Ungewöhnliche Karrieretipps Warum Niederlagen erfolgreich machen

Energie zu Spitzenleistungen entsteht aus Frust und Niederlagen. Davon ist der Autor Rolf Schmiel überzeugt. Warum Work-Life-Balance in die Mittelmäßigkeit führt und zu schnelle Wechsel der Karriere schaden. Ein exklusiver Vorabdruck.

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Foto von Rolf Schmiel Quelle: Presse

Die Wahrheit hinter märchenhaften Erfolgen ist häufig alles andere als märchenhaft. Doch wir alle lieben den Mythos vom hässlichen Entlein, das über Nacht zum schönen Schwan wird, oder vom gehemmten Handyverkäufer, der von jetzt auf gleich als Tenor groß herauskommt und Millionen zu Tränen rührt wie Paul Potts. Dass Potts ein Jahrzehnt in verschiedenen Chören sang und vor seinem großen Erfolg einen ersten Talentpreis von 8000 Pfund komplett in Gesangsunterricht an italienischen Opernschulen investierte, wird dabei gern übersehen.

Cover des Buches

Wer sich unter den Supererfolgreichen genauer umsieht, erkennt schnell: Das Erfolgsrezept gibt es ebenso wenig wie das Rezept zum Goldmachen, nach dem Alchimisten in aller Welt jahrhundertelang suchten. Statt eines todsicheren Rezepts gibt es eine Reihe von Zutaten, die großen Erfolgen den Weg ebnen – oder auch nicht, wenn das nötige Quäntchen Glück fehlt.

Willenskraft – Einsatz, bis der Arzt kommt

Im Februar 2014 porträtierte das „Manager Magazin“ Topmanager und andere Prominente im Unruhestand, zum Beispiel den früheren Fresenius Medical Care-CEO Ben Lipps, der trotz seiner 73 Jahre lieber ein Berliner Start-up mit 18 Mitarbeitern leitet, als in Florida die Sonne zu genießen oder Ex-Spiegel-Chef Stefan Aust, der sich mit 67 auf das Himmelfahrtskommando einließ, „Die Welt“ als Herausgeber aus der Krise zu führen.

Man braucht also gar nicht über den großen Teich zu schauen, wo Warren Buffett auch mit 83 noch Tag für Tag ins Büro geht. Während in Deutschland gerade mal wieder über die Rente mit 63 diskutiert wird, ist für manche Menschen der Ruhestand offenbar ein Schreckgespenst. Hinter vielen außergewöhnlichen Erfolgen steckt schlicht – Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Vor einiger Zeit hatte ich einen jungen Existenzgründer im Coaching, der mit dem Anliegen kam: „Wie kann ich mehr Erfolg haben?“ Auf die Frage, wie sein Tagesablauf aussähe, beschrieb er mir ein eher gemütliches Leben: Frühstück mit der Familie, gegen halb zehn im Büro und nach dem Rechten schauen, ein paar Dinge regeln, spätestens um 17, 18 Uhr wiedernach Hause, Zeit für Hobbys und Familie. Und wo sein Problem sei, wollte ich wissen. „Es läuft eigentlich ganz gut, aber ich hatte mir vorgestellt, dass der Laden abgeht wie eine Rakete.“ Nur braucht eine Rakete mächtig viel Treibstoff, um im Bild zu bleiben. Work-Life-Balance ist der garantierte Weg in die Mittelmäßigkeit.

Umso erstaunlicher ist es, dass durchschnittlich intelligente und gut ausgebildete Mitteleuropäer immer noch Motivationsgurus auf den Leim gehen, die ihnen vorgaukeln, mit der richtigen Programmierung ihres Unterbewusstseins werde sich ihr Erfolg quasi im Schlaf einstellen. Dazu die Gründerin eines Kosmetikimperiums Estée Lauder, die ihre ersten Cremes in der elterlichen Küche zusammenrührte: „Ich habe niemals an Erfolg geglaubt – ich habe dafür gearbeitet.“

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