Wenn hier überhaupt jemand meckern darf, dann Männer. Jede Reinigungskraft wird bestätigen: Die schmuddeligeren Toiletten sind in der Regel die von den Frauen. Aber uns Männern bleiben ja die Urinale. Und Betriebe, Behörden, Restaurants sparen Platz und Geld. Und wer Unisex-Toiletten absurd findet, der sei daran erinnert: Zuhause gilt seit jeher Unisex. Von Zügen, Flugzeugen und Fernbussen mal abgesehen.
Drittens tanken die Toilettenfrauen und -männer Selbstvertrauen. Dank des Mindestlohns. Nur wir Gäste brauchen Aufklärung: Beim Personal, das vor Toiletten etwa in Kaufhäusern das Schälchen mit dem Kleingeld bewacht und zwischendurch die Toiletten reinigt, gab es bislang Unklarheit. Waren sie nun Reinigungskräfte, die mit dem tarifvertraglichen Mindestlohn zu bezahlen waren?
Mitunter war die Rechtsprechung der Auffassung: Wer weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit putzte und überwiegend am Schälchen auf Spenden wartete, gehöre nicht dazu. In einzelnen Fällen wurde das Personal von den Reinigungsunternehmen aufgeteilt - in die Gruppe der Putzkräfte und die zur Bewachung des Tellers. Letztere wurden dann gerne mal mit Löhnen unter Mindestlohn abgespeist.
Jetzt gilt für alle zumindest der gesetzliche Mindestlohn. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereeinigerhandwerks spricht ihnen allesamt sogar den tariflichen Mindestlohn zu, der im Westen bei 9 Euro 55 liegt (Ost: 8 Euro 50).
Damit dürfen auch wir Gäste aufatmen. Die Angestellten sind nicht von unseren Spenden abhängig. Sie sind nicht Bettler, sie sind Reinigungskräfte. So wie Supermarktkassierer auch nicht auf Spenden warten. Spenden Sie an der Eisdielentheke?
Der Mindestlohn stärkt die Position des Toilettenpersonals als Handwerkerinnen und Handwerker. Heute wie gestern bekommen sie übrigens in der Regel das gesammelte Kleingeld nicht direkt ausbezahlt. Und schon gar nicht komplett.
Je nach Sammelplatz wären sie sonst regelrechte Großverdiener, denn mitunter kommen an einigen Anlagen täglich Hunderte von Euro zusammen. Tatsächlich fließt das Geld oft in die Kassen der Reinigungsfirmen, die davon die Löhne bezahlen.
Eigentlich müssten wir Gäste den freiwilligen Obolus verweigern. Aus Respekt. Denn dann würden die Reinungsunternehmen Druck auf die Auftraggeber (Warenhäuser, Kinos, Restaurants, Diskos, Parteitage) machen, ihrerseits einen höheren Beitrag zu zahlen, ohne den von den Kunden einzufordern.
Und die wenig inspirierende Geldsammelei vor Kunden, die mit halb trocken geföhnten Händen in ihren Taschen beschämt nach Münzen suchen, hätte ein Ende. Es wäre Zeit für mehr Handwerk frei. Wie wäre es etwa im Winter mit Garderoben in Warenhäusern? Da kommt das Trinkgeld ganz nebenbei rein. Nur so eine Idee.
Was kommt als Nächstes? Materialforscher haben dieser Tage ihre neueste Errungenschaft vorgestellt. Einen Stoff, der Wasser regelrecht abstößt. Abperlen tut es ja schon von Teflon. Aber dazu muss man die Pfanne kippen. Beim neuen Material springt das Wasser von der ebenen Oberfläche regelrecht ab wie von der heißen Herdplatte.
Geplanter Einsatzort: der Sanitärbereich. Und damit wird plötzlich alles wunderbar einfach und ekelfrei. Im Stehen pinkeln, Unisex und danach reinigen: ein gemeinsamer herrlicher Traum von Hygiene. Wir leben in einer Übergangszeit. Unsere Enkel werden über unsere Probleme nur milde lächeln: Pipikram!