Kunden können nur weitererzählen, was sie sich gemerkt haben – so weit, so logisch. Doch Daten, Fakten und Informationen bleiben umso besser haften, je emotionaler ein Erlebnis ist. Und klar ist auch: Wer Zeuge wird, wie ein neues, teures Smartphone im Mixer landet oder nichts ahnende Bürger in die Falle tappen, reagiert zwangsläufig emotional – sei es aus Belustigung ob so viel Einfallsreichtum, Entrüstung aufgrund der Verschwendung oder schlichter Schadenfreude.
Wer sich daran hält, dem ist zwar noch kein viraler Hit sicher. Aber er erhöht dessen Wahrscheinlichkeit. Dadurch steigen die Chancen, dass die Menschen im analogen Leben häufiger über ein Produkt sprechen oder es im digitalen Leben anklicken und weiterleiten – ohne dass Unternehmen teure Werbeplätze buchen müssen.
Manchmal jedoch können sie den viralen Erfolg auch mit viel Geld unterstützen. Im Jahr 2011 buchte der Volkswagen-Konzern einen Werbeplatz beim Meisterschaftsendspiel der amerikanischen Football-Liga. Etwa 800 Millionen Zuschauer weltweit sitzen beim „Super Bowl“ vor den Fernsehern, dementsprechend begehrt und teuer sind die Plätze.
VW zeigte dort einen Werbespot für den neuen Passat. In dem Clip versucht ein kleiner Junge im Darth-Vader-Kostüm zunächst, die Macht der Filmfigur für sich zu nutzen. Vergeblich. Der Toast bewegt sich ebenso wenig wie die Waschmaschine oder sein Hund. Erst als sein Vater im Passat vor dem Haus parkt, scheint die Macht mit dem Jungen zu sein – auf seine Handbewegung springt tatsächlich der Motor an. Was der Kleine nicht sieht: Sein Vater hat ihn per Fernzündung gestartet.
Clever: Der Autokonzern lud den Clip schon eine Woche vor dem „Super Bowl“ bei YouTube hoch – und erzielte bereits vor dem Finale acht Millionen Abrufe. Mittlerweile sind es knapp 60 Millionen.
Verführende Rezeptur
So einleuchtend Bergers Erkenntnisse auch klingen, so verführend seine Rezeptur für Viralkampagnen auch ist – vor allem einen Fehler sollten Unternehmen vermeiden: ihren Markenkern vernachlässigen. Egal, in welchem Format oder Medium – die Kampagne muss dazu passen. Sonst ist es zwar durchaus möglich, im Internet für Lacher zu sorgen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sich diese positiv in der Bilanz niederschlagen.
Ein abschreckendes Beispiel lieferte vor einigen Jahren Evian. Im Juli 2009 startete die Wassermarke den Werbespot „Roller Babies“. Darin sausten computeranimierte Säuglinge auf Rollschuhen umher. Zwar bekam der Spot im Jahr 2009 mehr als 50 Millionen Abrufe. Doch die Verkaufszahlen von Evian sackten in den USA um 25 Prozent. „Babys auf Rollschuhen sind zweifelsohne süß“, sagt Berger, „aber mit Evian haben sie rein gar nichts zu tun.“
Besser macht das die Kosmetikmarke Dove. Schon 2005 startete das Unternehmen die „Initiative für wahre Schönheit“. Damit konnte die Marke viele Frauen emotional abholen, die der Schlankheits- und Jugendwahn nervt. „Dove brachte die Menschen dazu, über Schönheitsideale zu sprechen“, sagt Berger, „doch gleichzeitig schmuggelte sich die Marke heimlich in die Diskussion mit ein.“
So wie in der aktuellen Kampagne. Am Ende des Spots erscheint der Claim „Du bist schöner, als du denkst“. Erst dann taucht der blaue Dove-Schriftzug samt goldener Taube auf. Verdammt clever, verdammt hartnäckig. Genauso wie ein Virus.