„Keiner gewinnt allein“, das gilt nicht nur im Fußball. Wenn ein alter Hase den Neuling in die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze der jeweiligen Branche einweiht, ist das von unschätzbarem Vorteil. Auch soziale Aufsteiger berichten häufig, dass es in ihrer Umgebung mindestens eine Person gab, die an ihre Fähigkeiten geglaubt und sie unterstützt hat – einen Lehrer, Ausbilder oder Verwandten, der ihnen den Rücken stärkte.
Die großen Karriere-Irrtümer
Viele ambitionierte Menschen verlassen sich auf logisch erscheinende Theorien, die nur auf Erfahrungen Einzelner basieren. Natürlich gibt es auch nützliches Erfahrungswissen, aber ohne psychologische Reflexion und systematische Aufbereitung bleibt es Einzelwissen.
Beim Mentoren-Prinzip fördern erfolgreiche Top-Manager ihre jüngeren, unerfahrenen Kollegen. Der Mentor will dem Mentee nach bestem Wissen und Gewissen sagen, „wo es lang geht“. Ist der Mentor gut, schrumpft das Wissensgefälle nach kurzer Zeit – und damit auch die Wichtigkeit des Mentors. Dieser wird dann oft wütend und eifersüchtig und ist versucht, die Karriere seines Schützlings zu hemmen.
Es ist eine verbreitete, aber falsche Annahme, dass Chefs offene und konstruktive Kritik benötigen, um besser zu werden. Denn diese wirkt sich oft desaströs auf die Karriere des Kritisierenden aus. Zumindest unbewusst will sich kein Chef Kritik anhören, schon gar nicht in seiner Position.
Es ist die Haltung des Gebens, die zum Erfolg und damit zur Karriere führt. Auch als unerfahrener Mitarbeiter kann man seinem Mentor etwas „geben“. Anstatt eine Beziehung zu seinem Mentor anzustreben, in der man nur selbst profitieren will, macht man seinem Vorbild Komplimente, zeigt seine Bewunderung und bittet um Rat und Hilfe.
Man muss nicht unbedingt mehr im Unternehmen arbeiten, wenn man höherwertige Positionen im Unternehmen erreicht. Top-Manager müssen vor allem die Verbindung zwischen der eigenen beruflichen und privaten Person intensivieren und als Persönlichkeit auf das Unternehmen wirken und dieses repräsentieren.
Karrieren hängen nicht von einzelnen Situationen ab, sondern entwickeln sich über einen langen Zeitraum. Bei Entscheidungen unter Zeitdruck ist es unerlässlich, innezuhalten. Je länger sie pausieren, ohne nachzudenken, umso unwahrscheinlicher ist eine Fehlentscheidung.
Talent ist zu vernachlässigen, wenn alle anderen Dimensionen für eine Karriere – wie das Streben nach höchstem Können und eine stabile Psyche – stimmen.
Die individuelle Karriere folgt keiner Normalverteilung. Für sie gibt es keine berechenbare Wahrscheinlichkeit. Die realen Einflussgrößen sind Widerstände und Krisen, die zu bestehen sind und an denen man wachsen kann.
Wer das System Karriere nicht durchschaut, hält die Erfolge seiner Karriere für Zufall. Es ist jedoch nicht Glück, sondern der autonomer Wille der Ambition – also harte Arbeit unter der Regie seiner Ziele.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Einzug ins Kanzleramt auch der Unterstützung eines Teams prominenter Frauen, darunter Verlegerin Friede Springer und Journalistin Sabine Christiansen, zu verdanken. Die machtbewussten Damen öffneten der Anwärterin die Türen zu wichtigen gesellschaftlichen Veranstaltungen und sollen am optischen Wandel von „Kohls Mädchen“ zur künftigen Kabinettschefin nicht unbeteiligt gewesen sein.
Bei Merkels Vereidigung 2005 saß das Quartett auf der Bundestagstribüne und genoss den Sieg der eigenen Kandidatin. Hinter großen Erfolgen steckt außer Ehrgeiz und Durchhaltewillen häufig auch die Bereitschaft, dazuzulernen und sich professionelle Helfer zu suchen, vom informellen Netzwerk über Medienberater bis zum Stylisten.
Professionelle Unterstützer und Mentoren haben eine wichtige Motivationsfunktion, weil sie im Idealfall ein wertschätzendes „Du schaffst es!“ mit der gemeinsamen Erarbeitung konkreter Handlungspläne und anschließender Erfolgskontrolle verbinden. Eine wirksame Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche, die in der Friede-Freude-Eierkuchenwelt der meisten Motivationsgurus konsequent ausgeblendet bleibt. Das ist kein Wunder, denn dort wird einfacher und grenzenloser Erfolg versprochen. Doch wer sich Helfer sucht, weiß, dass Erfolg nicht einfach passiert. Und er muss vor allem erst einmal die eigenen Grenzen erkannt haben.
Glück – Der unterschätzte Faktor
Die Rolle des Glücks für das Erringen von Ruhm und Ehre schält sich am deutlichsten bei jenen Glücklosen heraus, die alles mitbrachten – Willenskraft, Fokus, Opferbereitschaft und den Mut zum Risiko, sogar wohlmeinende Gönner – und trotzdem zu Lebezeiten weitgehend erfolglos blieben.
Als Vincent van Gogh sich mit 37 Jahren in die Brust schoss, hatte er in nur zehn Jahren 1000 Zeichnungen angefertigt und rund 840 Bilder gemalt – und nur ein einziges davon verkauft. Van Gogh war zeitlebens von seinem jüngeren Bruder Theo, einem Kunsthändler, finanziell abhängig. Auch Kontakte zu anderen Künstlern seiner Zeit wie Paul Gauguin beförderten sein Fortkommen nicht. Heute erzielen seine farbenfrohen Gemälde Rekordpreise.
Umgekehrt hat eine glückliche Fügung manchem Ausnahmeerfolg den Weg geebnet. Aristoteles Onassis verdankte seinen Reichtum wesentlich einem exzellenten Geschäft zu Beginn seiner Karriere, als er einem bankrotten Reeder die Schiffsflotte für einen Spottpreis abkaufte. Thomas Middelhoffs Image zehrte jahrelang vom Coup des Aktiengewinns durch den rechtzeitigen Verkauf der AOL-Aktien während seiner Bertelsmann-Zeit. Bill Gates wurde zur richtigen Zeit in die richtige Familie geboren, die ihn auf eine Schule schickte, die die ersten Computer hatte und ihn tagelang programmieren ließ.
Doch obwohl glückliche Fügungen den individuellen Erfolg begünstigen (und unglückliche ihn hemmen) können, besteht kein Anlass für Fatalismus. Wer nichts tut, kann auch kein Glück haben. Selbst für einen Lottogewinn müssen Sie sich zumindest aufraffen und einen Schein ausfüllen.