Werner knallhart

Mit langen Haaren zum Friseur, mit Hepatitis wieder raus

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Keime tummeln sich in Wartezimmern

Deshalb habe ich mir nun einen neuen Friseur-Salon ausgesucht. Die Dame, die ich zu meiner Stamm-Friseurin erkoren habe (sie weiß es nur noch nicht), zeichnet sich dadurch aus, dass sie das gebrauchte Rasiermesser „auf Wunsch“ gegen ein nagelneues austauscht. „Das können Sie sich gerne schon mal merken“, sagte ich laut und deutlich, „ich wünsche mir das immer.“ Und wie wir noch darüber witzelten, dass ich ja so ein Angsthase sei, sie das aber gerne respektiere, weil ich ja nun einmal der Kunde sei, schnitt sie mir - und es ist wirklich wahr - mit dem nagelneuen Messer in den Hals. Ich zuckte zusammen: „AUA!“

Nun zuckte auch sie zusammen und kreischte: „Ja, wenn Sie so laut Aua brüllen, dann erschrecke ich mich natürlich und schneide Sie.“

„Moment: Erst kam der Schnitt, dann mein Schrei, dann Ihr Zucken.“ Wir lachten erleichtert über die hygienisch saubere Klinge. Dann sagte sie: „Tja, die neuen Klingen sind halt scharf. Da schneide ich Sie leichter.“ Und dann fasste sie mir mit dem nackten Finger auf den Schnitt: „Ich guck mal gerade: Nee, blutet aber fast nicht.“

Solche Sauereien kenne ich sonst nur von Arztpraxen. Dass man sich dort im Wartezimmer mit Menschen aufhalten muss, die von ansteckenden Krankheiten nur so strotzen, ist ja schon ein Witz, aber kaum anders machbar. Ich betrete Arztpraxen nur noch mit meinem eigenen kleinen Fläschchen Desinfektionsmittel. Meine Antwort auf ein Gesundheitssystem, das uns wegen mangelnder Hygiene den gefährlichen Krankenhauskeim eingebrockt hat.

Vor einigen Monaten war ich zur Blutabnahme beim Hausarzt. Die Gehilfin bat mich in ein Behandlungszimmer, desinfizierte sich ihre Hände mit diesem blauen Sterillium, tippte irgendwelche Daten per Computer in meine Krankenakte, dann band sie mir meinen Oberarm ab und desinfizierte die Haut in meiner Armbeuge. Dann drückte sie kurz mit dem Zeigefinger auf die Ader  und stach mit der Kanüle zu. Noch während das Blut in den Kolben sprudelte, fragte ich: „Warum haben Sie eigentlich gerade kurz vor dem Stich noch einmal mit dem Finger die Einstichstelle berührt?“

„Och, nur so zur Kontrolle.“

„Was haben Sie denn da kontrolliert? Ob die dicke blaue Ader vor Ihnen auch wirklich keine Einbildung ist?“

„Ach, nur so.“

„Warum desinfizieren Sie erst die Armbeuge und fassen dann dran? Sollte es nicht umgekehrt sein?“

Das Mädchen lächelte: „Ich habe mir doch vorher die Hände desinfiziert.“

Ich lächelte nicht: „Sie haben aber danach die Computertastatur berührt. Und Keyboards gelten als DIE Verteilstationen für Krankheitserreger überhaupt. Vor allem in einer Praxis voller kranker Menschen. Sie müssen sich nach dem Tippen erneut die Hände desinfizieren, wenn Sie planen, völlig sinnlos vor dem Einstich die desinfizierte Hautpartie anzutatschen.“

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