direktem Zusammenhang zum Eigenbild. Wer sich selbst für fähig hielt, tappte umso häufiger in die Falle.
„Je stärker jemand von seiner eigenen Kompetenz überzeugt ist, desto mehr brüstet er sich mit Wissen, das er unmöglich haben kann”, schreibt Dunning.