Tag des Kusses Andere Länder, andere Küsse

Dreimal auf die Wange, Handkuss – oder lieber gar nicht? Beim Lippenkontakt gilt: Andere Länder, andere Küsse. Eine Übersicht über Bräuche und Kuriositäten weltweit zum Internationalen Tag des Kusses am 6. Juli.

Ein Kuss ist nicht nur ein Kuss, er ist die wahrscheinlich zärtlichste Geste, auf die wir Menschen zurückgreifen können. Wir verschenken ihn auf den Mund, auf die Stirn, die Wange und sogar auf die Hand. Bis zu 110.000 Minuten verbringen wir Menschen im Durchschnitt damit, uns zu küssen. Das macht immerhin ganze 76 Tage. Und dabei gibt es ziemlich unterschiedliche Kuss-Arten. Der Kuss ist in allen Kulturen ein Zeichen von Zuneigung, Liebe und Respekt. Dennoch gibt es beim Lippenkontakt im Ausland viele unterschiedliche Gepflogenheiten und Kuriositäten. Quelle: dpa
USADer Wangenkuss zur Begrüßung ist Amerikanern ein Graus. Allein die Vorstellung, die Lippen von Freunden, Bekannten oder gar Fremden auf der eigenen Haut zu spüren, löst ein entschlossenes Ausweichmanöver aus. „Awkwark“ heißt das Wort für alles, was peinlich berührt. Der Liebeskuss dagegen ist nicht nur das Markenzeichen von Hollywood-Filmen, sondern gang und gäbe: Schon bei der ersten Verabredung ist ein dicker Schmatzer erlaubt. Quelle: dpa
DeutschlandKnutschen in der U-Bahn oder im Kino, das dürfen junge Paare und Verliebte nach Herzenslust, wobei das nicht alle Augenzeugen gerne sehen. Bei Begrüßungsbussis ist Deutschland eher zaghaft. Wangenküsse sind zwar üblich, man ist ja südländisch locker. Aber es gibt kaum Etiketten. Wie oft? Wohin genau? Die Folge: Der Küsser bleibt in der Luft hängen, wenn der Empfänger bereits mit der Begrüßung oder dem Abschied abgeschlossen hat. Ausgestorben ist der „Tantenkuss“. Dem Befehl „Gib' der Tante mal ein Küsschen!“ muss heute wohl kein Kind mehr folgen. Quelle: dpa
BrasilienIm WM-Land sind die Bräuche unterschiedlich. In Rio de Janeiro werden die Damen zur Begrüßung gleich zweimal (linke Wange, rechte Wange) geküsst. In São Paulo dagegen nur einmal. Zur Verabschiedung am Telefon sagt man gerne „Beijo“ oder „Beijinho“ (Küsschen), was der Gesprächspartner dann mit „Dois“ (also: zwei zurück) verdoppelt. Frischverliebte werden auf Parkbänken, am Strand oder vor dem Haus der Angebeteten leidenschaftlich knutschend angetroffen, was Passanten gerne mit dem wohlwollenden Kommentar begleiten: „Lasst noch was übrig für morgen!“ Quelle: dpa
ThailandIn dem Urlaubsland mit seinen Vollmond-Strandpartys und Lady-Boy-Shows geht alles, meinen Besucher oft. Aber die Gesellschaft ist in Wirklichkeit konservativ. Bei der Begrüßung ist Anfassen tabu, erst recht ein Wangenküsschen. Stattdessen verneigen sich Thailänder mit einem „Wai“. Das ist der buddhistische Gruß, mit den Händen vor der Brust, den immer mehr Hollywood-Größen als Geste schätzen. Leidenschaftliches Knutschen vor aller Augen? Das müssen „farangs“ – Ausländer – sein oder junge Leute, die so etwas für westlich cool halten. Quelle: dpa
