Ungezwungener Freitag

Wahrer Luxus ist unsichtbar

Lin Freitag
Lin Freitag Stellvertretende Ressortleiterin Erfolg

Wenn Mode richtig teuer ist, liegt das längst nicht mehr am Logo. Edle Marken sind sogar richtig schwer zu erkennen. Über Mode ohne Label und woran Kenner die Marke identifizieren. Eine Kolumne.

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Bottega Veneta women's spring-summer 2016 Kollektion Quelle: AP

Früher, als die Welt noch eine einfache war, erkannte man den Yuppie an der goldenen Rolex-Uhr, den Schnösel an der Hermès-Gürtelschnalle und den reichen Musikproduzenten am Gucci-Turnschuh mit Monogram. Marken stifteten Identität, ordneten den Träger einer bestimmten Gruppe zu und zeigten bis auf den Cent genau, wie viel derjenige bereit war für seine Garderobe zu zahlen – Label sei Dank. Heute ist das anders. Wenn eine Klamotte richtig richtig teuer ist, sieht das nur noch der Kenner. Anhand von Stoff oder Schnitt, Design oder Dekor.

Aber auf keinen Fall anhand des Logos. Für die Hersteller war das lange ein Problem – denn es ist viel anspruchsvoller, Begehrlichkeiten durch einen raffinierten Schnitt als mit einem plakativen Schriftzug zu wecken. Doch dann wechselte ein gewisser Tomas Maier seinen Job und belehrte alle Zweifler eines Besseren.

Das sind die wertvollsten Luxusmarken

Der deutsche Designer arbeitet seit dem Jahr 2001 für die italienische Luxusmarke Bottega Veneta, die vor allem für edle Taschen bekannt ist. Als Maier kam, mussten die Logos gehen. Alle. Seine Vision: ein Produkt, das man allein durch seine Verarbeitung erkennt. Heute ist das Flechtmuster der Tasche zum Erkennungszeichen all derer geworden, die bereit sind, 3000 Euro und mehr zu bezahlen. Zehn Jahre nach Maiers Dienstantritt haben sich die Umsätze bei Bottega Veneta vervierzehnfacht. Das lockte zahlreiche Nachahmer an. Anfang des Jahres verkündete Abercrombie & Fitch, die Logo-Präsenz auf der Kleidung deutlich zu reduzieren.

Und schon 2013 entschied Bernard Arnault, Chef des LVMH-Konzerns, den Fokus künftig auf hochwertige Produkte ohne Label zu legen. Exklusivität solle durch Handwerk vermittelt werden, nicht durch einen Schriftzug. Eine kleine Revolution. Denn die Marke Louis Vuitton ist eng mit dem weltberühmten LV-Monogramm verknüpft.

Doch der Erfolg von Bottega Veneta und anderen Marken wie The Row oder Valextra, die alle weitestgehend auf einen opulenten Schriftzug verzichten, ließ Arnault reagieren. Bei allen gilt: Schlichter geht es kaum, teurer auch nicht. Legt man für den Vuitton-Klassiker mit LV-Logo um die 1300 Euro hin, sind es bei Valextra zwischen 2000 und 4000 Euro.

Seinen Ursprung fand die Bewegung bereits in den Neunzigern, es gilt als das Jahrzehnt des Minimalismus. Designer wie Jil Sander und Martin Margiela huldigten dem Weniger und reduzierten jedes Stück auf das Notwendigste. Höhepunkt der Trends: Das 2000 erschienene Anti-Kapitalismus-Manifest „No logo“ der Autorin Naomi Klein. Kurz darauf, als auch Tomas Maier seinen Job wechselte, war es ungefähr genauso verpönt, ein Logo zu tragen, wie Katzenbabys zu ertränken.

Heute sind es oft Marken aus dem Norden, die den Verzicht predigen. Das schwedische Label Acne etwa entfernte jüngst sogar das Schild an der Rückseite ihrer Jeans. Die handgemachten Brillen vom Berliner Label Mykita gehören mit rund 500 Euro zum teuersten, das man sich auf die Nase setzen kann. Erkennen können das aber nur die wenigsten.

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