Werner knallhart

Die Bürotasse ist das Schnuffeltuch der Arbeitswelt

Bürotassen. Sind sie der stille Ruf nach ein bisschen Anarchie im durchstrukturierten Arbeits-Alltag? Oder schon Ausdruck der inneren Kündigung?

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Tasse mit Aufdruck Quelle: Unsplash

Es gibt Situationen im Leben, da schlagen zwei Herzen in unserer Brust.

Beispiel: Gästebettwäsche. Bei Gästebettwäsche ist es ja so: Auf der einen Seite wollen wir unseren Gästen eine gute Nacht bereiten. Denn wir sind ja gute Gastgeber. Auf der anderen Seite: Mein Gott, die schlafen nur eine Nacht im frisch bezogenen Bett. Was für eine Verschwendung. Nach knapp acht Stunden wird die frische Wäsche wieder abgezogen und kommt in Waschmaschine und Trockner. Und wir wissen alle: Nach vier, fünf Waschungen sieht man das dem Gewebe schon an.

Was tun wir also intuitiv? Wir greifen im Schrank nach der Bettwäschegarnitur ganz hinten. Zu der, die wir selber nicht mehr mögen, weil sie schon so ausgewaschen ist. Die kann ruhig noch einmal gewaschen werden. Die ist gut genug für die Gäste, die ja ohnehin nicht wissen, was für hübsche farbsatte satinzarte neue Garnituren vorne im Schrank liegen.

Diese Wachmacher sind besser als Kaffee
Kaffee bekommt KonkurrenzKaffee ist nach wie vor des Deutschen liebstes Getränk. 2015 lag der Pro-Kopf-Konsum bei erstaunlichen 162 Litern. Koffeinhaltiger Kaffee ist für viele der Wachmacher Nummer 1. Morgens, mittags, abends – zu jeder Tageszeit wird das schwarze Heißgetränk getrunken, um der Müdigkeit den Kampf anzusagen und die Konzentration zu steigern. Das Erfolgsrezept von Kaffee: Das darin enthaltene Koffein beginnt bereits im Magen zu wirken. Der vitalisierende Effekt tritt schon nach kurzer Zeit ein, hält jedoch (je nach Dosierung des Koffeins) nur wenige Stunden an. Aus diesem Grund reicht die eine Tasse Kaffee am Morgen meist nicht aus, um fit durch den gesamten Tag zu kommen. Höchste Zeit, sich nach ein paar guten Alternativen umzuschauen. Quelle: dpa
WasserEin echter „Gehirnbooster“ und natürlicher Wachmacher ist Wasser. „Die meisten von uns trinken viel zu wenig Wasser und würden sich wundern, was alles passiert, wenn sie den Tag mit einem halben Liter Wasser beginnen würden“, sagt Nicole Schütz, Ernährungsberaterin aus Erfurt. Wasser ist nicht nur günstig und frei von Kalorien, sondern auch ein echtes Allheilmittel. Es versorgt die Körperzellen mit ausreichend Feuchtigkeit, steigert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit des Gehirns, dient als Transport- und Lösungsmittel und ist nicht zuletzt auch ein wichtiger Motor verschiedener Stoffwechselprozesse. Übrigens: Ein Glas Wasser vor jeder Mahlzeit sorgt für ein schnelleres Sättigungsgefühl und hilft dadurch auch beim Abnehmen. Quelle: dpa
Grüner und schwarzer TeeWer seine Magenschleimhäute schonen und einen möglichst langen Wach-Effekt genießen will, greift statt zum Kaffee besser zum Tee. Die Blätter von grünem und schwarzem Tee enthalten ebenfalls Koffein. Das sogenannte Teein weist zwar eine geringere Konzentration als das Koffein der Kaffeebohne auf, kann dafür aber durch andere Stärken überzeugen. Da das Koffein in Tee an Gerbstoffe gebunden ist, kann es nicht vollständig vom Körper aufgenommen werden. Teein entfaltet seine Wirkung erst im Darm, weswegen der Wach-Effekt später eintritt und länger anhält. Außerdem sind grüne Tees wie der japanische Matcha weitaus bekömmlicher. Die Ernährungsexpertin Nicole Schütz weiß: „Grüner Tee enthält Polyphenole, sogenannte Antioxidantien. Diese schützen die Zellen und haben eine gesündere Wirkung auf den Körper. Außerdem kurbeln sie den Stoffwechsel an.“ Schwarze und grüne Tees lösen weder Nervosität noch andere Nebenwirkungen aus, die bei zu starkem Kaffeekonsum auftreten. Quelle: dpa
SchokoladeSchokolade ist vor allem dafür bekannt glücklich zu machen. Tatsächlich handelt es sich hierbei jedoch auch um einen koffeinhaltigen Wachmacher. Wer Schokolade konsumieren will, um davon munter zu werden, sollte stets an die folgende Faustregel denken: Je höher der Kakaoanteil, desto größer ist der wach-machende Effekt. Eine Tafel Zartbitterschokolade enthält etwa 90 Milligramm Koffein und kann es damit durchaus mit einer Tasse Kaffee aufnehmen. Die Konzentration des Koffeins in Vollmilchschokolade ist weitaus geringerer, reicht aber aus, um seine aufputschende Wirkung zu entfalten. Vorsicht: Gerade Kinder sind anfällig für diese geringen Koffein-Dosen und sollten daher nie zu viel Schokolade essen. Quelle: Fotolia
Vitamin CEinen besonders schnellen und effektiven Wach-Effekt erzielen scharfe und saure Speisen. Ingwer, Chili, Zitrusfrüchte, Kiwis – sie alle sind nicht nur gesund und reich an Vitamin C, sondern kurbeln auch augenblicklich den Kreislauf und den Stoffwechsel an. Das Resultat: Wir fühlen uns wacher und konzentrierter. Quelle: dpa
Sport, Meditation und WechselduschenDas Gefühl, wach zu sein, kann jedoch nicht nur durch äußere Faktoren wie Lebensmittel hervorgerufen werden. „Für mich gibt es Wachmacher, die ich bereits in mir trage und bewusst einsetzen kann. Auf die Körpersignale zu achten und sie verstehen zu lernen macht sehr viel wacher als diese mit Kaffee zu betäuben", sagt Mitgründerin und Geschäftsführerin von Fielfalt Kira Siefert. Sie empfiehlt daher auch Yoga, eine Affirmation vor dem Spiegel, Meditationen oder auch die Wechsel-Dusche, die den Kreislauf ordentlich in Schwung bringt. Quelle: Fotolia
SonnenlichtGerade im Herbst und Winter neigen viele Menschen zu einem anhaltenden Gefühl der Müdigkeit. Dieses wird durch den Mangel an Sonnenlicht hervorgerufen. Wenn es draußen dunkel wird, schüttet unser Organismus vermehrt das Schlafhormon Melatonin aus. Dieses führt dazu, dass wir müde werden und unser normaler Biorhythmus darauf ausgerichtet ist, nachts zu schlafen. Sonnenlicht hingegen führt zum genauen Gegenteil: Es wirkt vitalisierend auf den Körper und regt den Kreislauf an. Wer auch während der grauen Jahreszeit nicht auf seine tägliche Ration Sonne verzichten möchte, kann übrigens auf spezielle Tageslichtlampen zurückgreifen, die vor allem unter Fotografen schon seit Jahren bekannt und beliebt sind. Diese künstliche Lichtquelle weist das gleiche Farbspektrum wie natürliches Licht aus und sorgt für eine ähnliche Wirkung. Quelle: dpa