IndienIm Land des Kamasutra werden öffentlich keine Küsse ausgetauscht. Sogar in der Bollywood-Filmwelt waren sie bis vor wenigen Jahren so ungewöhnlich, dass Schauspieler wegen eines Leinwandkusses wochenlang in den Schlagzeilen blieben. Oft wurden die Liebenden ganz kurz, ehe sich die Lippen berührten, durch einen Schirm verdeckt. Oder die Kamera drehte ab und filmte zwei sich zuneigende Blumen. Wenn sich junge Menschen küssen wollen, fehlt ihnen oft der Platz dazu: Sie leben normalerweise bis zur Heirat bei der Familie. Hotels fordern oft einen Heiratsnachweis. Bleiben nur die Parks für ein Date. Quelle: picture-alliance / KPA Honorar &
NeuseelandDie Maoris (Foto), die Ureinwohner, pressen zur Begrüßung Stirn und Nase zusammen. „Hongi“ heißt der Gruß und ist recht intim: Die Idee ist, den Atem auszutauschen, damit sich die Seelen treffen. Tipp für Unbedarfte: Zähneputzen und Mundwasser, „für sympathischen Atem“. Quelle: REUTERS
MexikoDie Mexikaner lieben es zu küssen. Deshalb haben sie sich 2009 ins Guinness-Buch der Rekorde geknutscht. Den Kuss-Marathon (Foto), der am Valentinstag stattfand, nutzen die Mexikaner auch als Protest gegen den Konservatismus im Land. „Unsere Stadt war immer ein Hort der Freiheit. Hier wird viel geküsst, zu viel vielleicht, deswegen sind wir mehr als 20 Millionen“, sagte einst der Tourismus-Minister von Mexiko-Stadt, Alejandro Rosas. In der Stadt Guanajuato in Zentralmexiko gibt es zudem die „Kuss-Gasse“. Der Legende nach verliebte sich das Mädchen Carmen in den jungen Mann Luis. Carmens Vater war gegen die Beziehung und drohte, Carmen in ein Kloster zu schicken oder in Spanien mit einem reichen Mann zu verheiraten. Luis kaufte ein Haus, das von Carmens Haus nur durch eine schmale Gasse getrennt war. Auf ihren Balkonen traf sich das Paar fortan. Bei einem dieser Treffen kam der Vater in Carmens Zimmer und rammte seiner Tochter einen Dolch in die Brust. Luis küsste Carmen noch die Hand und hielt sie fest, bis seine Geliebte starb. Die Gasse ist heute ein beliebtes Ziel von Touristen. Quelle: dpa
Afghanistan und PakistanIn den streng islamischen Staaten ist öffentliches Küssen völlig ausgeschlossen. Männer umarmen sich häufig gegenseitig zur Begrüßung und Verabschiedung, Männer und Frauen schütteln sich dagegen meist nicht einmal die Hand, von Küssen ganz zu schweigen. Nicht nur Anfassen, auch Anschauen ist oft tabu. Besonders in Afghanistan tragen viele Frauen eine Burka, also einen Vollschleier. Quelle: dpa
RusslandVom ausdauernden Liebeskuss auf der Straße bis zum slawischen oder sozialistischen Bruderkuss, der auch nach dem Tod von DDR-Staatschef Erich Honecker und Kremlchef Leonid Breschnew nicht ausgestorben ist, gibt es die ganze Bandbreite. Unter Freunden beliebt sind zur Begrüßung dreifache Wangenküsse. Viele russische Männer hauchen Frauen auch einen Kuss auf den Handrücken. In besonders ausgelassenen Runden nach Wodkagelagen sind zum Abschied auch Schmatzer auf den Mund üblich. Quelle: dpa
FrankreichBerühmt als Land der Küsse, es hat sogar dem Zungenkuss als „French Kiss“ den Namen gegeben. Zur Begrüßung und zur Verabschiedung gibt es je nach Region oder Stadt zwischen zwei bis vier Wangenküsse. Wie viele es nach den Regeln der Höflichkeit genau in welcher Stadt zu vergeben gilt, ist umstritten. In der Hauptstadt Paris küsst man zweimal, in Montpellier im Süden dreimal und in der Region Turballe im Westen Frankreichs viermal. Quelle: dpa
TürkeiNicht umsonst die Brücke zwischen Orient und Okzident. Vor allem in der Mega-Metropole Istanbul stoßen westliche Gepflogenheiten oft auf muslimische Traditionen. Besonders deutlich zeigt sich das im jährlichen „Marsch des Stolzes“ der Schwulenszene, an dem sich am vergangenen Sonntag wieder Zehntausende Menschen beteiligten - und bei dem mitten im Stadtzentrum fleißig zwischen allen Geschlechtern geküsst wurde. Auch in Touristenzentren an der Küste wird oft ein Auge zugedrückt. In konservativen ländlichen Gegenden des mehrheitlich muslimischen Landes ist das Zurschaustellen von Liebesbeweisen dagegen verpönt. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
RumänienBegrüßungsküsse auf die Wangen sind üblich. Damen und Kirchenmänner bekommen gerne einen Handkuss, sei es aus Respekt, sei es im Fall der Frauen als Zeichen einer beginnenden Anmache, die im Fall einer Ablehnung für den Initiator ohne Gesichtsverlust bleibt, gerade weil der Handkuss mehrdeutig ist. Der an Frauen und Geistliche gerichtete Gruß „Küss die Hand“ wird oft als Synonym für „Danke“ benutzt. Verbreitet ist die Grußformel auch am Telefon oder im Schriftverkehr als „Ich küsse dich“. Es gibt sogar die Abwandlung „Ich küsse Sie“ zwischen wildfremden Frauen, was für Ausländer verwirrend ist. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
TschechienDer 1. Mai gilt als Feiertag der Liebenden. Paare küssen sich dann traditionell unter einem blühenden Kirschbaum. Besonders am Prager Denkmal des Romantik-Dichters Karel Hynek Mácha soll das Gesundheit und Fruchtbarkeit bringen. Der böhmische Komponist Bedrich Smetana setzte dem Schmatzer sogar ein musikalisches Denkmal: Der Zweiakter „Der Kuss“ wurde 1876 uraufgeführt. Quelle: dpa
NiederlandeDer gute alte Händedruck stirbt langsam aus. Der Holländer küsst. Bekannte, Freunde und Verwandte begrüßen sich mit einem Dreier auf die Wange. Ein Gräuel ist für viele allerdings das Bussi-Ritual am ersten Arbeitstag im neuen Jahr. In Frauenzeitschriften und im Internet werden Ratschläge, wie man Büro-Grabschern entgehen kann, fast wie goldene Börsentipps gehandelt. Öffentliches Knutschen finden viele Niederländer eher peinlich, mit Ausnahme der Hauptstadt Amsterdam. Quelle: AP
ÖsterreichIst berühmt für den formvollendeten Handkuss. „Ursprünglich wurde er von den Habsburgern aus Spanien nach Österreich gebracht“, sagt Benimmexperte Thomas Schäfer-Elmayer. „Dort war er Teil des Hofzeremoniells.“ Noch heute ist er gebräuchlich, besonders während der Wiener Ballsaison. Bei der korrekten Ausführung hebt der Herr die Hand der Dame leicht an, beugt sich darüber und berührt den Handrücken vorsichtig mit den Lippen, sagt Schäfer-Elmayer. „Die Berührung sollte trocken sein, nicht so, dass sich die Dame hinterher die Hand abwischen muss.“ Bei „Der Kuss“ denken Österreicher an das Jugendstil-Gemälde von Gustav Klimt – es ist eines der bedeutendsten Werke der Kunstgeschichte. Reproduktionen hängen tausendfach in den Wohnzimmern. Quelle: dpa
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