Aber als Gäste spüren wir: Diese aufgeribbelte Bettwäsche mit den Knötchen und mit der bis zur Unleserlichkeit verblichenen Wascheinleitung, die zerfetzt seitlich aus dem Kissen hängt, die heißt so viel wie: Sei froh, dass du hier pennen darfst.

Und so ähnlich ist es auch im Büro. Auf der einen Seite ist es ja immerhin der Ort, der darüber entscheidet, ob wir sagen können: Mein Job macht mir Spaß, oder ob wir im Alter von 50 mit blutenden Magengeschwüren in Kur müssen.

Andererseits: Es ist eben gerade NICHT das Zuhause. Und um zu verhindern, dass die Arbeit für uns einen derartig hohen Stellenwert einnimmt, dass sie uns Magengeschwüre, Burnout, Panikattacken oder Depressionen verleiht, kommt es uns darauf an, die Bedeutung von Job, Kollegen und Büro-Arbeitsplatz herunter zu spielen.

Das bedeutet in der Konsequenz: Warum sollten wir es uns bei der Arbeit schön machen? Es ist doch nur ein Job.

Und so starren hunderttausende von Menschen Montag bis Freitag von acht bis 17 Uhr auf hässliche Werbekalender mit getuschten Kräutergarten-Motiven oder mit Fotos von Mähdreschern, statt auf selbstgekaufte schöne Kalender.
Und auf halbkahle Zimmerpflanzen in braunen Aquakultur-Bottichen, statt zusammenzulegen und bei Ikea einen jugendlichen Fikus zu besorgen.

Denn: „Ich bin doch nicht bescheuert und gebe privates Geld für die Einrichtung meines Büros aus!“

Andererseits: Wir sind doch auch bei der Arbeit sensible Wohlfühl-Wesen. Und dieses Einerseits-Andererseits, unsere innere Zerrissenheit, zeigt sich am allerbesten bei den Kaffeetassen.

Denn obwohl es doch nur Job-Tassen sind: Wir klammern uns an sie und gehen mit unserer Kaffeetasse durch den Tag. Die Bürotasse ist das Schnuffeltuch der Arbeitswelt.

Und trotzdem sind diese Bürotassen oft so unfassbar hässlich und kaputt. Warum? Man könnte sagen: Das letzte bisschen Anarchie in einer fast vollends durchgetakteten Arbeitswelt. So greift einer meiner Bekannten laut eigener Aussage im Hochsommer am liebsten zum Glühwein-Krug vom Weihnachtsmarkt 2004. So lachen Schreibtisch-Hengste.

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